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Älteres

Es wird mal wieder Zeit ein wenig an die bergbauliche Vergangenheit unserer Heimat zu erinnern.
Das Motiv ist nicht neu. In schwarz/weiss stellte ich es vor geraumer Zeit bereits vor. Die <= 1918 könnte man wahrscheinlich auf <= 1912 drehen, wenn man die 1912 innerhalb der Verlegerangaben von der bildabgewandten Seite als Jahreszahl interpretiert.

Senftenberg

Senftenberg
Verlag Br. Pulczynski,
Galanterie- und Spielwaren.
Ges. gesch. 1912
Aufnahme <= 1918
Sammlung Detlef Krumm
Nachdem ich in der vergangenen Woche verstärkt musikalisch unterwegs war, steht die aktuelle Woche unter dem Stichwort "Schule". Zwei Dinge sind nämlich so gut wie sicher: Wenn Postkarten aus Hörlitz (Dorf) - dann Mehrbildkarten und wenn Mehrbildkarten, dann ist mit sehr großer Wahrscheinlichkeit eine Abbildung der Schule dabei...

Wappen von Hörlitz (1936)

Die Gemeinde Hörlitz ist eine der ältesten des Kreises. Sie besteht aus dem eigentlichen Dorf und dem Ortsteil Hörlitz-Flur und ist, ihrer Lage entsprechend, mit der Stadt Senftenberg eng verbunden. Nach den bisherigen Forschungen kann Hörlitz auf eine viele Jahrhunderte alte Vergangenheit zurückblicken. Leider wird der Ortsteil Hörlitz-Dorf, der noch vor 50 Jahren weit über den Kreis Calau durch den herrlichen Skyroteich und den alljährlichen Fischfang bekannt und ein von Ausflüglern gern besuchtes Ziel war, in einigen Jahren dem Bergbau weichen müssen. Die Bauern betrieben auch Weinbau; die Erinnerung an die Weinlese sind noch heute bei alten Einwohnern wach. Die Gemarkung Hörlitz hat einen Flächeninhalt von 1142 Hektar, der Ort zählte vor etwa 50 Jahren nur rund 400 Einwohner mit 32 Bauernstellen; zu den Bauernhöfen gehörten große Ländereien. Der Boden war sehr ertragreich. Als aber gegen Ende des vorigen Jahrhunderts der Braunkohlenbergbau einzog, war die Zeit der Weinbergbauern vorbei.

Senftenberg
Papyruswerk Kötzschenbroda.
Nachdruck verboten 1915
14834
Aufnahme <=1915
Sammlung Matthias Gleisner
Senftenberg
Günther Heydecke, Senftenberg, L.
Bahnhofstr. 36
3472
Aufnahme <= 1938
Sammlung Matthias Gleisner
Ihre Berge mußten zuerst der neuen Zeit weichen. Mit der Auskohlung begannen die Hörlitzer Werke; es folgten die Niederlausitzer Kohlenwerke und die Ilse Bergbau AG. und die Senftenberger Kohlenwerke. Heute sind es die Niederlausitzer Kohlenwerke und die Ilse Bergbau AG., die den Abbau noch in vollem Umfange betreiben. in einigen Jahren werden die letzten bäuerlichen Grundstücke des Dorfes verschwunden sein. dann wird eine große Sandwüste von dem lieben alten Dorf übrigbleiben; wir hoffen, daß nach dem Abbau der Kohle aus den Gemarkungen ein neues Dorf Hörlitz erwachsen möge. Freilich wird dieser Wunsch, der alle Hörlitzer beseelt, nur in Erfüllung gehen, wenn die Oedländereien mit Mutterboden bedeckt und der landwirtschaftlichen Nutzung zurückgeführt werden.
Heute wohnen in dem Dorf 574, in dem Ortsteil Flur 1295 Einwohner. In der Hörlitzer Flur sind genügend Baugrundstücke; möge daher bei dem bevorstehenden Abbruch des alten Dorfes und der Umsiedlung der Dorfeinwohner, - einer Aufgabe des Bergbaues, - an das Wohl der Gemeinde gedacht werden.

In den letzten Jahren sind die Straßen des Ortsteiles Flur befestigt und in einen guten Zustand versetzt worden; der künftigen Besiedelung der Hörlitzer Flur sind also gute Voraussetzungen geschaffen. Mit dem Abbruch des Dorfes wird auch die Schule fallen und ein Haus, in dem während seines Feldzuges in den Lausitzen, Friedrich der Große Quartier nahm.

