Bevor ich jedoch mit der Bilderschau bzw. dem Spiel "Finde den Kaiser!" beginne, ist es vielleicht angeraten einige geschichtliche
Grundkenntnisse zum freiwilligen Feuerlöschwesen generell und dem Senftenberger im Besonderen aufzufrischen.
Das Feuerlöschwesen hat sich in Deutschland nur langsam entwickelt.
Wohl galten in den Städten des Mittelalters teilweise schon Feuerlöschordnungen, und die Einwohnerschaft war zur Mitwirkung bei Brandlöschungen
verpflichtet, aber was vermochten die Menschen der damaligen Zeit der Gewalt dieser Naturkraft entgegenzustellen? Sie hatten weder wirksame
Spritzen, noch Schläuche, oft kein Wasser an der Brandstelle, und mußten sich infolgedessen meist darauf beschränken, bei auskommenden Bränden das
weitere Umsichgreifen des Feuers zu verhindern, während die vom Brand heimgesuchten Gebäude größtenteils den Flammen zum Opfer fielen. Bei der
engen Bauweise in den damaligen Städten war daher die Gefahr für einzelne Stadtteile und ganze Städte riesengroß, und nicht selten sind denn
auch ganze Stadtteile und ganze Städte durch Feuersbrünste in Trümmer gelegt worden.
So brannte z.B. Senftenberg im 17. Jahrhundert allein viermal, zweimal infolge von Kriegszügen und zweimal durch Unvorsichtigkeit (1633, 1641, 1644
und 1670); der letzte Brand legte die ganze Stadt völlig in Asche, bis auf die Deutsche Kirche, die allein erhalten blieb.
Obwohl wie schon erwähnt, vielfach Feuerlöschordnungen bestanden und die Einwohnerschaft zur Hilfeleistung verpflichtet war, so fehlte es doch
gänzlich an gegliederten und ausgebildeten Mannschaften, die bei der Brandbekämpfung systematisch hätten eingesetzt werden können. Wie sehr im
argen gerade diese Seite des Feuerlöschwesens früher lag, zeigt die Tatsache, daß die Stadtverwaltungen vielfach mit Strafandrohungen bei
Weigerung, Hilfe zu leisten, arbeiten mußten, um überhaupt Menschen für die Brandbekämpfung in Bewegung zu setzen. Da es an Ausbildung und
Organisation fehlte, herrschte oft an der Brandstelle eine unbeschreibliche Unordnung und ein wüstes Durcheinander.
Für Senftenberg galt eine, allerdings nicht von der Stadt beschlossene Feuerordnung. Diese gedruckte Feuerordnung wurde von August dem Starken,
damals Kurfürst von Sachsen und König von Polen am 7. Februar 1719 erlassen. Sie galt nicht nur für Senftenberg, sondern für alle Städte und
Dörfer in den Landen des sächsischen Kurfürsten.
Die erste von der Stadt Senftenberg erlassene Feuerlöschordnung dagegen stammt erst vom 20. August 1844. Selbige kann aber ihren Ursprung in der
alten Feuerordnung von 1719 nicht verleugnen. Während die alte sächsische Ordnung relativ allgemein gehalten war, geht die Senftenberger stark ins
Detail. So war zum Beispiel das Tabakrauchen "nur in der Schloß- und Kreuzgasse und auf dem Markplatz erlaubt solange nicht ein entgegenstehendes
Verbot erlassen ist". Wer durch Unvorsichtigkeit zur Entstehung eines Brandes beitrug, wurde je nachdem, mit 1 bis 5 Reichstalern in Strafe genommen,
den Hauswirten war eine ständige Kontrollpflicht über die Feuerstellen und Herde in ihren Häusern auferlegt, und die Schornsteinfeger hafteten für
eine gewissenhafte Reinigung.
Es wurde genau festgelegt, wieviel Brennstoff und von welcher Art (Holz, Reisig, Holzkohlen, Torf, Steinkohlen) die einzelnen Haushaltungen im Sommer
und im Winter einlagern durften. Speck und Fett sollten nicht mehr als 10 Pfund in der Wohnung, ausgenommen in der Räucherkammer, aufbewahrt werden.
