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Älteres


Bei all den Vorteilen, die meine "Veröffentlichungspolitik" hat - also das Zusammenfassen mehrerer Abbildungen für eine entsprechende textliche Aufbereitung - gibt es leider auch einen Nachteil. Nämlich immer dann, wenn ich ein Thema umfänglich abgehandelt habe, aber im Nachgang dann doch noch irgendwelches eigentlich sehr gut passendes Bildmaterial auftaucht. Dann stehe ich thematisch etwas auf dem Schlauch und muß improvisieren. Nicht so heute! Zwar handelte ich vor anderthalb Jahren hier die langwierige Entstehungsgeschichte der Heldengedächtnisstätte für die Gefallenen des I.Weltkriegs (1914-1918) ab, aber schon damals war mir klar, dass weiteres Bildmaterial existiert. Mindestens die eine kommerzielle Ansichtskarte, die ich heute vorstelle, war mir damals bereits bekannt, jedoch noch nicht in meinem Bestand. Daß zwischenzeitlich auch noch ein Privatfoto bei mir auftauchte, bestätigt meine oben getroffenen Aussagen. In weiser Voraussicht hielt ich damals eine interessante Geschichte zurück, die auch gut gepasst hätte und die den allermeisten Senftenbergern höchstwahrscheinlich unbekannt ist. Diese kommt nunmehr heute zum Einsatz...

Wie mittlerweile bekannt, wurde die Heldengedächtnisstätte im Süden des Stadtparks nach mehrjährigem Hin und Her im August 1925 endlich fertiggestellt und eingeweiht. Gut acht Jahre später plante man das Ganze "aufzuwerten". Die Initative ging dabei vom damaligen Bürgermeister James Legau aus. Dieser übernahm im April 1933 die Geschäfte von seinem Amtsvorgänger Lindemann.
Ich gebe nachfolgend einen Artikel des Senftenberger Anzeiger vom 30. Januar 1934 wieder, der alle wesentlichen Informationen enthält, die ich aktuell zu diesem Thema besitze und der im Original sogar mit einer Modellzeichnung aufwartet...

Zur ersten Wiederkehr des Tages der nationalen Erhebung tritt die Stadtverwaltung Senftenberg mit einer begrüßenswerten Ausstellung im Rahmen einer Gedächtnisausstellung an die Oeffentlichkeit. Dem Wunsch unseres Bürgermeisters entsprechend, den toten Soldaten des Dritten Reiches auch in den Mauern Senftenbergs eine Ehrenstätte zu bereiten, soll diese Gedächtnisausstellung der erste große Auftakt sein. Gleichzeitig soll und will die Abteilung des Hochbauamtes innerhalb der Stadtverwaltung Senftenberg aus der Fülle ihrer Arbeiten einige Ideen den Senftenberger Bürgern zeigen.
Mit diesem begrüßenswerten Gedanken, auch den Toten des Dritten Reiches eine Ehrenstätte in den Mauern Senftenbergs zu geben, soll zugleich Stand und Umgebung der alten Heldengedächtnisstätte umgestaltet werden. Immer wieder hat es sich erwiesen, und besonders seit der Zeit unserer nationalen Erhebung, daß die vor den vorhandenen Stätten befindlichen Plätze unzulänglich und in jeder Beziehung zu klein waren und für Aufmärsche in keiner Weise genügen. Ueber die unglückliche Stellung des Kriegerdenkmals von 1870/71 im Schatten eines großen Hauses ist schon seit Jahren mit Recht debattiert worden. Die Ausstellung soll nun in einem würdigen Rahmen die Um- und Ausgestaltung dieser Plätze zeigen, und gleichzeitig das Mahnmal des Dritten Reiches aufnehmen.


Die Vorentwürfe und Ideen zu diesen Werken hat Stadtrat Architekt-B.D.A. Vogel der Stadtverwaltung Senftenberg geschenkt. Die Hochbauabteilung zeigt nun in der vorerwähnten Gedächtnisausstellung die ideelle Planung dieser Werke. Unter Hitlers Wort: "Und Ihr habt doch gesiegt!" wird eine Woche lang der Oeffentlichkeit diese kleine Gedächtnisausstellung in der Kreuzstraße Nr. 21 unentgeltlich zugänglich sein. Mit dieser Veranstaltung will der Herr Bürgermeister der Stadt Senftenberg eine großzügige Opfer- und Dankessammlung zur Erinnerung für den 30. Januar 1933 eröffnen, deren Ertrag der Grundstock für die Durchführung der Werke sein soll.
Was die Arbeiten selbst betrifft, so wäre darüber zu sagen, daß mit den einfachsten Mitteln, jedoch in vornehmer, abgeklärter Art, durchdrungen von dem heroischen Ernst der Aufgabe eine für Senftenberg sicher hervorragende Leistung geschaffen wird. Zunächst wird die Adolf-Hitler-Promenade durch das Inordnungbringen des Ehrenmals von 1870/71 endlich einen städtebaulichen Abschluß finden und die mit dem Namen des Führers benannte innenstädtische Grünanlage ihrem Zwecke näher kommen.
Das Ehrenmal für die Toten des Dritten Reiches wird im Zusammenschluß mit dem Ehrenmal von 1914/18 neben der innerlichen auch die äußerliche Einheit und der wirkliche Mittelpunkt des Senftenberger Stadtparkes werden. Die gartenarchitektonischen Anlagen gestalten dieses neue Herz des Stadtbildes zu einem Weiheraum in offener Natur. Mögen die doppelten Aufgaben für die Ehrung unserer Toten und die städtebaulichen für unsere Gemeinde bald zur Durchführung gelangen.