Senftenberg
Aufnahme <= 1927
Sammlung Matthias Gleisner
Senftenberg
Aufnahme <= 1913
Sammlung Fred Förster
Wenn man auf der obigen Fotopostkarte keinen Hund vor Lehmanns Schmiede sehen kann, könnte es an folgendem liegen...

Senftenberger Anzeiger (1912)
Der Bergbau hat die Landwirtschaft verdrängt; Hörlitz wurde Industriegemeinde. Die Probleme der Gemeinde verursachten seit Jahren Wohnungsnot, deren bekämpfung der Gemeinde Sorgen bereitete; vieles konnte mit Erfolg getan werden, - wenn auch der Bergbau immer wieder neue Probleme hervorrief. Die Gemeinde hat zur Bekämpfung der Wohnungsnot beigetragen, indem sie 36 Wohnungen in den letzten Jahren errichtete. Ein neuer Rathausbau wird demnächst fertiggestellt. In den letzten Jahren wurde ein Sportplatz angelegt, eine Motorspritze für die freiwillige Feuerwehr erworben und der Bau eines neuzeitlichen Kleinkaliberschießstandes aus eigenen Mitteln durchgeführt. Die gesamten Liegenschaften der früheren Separationsgemeinde mit 78 633 Quadratmeter sind in den Besitz der politischen Gemeinde übergegangen. Einem Wunsche der Bevölkerung konnte dadurch gefolgt werden, daß die katholische und die evangelische Kirchengemeinde im Gemeindebezirk Kirchen errichteten. Unsere Gemeinde strebt vorwärts; sie hofft, bald eine Haltestation der Zschipkau-Finsterwalder-Eisenbahn zu werden. Alles das wird das Wohl und die Entwicklung der Gemeinde fördern. Am 11. Februar 1936 wurde der Gemeinde ein Wappen verliehen, das die Symbole Hörlitzer Vergangenheit und Gegenwart - Weintraube und Briketts - enthält.

Eine Ortschronik wird jetzt errichtet; sie soll die Erinnerungen an das alte Hörlitz sammeln und erhalten.

Senftenberger Anzeiger (1937)
Soweit der von mir in Gänze wiedergegebene Beitrag aus dem Buch Der Kreis Calau - Ein Heimatbuch des Kreises für das Jahr 1937. Dieses Werk ist übrigens neben den beiden Ilse-Chroniken das bild- und textlich am meisten "gefledderte" Buch im Bezug auf heimatgeschichtliche Publikationen unserer Gegend. Viele werden es deshalb in der einen oder anderen Weise kennen. Weniger bekannt ist, dass es auch in den Jahren 1938, 1939 und 1940 Heimatbücher gab. War das 1937er Buch noch ein 250 Seiten starker und gebundener Hochglanzband, wurden die nachfolgenden Jahrgänge immer dünner und weniger luxuriös. Das 1940er Buch ist im Vergleich letztlich nur noch ein Paperback-Heftchen. Während die späteren Ausgaben quasi vollständig vom Markt verschwunden sind, kann man die 1937er Ausgabe heute noch im antiquarischen Buchhandel erwerben. Bislang scheute ich jedoch die finanzielle Ausgabe. Für das preiswerteste Exemplar, muss man derzeit stolze 130 Euro hinlegen. Bei Erscheinen des Buches kostete es vergleichsweise lächerliche 6 Reichsmark...
Doch zurück zum eigentlichen Thema. Der Verfasser obigen Beitrags wies darin auf den drohenden Abbruch des Dorfes inklusive des Schulgebäudes hin. So kam es letztlich dann auch. Als Ersatz für das alte Schulgebäude, welches weiter oben mehrfach zu sehen ist, wurde im Ortsteil Hörlitz-Flur ein neues Schulhaus errichtet. Der Senftenberger Anzeiger berichtete bzgl. seiner Einweihung ausführlich. Ich gebe im folgenden den Text nur auszugsweise wieder und illustriere ihn mit zwei Fotografien, die in der zeitlichen Drehe bzw. exakt am Tag der Einweihungszeremonie gemacht wurden.