Spiritus und Branntwein ebenfalls nur in bestimmten Mengen, sonst außerhalb der Stadt.
Die Alarmierung der Einwohnerschaft erfolgte durch die beiden Nachtwächter. Brach in der Stadt ein Feuer aus, so mußte der erste Nachtwächter dreimal
in das Horn stoßen und viermal, wenn es in Buchwalde, Jüttendorf oder Thamm brannte, der zweite Nachtwächter hatte sich unverzüglich auf den
Glockenturm der Kirche zu begeben und "mit der großen Glocke in kurzen Abständen jedesmal drei Schläge" (für die Stadt) zu geben und für die Vororte
vier Schläge.
Selbstverständlich war es die Pflicht eines jeden Mannes, den Ausbruch eines Feuers sofort kundzumachen. Wer aber den Versuch unternehmen sollte, das
Feuer selbst zu löschen "und mit den Seinigen in der Stille zu dämpfen unternimmt, wird, wenn es wirklich ohne weiteren Schaden gelöscht werde, dennoch
mit 5 bis 20 Talern Strafe belegt".
Mit dieser Feuerlöschordnung von 1844, die bereits Anweisungen bzgl. der Organisation von Löscharbeiten sowie der Art und Weise der Rekrutierung von
Freiwilligen enthält, war eine Grundlage für eine gewisse Ordnung des Feuerlöschwesens in der Stadt geschaffen worden. Freilich fehlte noch eine straffe
Organisation und vor allem eine geregelte Ausbildung der zur Feuerlöschhilfe eingeteilten Einwohner der Stadt.
Daran änderte sich auch bis zum Jahre 1878 nichts Wesentliches.
Den Anstoß zu einer weiteren Entwicklung des Feuerlöschwesens in der Provinz gab zum Einen die Gründung Freiwilliger Turner-Feuerwehren in einer Reihe
von Städten des Regierungsbezirks, zum Anderen ein Rundschreiben der Regierung zu Frankfurt a.O. aus dem Jahre 1869, in welchem beklagt wurde, dass sich
die bisherige Einrichtung und Durchführung des Feuerlöschwesens oft als praktisch unzulänglich erwiesen habe. Das Augenmerk der Stadtverwaltung müsse
insbesondere darauf gerichtet sein, sich die Einrichtung von Feuerwehren angelegen sein zu lassen, deren ganzes Institut eine Art militärisch aufgezogener
Organisation, welche die Disziplin sichert, erhalten möge.
Die Anregungen und Forderungen der Regierung führten in Senftenberg schliesslich zur Gründung der Freiwilligen Turner-Feuerwehr. Nach deren Gründung
wurden die vorhandenen Löschgeräte der Stadt der neugegründeten Wehr anvertraut, die nunmehr den Löschdienst übernahm.
Die erste Freiwillige Turner-Feuerwehr Senftenbergs (1878)
Wieso eigentlich Freiwillige Turner-Feuerwehr?
Ganz einfach! Die ersten Feuerwehren rekrutierten sich aus den Mitgliedern von Turn-Vereinen. Wo auch sonst, ausser vielleicht beim Militär konnte man zur
damaligen Zeit junge, halbwegs trainierte Männer finden, die eine gewisse Disziplin gewöhnt waren? Auch Senftenberg bildete da keine Ausnahme. Hier ging die
freiwillige Feuerwehr im Jahre 1878 aus dem alten Turnverein des Jahres 1862 hervor. Dazu wurde die Satzung von 1872 außer Kraft gesetzt und an ihre Stelle
trat das Statut vom 9. April 1878. Danach blieb das Turnen zunächst auch weiterhin Bestandteil der Vereinsarbeiten. Der Zweck des Vereins bestand nunmehr darin,
Schadenfeuer zu bekämpfen und die Mitglieder in körperlicher und geistiger Tüchtigkeit zu erziehen, an Sitte und Ordnung zu gewöhnen und den Gemeinsinn zu
wecken.
Um dem Verein die notwendigen Finanzen zur Durchführung seiner Aufgaben zu sichern, war jedes Mitglied gehalten, einen monatlichen Beitrag von 30 Pfennigen zu leisten.