Senftenberg
Aufnahme = 1929
Sammlung Matthias Gleisner
Senftenberg
Verlag Kaufhaus Waldschmidt,
Cottbus-Senftenberg
Aufnahme <= 1939
Sammlung Matthias Gleisner
Die, im letzten Satz des Artikels geäußerten Wünsche gingen allesamt nicht in Erfüllung. Das Kriegerdenkmal 1870/71, welches "im Schatten eines großen Hauses", nämlich des Kaufhauses Waldschmidt stand, erlebte seine Versetzung in die kleine Grünanlage vor der Wendischen Kirche nicht. Stattdessen verschwand es spätestens Ende der 1930er vollständig. Verbleib: unbekannt. Über die Erweiterung des Kriegerdenkmals 1914/18, für die die Entwürfe (siehe oben) schon in den Schubladen lagen und sogar öffentlich ausgestellt wurden, drang in der Folgezeit kein Wort mehr an die Öffentlichkeit. Zwar verbuchte man im April 1934 in einer Bestandsaufnahme der einjährigen Arbeit Legaus die oben genannte Ausstellung als vollen Erfolg, aber das war es dann auch.

Vielleicht erreichte oben genannte Opfersammlung für den Grundstock wenig Resonanz oder Bürgermeister Legau hatte einfach keine Gelegenheit mehr, seine Vorstellungen zu verwirklichen. Seine Amtszeit endete überraschend Anfang September 1935 mit der Einsetzung eines kommissarischen Bürgermeisters. Ein gewisser Heinrich von Bünau, 29 Jahre alt und seines Zeichens Obersturmbannführer der SA übernahm temporär die Geschäfte. Von Bünau, geboren in Spandau, entstammte einer alten preußischen Offiziersfamilie und durchlief eine klassische juristische Ausbildung und Laufbahn.
Der entsprechende Artikel zu dessen Amtseinführung im Senftenberger Anzeiger geht mit keiner Silbe auf den Amtsvorgänger Legau ein, was einerseits sehr ungewöhnlich ist und andererseits Raum für Spekulationen eröffnet. Tatsächlich bekam Legau wegen nicht eindeutig zu klärender finanzieller Transaktionen im Amt Differenzen mit den Vertretern der NSDAP. Er gab von sich aus das Bürgermeisteramt auf ebenso wie seine Frau Erna die Führung der NS-Frauenschaft, und beide verließen die Stadt offenbar in Richtung Höhr-Grenzhausen im Westerwald. Dort trat James Legau nämlich am 22.09.1936 die Stelle des Bürgermeisters an. Zu diesem Zeitpunkt bekleidete er bereits den Rang eines SS-Sturmbannführers. Der mehr oder weniger unrühmliche Abgang aus Senftenberg hatte Legaus Karriere offensichtlich nicht geschadet. In weiterer Folge avancierte er in den Jahren 1944/45 sogar zum kommissarischen Landrat des Landkreises Alsfeld in Hessen.
Dank seines für deutsche Verhältnisse ungewöhnlichen Vornamens gibt das Internet relativ leicht und unzweifelhaft weitere Informationen zu Legau preis:
Geburtsdatum 12.06.1901, Diplom-Kaufmann und Buchautor ( Kritische Betrachtungen zu den Veröffentlichungen von Dr. K. Brandt im Auftrag der Studiengesellschaft für die Milchversorgung Berlins "Der heutige Stand der Berliner Milchversorgung" [1929]), SS-Nummer 48325, NSDAP-Nummer 998317. Über den Verbleib Legaus nach Kriegsende ist aktuell nichts bekannt. Ich habe den Verdacht, daß er nach Südamerika "auswanderte". Hierfür habe ich einen schwachen Anhaltspunkt, dem ich zukünftig vielleicht einmal nachgehe.

Heinrich von Bünau amtierte lediglich knappe 4 Monate. Am 2.Januar 1936 übergab er die Geschäfte an SA-Oberführer Johannes (Hans) Korth. Zu dessen Amtseinführung dankte man übrigens wieder dem Vorgänger , dem es in kurzer Zeit gelungen sei, die Einheit von Partei und Staat innerhalb des städtischen Gemeinwesens sicherzustellen.

Mit einem Blick, nicht auf, sondern von der Heldengedächtnisstätte schließt sich für heute der Kreis. Diese Ansichten sind einfach nicht tot zu kriegen. Auch wenn man es kaum glauben mag, aber dieses Motiv hatten wir noch nicht. Ehrenwort!
Wäre der oben abgebildete Entwurf tatsächlich in die Tat umgesetzt worden, dann hätten wir heute vielleicht ein paar zusätzliche Motive mit dieser Sichtachse. Dann aber inklusive einer hohen Säule, gekrönt von Hakenkreuz und Reichsadler...

Senftenberg
Verlag Erich Krause,
Papierhandlung, Senftenberg N.L.
No.40
Aufnahme <= 1927
Sammlung Matthias Gleisner