Der Schuljugend neues Heim

Mit dem Beginn der Sommerferien hat die alte Schule in Hörlitz-Dorf ihre Pforten für immer geschlossen. Im Jahre 1910/11 durch die Firma A.Schneider, Senftenberg erbaut, fällt sie nun auch, wie das ganze Dorf Hörlitz, der Industrie zum Opfer, und mit dem Wiederbeginn des Unterrichts wird nun die neue Schule in Hörlitz-Flur bezogen.
Es ist bereits die fünfte Schule im Dorfe, nachdem außer der ältesten die beiden anderen Gebäude wegen zunehmender Kinderzahl einem neuen Gebäude Platz machen mußten. Nach längeren Verhandlungen mit der Ilse-Bergbau-AG., der Regierung, dem Hochbauamt Luckau und Vertretern der Senftenberger und Niederlausitzer Kohlenwerke wurde, nachdem der zuerst in Aussicht genommene Platz im oberen Teil der Schipkauer Straße vom Bergbau nicht freigegeben, endlich durch Austausch, der jetzige Platz der Gemeinde zur Verfügung gestellt, sodaß im vorigen Jahr am 23. Mai der erste Spatenstich, am 9. Juli der Grundstein gelegt und am 14. Oktober das Richtefest gefeiert werden konnte.
Wenn nun das Gebäude etwas später als sonst üblich, fertiggestellt wurde, so hat das seine Grund in der Verzögerung der Belieferung mit Baumaterialien und infolge Mangels an Arbeitskräften.
Senftenberg
Aufnahme = 1939
Sammlung Harald Gleisner
Am heutigen Tage um die Mittagsstunde war der große Augenblick gekommen, an dem das neue Schulgebäude seine Weihe erhielt. Stattlich und festgefügt steht das neue Haus, wie unsere Abbildung zeigt, da. Es ist im wesentlichen das Ergebnis heimischer Handwerksarbeit und heimischen Handwerksfleißes.
...
Das neue Schulgebäude wirkt in der geschlossenen Linienführung seines Aeußeren straff und doch belebt in einem. Der Haupteingang, dessen Tür die Prüfungsarbeit eines jungen Meisters ist, bietet sich als repräsentatives Merkmal des Ganzen dar. Die innere Austattung entspricht allen neuzeitlichen Erfordernissen.
...
Das neue Schulgebäude, weit sichtbar durch den freundlichen, hellen Anstrich, dem roten Ziegeldach und einer elektrischen Uhr, liegt an der Kreuzstraße, mit dem Schulhof dem Friedhof gegenüber. Bequeme breite Treppen, mit einem Eisengeländer versehen, führen nach oben. Zur Sicherheit der Kinder ist das Gebäude mit einem Blitzableiter versehen, wurde doch das alte Gebäude im August vorigen Jahres bei einem Unwetter von einem Blitz getroffen, glücklicherweise ohne zu zünden.
In zwei Stockwerken sind acht helle Klassenräume, davon zwei für Lichtspiele, Musik und Versammlungen, eingerichtet mit modernen Sitzgelegenheiten.

Die Feier, auf dem mit den Fahnen der Bewegung geschmückten Vorplatz stand im Zeichen der jungen Generation, der Jugend, der das Haus gewidmet ist. Sie eröffnete die Feier mit dem Liede: "Deutschland, heiliges Land" unter Leitung von Rektor Winzer. Vorher fand der gemeinsame Ausmarsch der Kinder und Gäste, unter ihnen Landrat Haaß, Kreisgeschäftsführer Symanski, Kreisschulrat Liebig, Kreisbaumeister Verfuß vom Gemeindeamt zum neuen Schulgebäude statt.
Zur Einleitung spielte die Bergkapelle den "Chor der Friedensboten" aus Richard Wagners "Rienzi". Dann sprach Bauunternehmer Sykulla. Er wünschte dem neuerstandenen Gebäude Glück und Segen, zum Wohle der deutschen Jugend und damit zugleich des nationalsozialistischen Deutschlands. Aus seiner Hand übernahm dann, über Regierungsbaumeister Neunendorf, Rektor Winzer den Schlüssel des Schulgebäudes, der ihn an einen Schüler weiter gab, von dem er dann, nach dem Gedicht "Oeffne dich, du verschlossenes Tor" abgenommen und die Schultür geöffnet wurde.

Senftenberg
Aufnahme = 08.1939
Sammlung Ursula Roszak
Senftenberg
AK_Nie 007_1
von <= 1909 auf <= 1908