Bei den ursprünglich 70 Mitgliedern kann man sich vorstellen, dass so nur völlig unzureichende Mittel für die Ausstattung der Wehr zur Verfügung standen.
Dazu kam dass die freiwiliigen Feuerwehren im 19. Jahrhundert vielfach von Seiten der Einwohnerschaft mit Gleichgültigkeit, Mißtrauen, Abneigung, ja sogar
Feindseligkeit begegnet wurde. Wie weit diese zum Teil feindselige Haltung ging, mag man daraus ersehen, daß die Senftenberger Wehr, wenn sie nach außerhalb
ausrückte, um bei der Löschung eines Brandes zu helfen, sich zur Vorsicht öfters einen Gendarm mitnahm, um sich gegen Belästigungen und Angriffe der Bevölkerung
zu schützen! Selbst die Senftenberger Obrigkeit machte keine Ausnahme, musste die Wehr für den ihr zur Verfügung gestellten Übungsplatz Pacht bezahlen obwohl doch
ihr Dienst dem Gemeinwohl galt!
Was man damals allgemein von den Leistungen der freiwilligen Feuerwehrmänner hielt, verdeutlich vielleicht folgendes scherzhafte(?) Gedicht aus dem Senftenberger Anzeiger
des Jahres 1904.
O Feuerwehr! o Feuerwehr!
Die du freiwillig giebst dich her,
Dein Name klingt ja hoch und hehr!
So nützlich auch des Feuers Macht,
Viel Not hat es uns schon gebracht.
Du Feuerwehr, versprachst beim Worte,
Zu helfen, wenn Gefahr im Orte.
Nun traf des Nächsten Hof und Gut
Des Feuers böse Macht und Wut!
Die Feuerwehr? - O frage nicht!
Der muß zur Ernte, der zur Schicht!
Ob Not auch drängte fürchterlich,
Dachte mancher erst an's eig'ne "Ich".
O Feuerwehr, o Feuerwehr,
Brauchst du noch solche Brüder mehr?
Doch nach und nach und mit jedem erfolgreichen, Schlimmmeres verhindernden Einsatz erkämpfte sich die Freiwillige Feuerwehr die Achtung der Einwohnerschaft.
Die finanzielle Lage blieb jedoch prekär. Zwar konnten Einnahmen aus Entschädigungen der Versicherungsgesellschaften oder Anerkennung von Seiten der Braunkohlewerke generiert
werden. Da diese jedoch gewissermaßen Zufallseinnahmen darstellten, musste man andere Geldquellen auftun oder sich im Verzicht üben. So suchte man Zuflucht in
der Veranstaltung von Festlichkeiten und Bällen, deren Überschüsse dann einen willkommenen Zuschuß für die Kasse darstellten. Selbst die Ausgabe von "Aktien"
im Nennwert vom je 5 Mark von denen man mit Müh und Not 140 an den Mann bringen konnte, musste herhalten um die Männer endlich einheitlich und standesgemäß
einkleiden zu können. Das obige Bild zeigt die Mitglieder der Wehr noch in ihren Turnerblusen.
Irgendwann bequemte sich aber auch die Senftenberger Stadtverwaltung und beteiligte sich finanziell an der Beschaffung von Ausrüstung und zahlte eine jährliche Pauschale
von zunächst 150 Mark, die später erhöht wurde.
Damit möchte ich meinen Ausflug in die frühe Geschichte der Senftenberger Feuerwehr beenden. Er ist doch etwas länger geworden als ursprünglich beabsichtigt
aber vielleicht konnte der Leser noch das Eine oder Andere lernen.
Bevor es nun aber wirklich mit den "regulären" Fotografien und Postkarten losgeht, darf ich nicht versäumen, die Sache, die ich weiter oben "Finde den Kaiser!" genannt habe,
zu erklären: Auf der Mehrzahl der folgenden Fotografien findet man immer wieder ein und dieselbe Person, natürlich in unterschiedlichen Jahren und Situationen.
Und zwar diese hier...
Das war schon alles!
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