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Alle drei heute vorgestellten (Strassen-) Ansichten sind bereits in jeweils einer anderen Version bekannt. Und es ist nicht ausgeschlossen,
bzw. hundertprozentig sicher, dass ich zukünftig weitere Varianten davon vorstellen kann. Im Falle der linken Abbildung haben wir es mit einem
Motiv zu tun, welches in der colorierten Fassung bereits von Anfang an Bestandteil des digitalen Archivs ist. Die heutige Variante ist eine
sogenannte Mondschein-Fassung. Zweifellos lag eine Tagaufnahme zugrunde, die durch Einfärben in einer der typischen Mondschein-Farben (türkis,
hellgrün, blassgrau), sowie durch Hinzufügen eines Mondes in diese spezielle Form der Gestaltung gebracht wurde. Im Übrigen kann man auf der
Abbildung die katholische Notkirche in ihrer ersten Ausprägung erkennen (rechts im Bild). In diesem Zusammenhang möchte ich verraten, dass ich
damit begonnen habe, einige Ansichtskartenmotive ein zweites Mal aufzubereiten. Das resultiert daraus, dass ich entweder besseres Ausgangsmaterial
vorliegen habe oder meine Technik stark verbessert habe. Letzteres war der Grund dafür, dass ich mir die erste (colorierte) Variante erneut zur
Brust genommen habe. Ähnliches wird peu-a-peu auch mit anderen meiner frühen Werke passieren. Immer dann wenn es sich anbietet oder ich gerade
Lust und Laune habe.
18446 Photographie u. Verlag von Herm. Meyer, Senftenberg N.L. Aufnahme <= 1900 Sammlung Fred Förster
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Verlag von G.R. Ziethe, Senftenberg Aufnahme <= 1900 Sammlung Fred Förster
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Verlag : Ed. Stachel, Colonialhandlung. Aufnahme <= 1912 Sammlung Christian Petsch
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Was die mittlere Ansichtskarte betrifft, ist
anzunehmen, dass wir es in der heutigen Inkarnation
mit der grössten Darstellung dieses Motivs zu
tun haben, die wir je zu Gesicht bekommen. Das Motiv
fand nach meinem Wissensstand nur bis maximal 1905
Verwendung. Erst in jenem Jahr war es (zunächst testweise)
erlaubt, die bildabgewandte Seite der Postkarte über
die reine Adresse hinaus, zu beschriften. Aus diesem
Grund liess man bei den Produktionen vor 1905 gerne
einen mehr oder weniger grossen Raum für den individuellen
Nachrichtentext frei.
Die Ansicht aus der Schlossstrasse (rechts) kennen
wir bereits in der farbigen Form, die mir persönlich
besser gefällt, auch wenn man sich in jenem Fall
bei der Nachcolorierung auf den Himmel beschränkte.
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Senftenberger Anzeiger (1900)
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Senftenberger Anzeiger (1912)
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Das Thema (Städte-)Notgeld streifte ich vor einigen Monaten hier schon einmal, als ich Ersatzwährung, welche die Stadt Senftenberg
im Jahre 1920 herausgab, vorstellte.
Dass Senftenberg auch schon zuvor, um genau zu sein: 1917, Notgeld in Umlauf brachte, wusste ich schon zum damaligen Zeitpunkt. Mittlerweile ist es mir gelungen, jeweils
ein Exemplar der beiden Nennwerte in relativ gutem Zustand zu erwerben und kann diese hier und heute präsentieren:
Der Senftenberger Anzeiger berichtet am 4. April 1917:
In der am 2. d.M. abends stattgehabten Stadtverordneten-Sitzung wurden folgende Beratungs-Gegenstände erledigt: ... 6) Der Herstellung von Stadtscheinen zu 50 und 10 Pfg.
im Gesamtbetrage von 15000 Mk. zur Behebung des Kleingeldmangels wurde zugestimmt und soll falls später noch das Bedürfnis vorliegt, der Betrag auf 25000 Mk. erhöht werden. ...
Gut zwei Wochen später meldete dieselbe Zeitung:
Senftenberg, 18.April. Das Kriegs-Notgeld für die hiesige Stadt und Umgegend ist nun eingetroffen und seit gestern nachmittags verausgabt. Es sind nur Geldscheine zu
50 Pfg. und 10 Pfg. hergestellt und in Umlauf gesetzt und ist es nicht zu verstehen, wenn hiesige Einwohner die Scheine zurückweisen, wie es heute auf dem Wochenmarkt, wahrscheinlich
aus Unkenntnis, geschehen ist. Vielmehr sollte das Aushilfsmittel beim Geldwechseln dankbar benutzt werden.
