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Älteres


Wir bleiben für den Rest der Woche noch auf dem Senftenberger Marktplatz. Zwei Neuzugänge sind zu verzeichnen, wobei es sich eigentlich um ein und dasselbe Motiv handelt. Selbst der Herausgeber ist derselbe. Offenbar haben wir es bei einer der beiden Varianten (ich tippe auf die rechte) mit einer "Serie B" zu tun. Da weitere Exemplare sowohl in der einen oder der anderen Serien-Aufmachung nachweisbar sind, gehe ich davon aus, daß ich über kurz oder lang wahrscheinlich von allen Motiven zwei Varianten vorstellen kann.

Senftenberg
Verlag Kaufhaus Waldschmidt,
Cottbus-Senftenberg
Eigene Aufnahme
Aufnahme <= 1935
Sammlung Matthias Gleisner
Senftenberg
Aufnahme und Verlag
Kaufhaus Waldschmidt, Senftenberg
Aufnahme <= 1935
Sammlung Erika Fischer

Persönlich gefällt mir die linke Version besser. Sie enthält mehr Bildinformationen und fällt insgesamt kontrastärmer und damit ansprechender aus. Der direkte Vergleich zeigt auf eindrucksvolle Weise, daß man bezüglich der Echtheit des Himmels wohl bei allen historischen Ansichtskartenmotiven Zweifel anmelden kann.
Nachdem wir zu Wochenbeginn in den 1920ern waren, sind wir mittlerweile in den 1930ern angelangt. Genauer gesagt: zwischen 1932 und 1935.
Im Januar des Jahres 1935 startete man seitens der Stadt einen Vorstoß in Richtung Fremdenverkehr. Dabei setzte man nicht mehr nur auf den Klassiker Ansichtskarte, die ja traditionell seit ihrer "Erfindung" als Botschafter eines Ortes oder einer Region durch alle Welt reiste. Nein, man zündete mit der Herausgabe eines kleinen gedruckten Prospektes die nächste Stufe der Vermarktung unserer Region. Da, mindestens zu damaliger Zeit, die Köder wie eine schöne Landschaft, frische Luft und wahlweise historisches oder modernes Flair irgendwie so überhaupt nicht auf Senftenberg passten, wich man notgedrungen auf die industriellen "Highlights" aus. Ein Umstand, auf den man im zeitgleich erschienenen Artikel im Senftenberger Anzeiger lobend hinwies. Glücklicherweise ist mindestens eins dieser Prospekte erhalten geblieben und so kann ich der geneigten Leserschaft nachfolgend eine (restaurierte) Fassung des Ganzen anbieten, damit diese ein eigenes Urteil fällen kann...

Senftenberg und das Niederlausitzer Braunkohlengebiet

Herausgegeben vom Wirtschafts- und Verkehrs-Verein Senftenberg NL

Heute wird der schon seit langem entbehrte und für die Hebung des Verkehrs in unserer Stadt so dringend notwendige Verkehrsprospekt über Senftenberg und das Niederlausitzer Braunkohlengebiet der Oeffentlichkeit übergeben. Durch die dauernd von auswärts hier eingehenden Anfragen faßte im Jahre 1932 die Stadtverwaltung den Entschluß, auch für Senftenberg einen Verkehrsprospekt herauszugeben.
Dieser Entschluß kam jedoch seinerzeit nicht zur Ausführung. Da die Anfragen nach einem Verkehrsprospekt von Jahr zu Jahr stiegen (im letzten Jahr etwa 1000), beschloß der Wirtschafts- und Verkehrsverein die Herausgabe eines solchen. Nachdem dann die finanziellen Schwierigkeiten überwunden waren, ist nunmehr der Verkehrsprospekt erschienen. Der Wirtschafts- und Verkehrsverein hat sich bei der Ausarbeitung des Prospektes in Bezug auf Format, Faltung usw. an die vom Landesverkehrsverband Berlin-Brandenburg heausgegebenen Richtlinien gehalten. Ferner wurde grundsätzlich die Aufnahme von Inseraten usw. vermieden, denn der Prospekt soll eine Werbung für unsere Heimatstadt sein, so daß die hierdurch erzielten Erfolge allen zugute kommen.
Die moderne Werbung muß eine vornehme sein, und dieser Grundsatz der amtlichen Vekehrsämter ist auch in dem erschienenen Prospekt gewahrt worden. Um gleich falsche Vorstellungen zu zerstreuen, ist nicht versucht worden, Senftenberg sogenannte Naturschönheiten anzudichten, sondern wahrheitsgemäß ist Senftenberg in seiner Wirtschaft und seiner Umgebung geschildert worden. Selbstverständlich kann auf dem knappen Raume, der zur Verfügung steht, nur das allernotwendigste gebracht werden. Es gilt, dem auswärtigen Besucher Senftenbergs zu zeigen, daß, wenn auch nicht sogenannte Naturschönheiten zu finden sind, doch eine Menge Wissenswertes und Interessantes beachtet werden muß.