Offenbar trauten die Marktbesucher den bunten Scheinchen nicht und hielten diese für wertlose Fälschungen. Ohnehin war das Vertrauen der deutschen Bevölkerung in Papiergeld
nicht das beste. Wie kam es aber zu der wundersamen Verknappung von Hartgeld und der Einführung von Ersatzzahlungsmitteln mit Nennwerten im Pfennigbereich? Der Senftenberger Anzeiger
versuchte sich im Juni 1917 diesbezüglich in Aufklärungsarbeit und schob dabei der unwissenden und egoistischen Bevölkerung den schwarzen Peter zu. Die wahre Ursache konnte man nur
zwischen den Zeilen lesen.
Sammlung Matthias Gleisner
- Der Mangel an Silbergeld und Kupfer- und Nickelmünzen macht sich immer stärker
fühlbar. Es ist kaum noch möglich, ein Silberstück im täglichen Verkehr zu erhalten,
obwohl für fast 1 Milliarde 300 Millionen Mk. Silbermünzen und Kleingeld ausgeprägt
sind.- Auf den Kopf der Bevölkerung kommen also etwa 20 Mk. Eine sechsköpfige
Familie müßte dementsprechend 120 Mk. an Silber- und Kleingeld verfügen. Statt
dessen ist dieses so gut wie verschwunden. Es ist sogar soweit gekommen, daß die
Post Hartgeld nicht mehr herausgeben kann und an Auszahlung zu Freimarken ihre
Zuflucht nehmen muß. Die Bahn gibt zuweilen Fahrkarten nur gegen abgezähltes Fahrgeld
ab, da sie in ihren Kassen kein Kleingeld zum Wechseln besitzt. Dadurch entstehen
manche Aerger und unangenehme Verzögerungen in der Abwickelung der Betriebe.
Aehnlich ist es im geschäftlichen Verkehr. - Dieser Zustand ist für unser Wirtschaftsleben
nachteilig. Es benötigt, da öffentliche Kassen und Banken im eigenen Interesse
das bei ihnen zusammenströmede Hartgeld gleich wieder in Verkehr bringen, daß in
manchen Volkskreisen immer noch der Glaube herrscht, es sei wertvoller als Papiergeld.
Vor allem scheint Silbergeld diesen Glauben zu erwecken. Seit der Durchführung der
Goldwährung in allen Kulturstaaten kann Silber nicht mehr unter allen Umständen
auf den vollen Nennwert Anspruch machen, ebenso wenig wie das Papiergeld. Wegen des
starken Niederganges des Silberpreises hat die Silbermark in der Weltwirtschaft
nur noch einen Silberwert von 40 Pfennigen. Wer also so kurzsichtig, Silbergeld
aufzuspeichern, um im Falle eines unglücklichen Ausganges des Krieges (den manche
immer noch für möglich halten) ein gesichertes Kapital zur Verfügung zu haben,
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Sammlung Matthias Gleisner
wird dann eine starke Enttäuschung erleben. Der Staat, der den Nennwert seines
Papiergeldes nicht mehr schützen kann, kann auch den des Silbergeldes nicht
mehr garantieren. Das sollen sich die Silber-Hamster nur klar machen. Die
Vermögenseinbuße, die sie zu vermeiden trachten, würde in diesem Fall doch
eintreten. Man kann dem Staat nicht verdenken, wenn er, wie ernstlich angedroht,
das SIlbergeld außer Kurs setzt, um auf diese Weise das Metall wieder zur
Verfügung zu bekommen. Wer selbst dann noch seine Taler in Schubladen und
Strümpfen zurückhält, erleidet mit Recht den Schaden. Für den Spott seiner
klügeren Nachbarn, die zur rechten Zeit ihr Hartgeld wieder in Verkehr gebracht
haben, braucht er nicht zu sorgen. Der einzige Erfolg der Hartgeld-Hamsterei ist
dann neue Arbeit durch Ausprägung von einer Milliarde an Münzen für den Staat,
der im Kriege Aufgeben genug zu lösen hat. Jeder, der von Bekannten weiß, daß
sie Silbergeld aufgespeichert haben, sollte sie über die unliebsamen Folgen
aufklären. Jeder, der es im Besitz hat, sollte sich vor Schaden hüten und es
gegen Papiergeld umtauschen, um seiner vaterländischen Pflicht zu genügen.
Auch die Sparbüchsen unserer Kinder enthalten viele Millionen an Hartgeld.
Heraus damit! Es ist Pflicht aller Eltern es gegen Papiergeld einzuwechseln
und dem Verkehr wieder zuzuführen. So viele Kriegsaufgaben sind durch die
Mitarbeit des ganzen Volkes gelöst worden. Auch diese wird und muß sich lösen
lassen.
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Der Mangel an Münzen während des Ersten Weltkriegs hatte mehrere Ursachen, die alle im Gefolge des Krieges und der mit ihm einhergehenden Inflation zu suchen sind:
Das Kaiserreich besaß eine Goldwährung. Etwa ein Drittel des Geldumlaufes war durch Gold gedeckt, der Rest durch andere Sicherheitsmechanismen. Als im Zuge der Juli-Krise 1914
ein Krieg immer wahrscheinlicher wurde, zog die deutsche Bevölkerung in den letzten Juliwochen Goldmünzen im Wert von 100 Millionen Mark von den Reichsbankkassen ab. Am 31. Juli 1914
stellte die Reichsbank die Einlösung von Banknoten und Scheidemünzen in Gold ein. Um die staatlichen Goldvorräte zu erhalten, wurde die Goldwährung mit dem Ermächtigungsgesetz
vom 4. August 1914 faktisch aufgehoben: Privatbanknoten, Reichskassenscheine und Scheidemünzen wurden von nun an bei allen öffentlichen Kassen nicht mehr gegen Gold eingetauscht.
Schon die Mobilisierung bei Kriegsbeginn hatte den Zahlungsmittelbedarf sprunghaft gesteigert. Die von der Obersten Heeresleitung in den ersten sechs Mobilmachungstagen benötigten
750 Millionen Mark führten zu einer Knappheit beim Kleingeld bis zum 5-Mark-Stück, obwohl alle Münzstätten auf Hochtouren arbeiteten. Um den Zahlungsverkehr aufrecht zu erhalten,
gaben Städte, Gemeinden und Firmen mit staatlicher Duldung im August und September 1914 eigenes Notgeld zu 50 Pfennig, 1, 2, 3 und 5 Mark aus. Als die kriegswichtigen Rohstoffe
Kupfer und Nickel knapp wurden, stellte das Reich 1915/16 die Kupfer-/Nickelprägungen bis zum 10-Pfennig-Stück ein und gab stattdessen Münzen aus Eisen, Zink und Aluminium heraus.
Doch die produzierten Münzmengen deckten den Bedarf nicht, zumal die Bevölkerung das alte, nicht außer Kurs gesetzte Kupfergeld hortete. Daneben horteten etliche Stadtverwaltungen
und Behörden Kleingeld in Millionenhöhe, um ihren eigenen Zahlungsverpflichtungen nachkommen zu können. Aufgrund des akuten Mangels an Kleingeld emittierten mehr als 2.000 kommunale
und private Ausgabestellen 1915/16 wieder Notmünzen und Kleingeldersatzscheine. Für Kriegsgefangene wurde spezielles Lagergeld eingeführt.
Waren unmittelbar nach Kriegsbeginn Gold- und Silbermünzen in Umlauf geblieben, so wurden ab 1916 zunächst die Silbermünzen aus dem Verkehr gezogen, um zur Erzeugung kriegswichtiger
Rohstoffe eingeschmolzen oder zur Bezahlung von Importen genutzt zu werden. Ähnlich verhielt es sich mit den Goldmünzen, die von der Bevölkerung im Rahmen der Sammelaktion "Gold gab
ich für Eisen" an den Staat abgegeben wurden. Zum Ausgleich für die aus dem Umlauf gezogenen Gold- und Silbermünzen wurde im letzten Kriegsjahr Papiernotgeld ausgegeben.
(Quelle: Deutsches Historisches Museum)
Die beiden Notgeldscheine sind übrigens im Original nicht sehr gross: 6,5 x 4,3 cm um genau zu sein. Die darauf gedruckte Unterschrift ist die von Emil Kieback, dem Senftenberger
Bürgermeister zu jener Zeit. Er trat das Amt Mitte 1913 an, nachdem er zuvor 2.Bürgermeister in Köslin (Pommern, heute Polen) war. Am 7. November 1917 starb er an Darmkrebs. Danach war
die Bürgermeisterstelle für ein halbes Jahr nur vertretungshalber besetzt, bevor im Juli 1918 der Nachfolger Albert Seedorf die Geschicke der Stadt übernahm. Dessen Unterschrift ziert
übrigens die Senftenberger Notgeldscheine von 1920.
Übrigens erinnert mich oben angedeutete Hartgeld-Hamsterei an die Zeit der deutsch-deutschen Währungsunion: Zwischen 1.Juli 1990 und 30.Juni 1991 besaßen "DDR-Alu-Chips" bis zu einem
Nennwert von 50 Pfennig weiterhin Gültigkeit und zwar im Verhältnis 1:1 zur D-Mark. Damit konnte man also die Obergrenze von 4000 DDR-Mark, die im Verhältnis 1:1 getauscht wurden,
ganz legal etwas ausdehnen. Vorausgesetzt man hatte zuvor genügend Kleingeld gehortet.
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