Das Titelbild zeigt den Marktplatz Senftenbergs mit Bild auf die Deutsche Kirche, erleuchtet durch eine Grubenlampe, diese gehalten von der schwieligen Faust eines Arbeiters. Dies soll symbolisch zum Ausdruck bringen, daß die Stadt Senftenberg mit dem Wohl und Wehe der Bergarbeiter verknüpft ist. Der dunkle Untergrund ist am unteren Teil des Blattes noch einmal aufgehellt und zeigt die Hauptindustrie der Gegend Senftenbergs, den Bergbau, deutet also den nationalsozialistischen Gedanken an, daß Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Staate eng miteinander verbunden sind.
Der Verkehrsprospekt bringt dann noch Bilder eines Braunkohlentagebaues mit Förderbrücke und Abraumbagger, aus dem Tierpark und aus dem Stadtpark. Ferner eine Luftaufnahme des Lautawerks und zwei Bilder, welche die Bahnhofstraße im Weihnachtslicht zeigen.
Der Verkehrsprospekt wird nicht nur an die auswärtigen Reisebüros usw. versandt, sondern es ergeht auch die Aufforderung an alle Senftenberger Vereine und Organisationen, sich bei eventuellen überörtlichen Tagungen und Veranstaltungen in Senftenberg zur Werbung für diese Veranstaltungen sich der Verkehrsprospekte, die unentgeltlich vom Wirtschafts- und Verkehrsverein Senftenberg ausgegeben werden, zu bedienen.
Wenn wir dem Prospekt das Geleit in die Oeffentlichkeit geben, so hoffen und erwarten wir, daß der Nutzen nicht ausbleibt, den die gesamte Wirtschaft von ihm erwartet. Andererseits setzt der Wirtschafts- und Verkehrsverein Senftenberg auch voraus, daß die noch nicht dem Verein angehörenden Gewerbetreibenden ihren Beitritt erklären. Dies ist bei den wirklich gerungen Beiträgen jedem möglich; denn nur durch Zusammenarbeiten aller ist es möglich, das gemeinsame Ziel, die Hebung des Fremdenverkehrs und dadurch die Hebung des Umsatzes bei allen Geschäftsleuten und Gewerbetreibenden, zu erreichen.


Für gewöhnlich läuft es ja so: ich habe ein Ansichtskartenmotiv und versuche krampfhaft passendes (zeitlich, geografisch) und leidlich interessantes Textmaterial zu finden, um die ganze Präsentation aufzuwerten. Zuweilen gelingt es mir sogar weiteres Bildmaterial einzuflechten. Heute jedoch stellt es sich genau andersum dar. In der Illustrierten Reichsbanner-Zeitung, 5.Jahrgang, Nr. 29 vom 21.Juli 1928 fand ich zufällig ein Foto des Senftenberger Marktplatzes.
Die zugehörige Bildunterschrift weist die Richtung, worum es sich dabei handelt. Nun ist es nicht gänzlich ausgeschlossen, daß zukünftig eine echte Fotografie dieses Ereignisses auftaucht. Wetten würde ich diesbezüglich jedoch keine abschliessen.

Aus diesem Grund soll die obligatorische Ansichtskarte heute nur die zweite Geige spielen. Abgebildet ist darauf ebenfalls der Senftenberger Marktplatz, wenn auch aus einer anderen Perspektive und weitaus weniger belebt. Zeitlich könnte das Motiv jedoch ganz gut zum 1. Kreistreffen des Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold passen, von dem die Zeitungs-Illustration oben zeugt. Die Lokalpresse in Form des Senftenberger Anzeigers lieferte bedeutend mehr Informationen als das Zentralorgan des Reichsbanners...

- Senftenberg, 2.Juli. - (Der Sonntag der Feste.) Der gestrige Sonntag in unsrer Stadt war, wenn man die Zahl der Veranstaltungen und das prächtige Sommerwetter in Betracht zieht, ein ausgesprochener Festsonntag. Kein Regenschauer, nicht einmal eine düstere Wolkenwand trübte den Verlauf der Feste, so daß die Vorsitzenden und Festausschüsse der Sorge, was geschähe, wenn der Himmel seine Schleusen öffnet, enthoben waren, und alle Aufmerksamkeit der schönen Ausstattung widmen konnten. Den Reigen der Veranstaltungen eröffnete das Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold mit einem Kommers am Sonnabend im Gesellschaftshause. In der Mittagsstunde versammelten sich die aus den Kreisen Cottbus und Calau, ebenso Luckau und Spremberg stammenden Reichsbannermitglieder auf dem mit Tannengrün und den Reichsfarben geschmückten Marktplatz zum Schlagen aller Spielleute und später zu einem Festakt. Während des Festaktes sprachen Vertreter der Orstgruppe, des Kreisverbandes, des Gaues für den hiesigen Magistrat und des verhinderten Landrats Stadtrat Barth, für die SPD. Geschäftsführer Puschmann für die DDP. Lehrer Pohlmann. Ein Vortrag über die Zwecke und Ziele des Reichsbanners bildete den Schluß. Anschließend fand ein Umzug durch die Straßen der Stadt statt. Die Schätzungen über die Beteiligung am Umzug schwanken zwischen 700 - 1500. Ein gemütliches Beisammensein und Tanz beschlossen den Tag.

Senftenberg
Gebr. Grubann,
Buchdruckerei Senftenberg N.-L.
Echte Photographie
8303
Aufnahme <= 1928
Sammlung Matthias Gleisner
Anno 1928 wurde die Senftenberger Bevölkerung über die Ziele und Zwecke des Reichsbanners mit Hilfe einer öffentlichen Kundgebung informiert. Heutzutage haben wir das Internet, wo sich der Interessierte alle Details zu dieser Organisation leicht selbst besorgen kann. Was ich hiermit jedem angeraten habe.