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Älteres


Der Kapellenbau in Sauo

  Die Kirchengemeinde Sauo, die fünf Kilometer von Senftenberg entfernt liegt, konnte wegen der Entfernung von der Muttergemeinde und wegen der vielen Außenstationen von Senftenberg seit Jahrzehnten kirchlich nicht so versorgt werden, wie es wünschenswert gewesen wäre.
  Seit zweieinhalb Jahren wird Sauo von Senftenberg II aus kirchlich betreut, und der dortige Ortsgeistliche Pastor Rother hält alle vierzehn Tage in der Schule zu Sauo Gottesdienst.
  Selten wohl ist eine Gemeinde seelsorgerisch so schwierig zu bearbeiten gewesen, wie gerade Sauo. Die große Kirchenaustrittsziffer und die kirchliche Gleichgültigkeit hemmten den Fortschritt anfangs ungemein. Dazu kommt, daß die Andacht irgendwie gestört ist, wenn ein Gottesdienst in einem Schulklassenraum abgehalten werden muß, auch wenn er noch so schön hergerichtet wird, und schließlich sind die Schulbänke für viele Gemeindemitglieder zu eng, als daß sie darin bequem sitzen und Andacht halten können.
  Trotzdem ist die ganze kirchliche Arbeit durchaus gewachsen. Von drei Kirchenbesuchern wuchs die Zahl durchschnittlich auf fünfzig bis sechzig. Der Kindergottesdienst entstand, der von etwa 90 Kindern besucht wird, von denen regelmäßig bis zu 65 Kinder erscheinen.
  Eine große Anzahl von Kirchenrücktritten ist erfolgt, es ist eben in Sauo wie überall in unserm deutschen Vaterlande:

Religiöse Sehnsucht bricht auf, der Zug zur Kirche ist unverkennbar, und das Verlangen ist wach geworden in Sauo: wir wollen unser eigenes Kirchlein haben!

  Dankenswerterweise haben die Niederlausitzer Kohlenwerke auf das Bitten der Kirchengemeinde hin das Scheunengebäude an dem sogen. Stahrschen-Stillerschen Grundstück zu einem Umbau zu einer gottestdienstlichen Stätte gern zur Verfügung gestellt.
  Die Ilse, Bergbau-AG., hat auf ihr Nutzungsrecht an diesem Gebäude zugunsten der Kirchengemeinde verzichtet. Die ganze Finanzierung geschieht aus den genannten Erwägungen heraus. Es ist eine Freude, zu sehen, wie weiteste Kreise ihr Interesse durch tatkräftige Hilfe bei diesem Werke beweisen. So haben die politische Gemeinde Sauo in ihrem neuen Geist, das Konsistorium der Mark Brandenburg mit seinen neuen Arbeitszielen und die Niederlausitzer Kohlenwerke nennenswert geholfen. Ein weiterer Spender will nicht genannt sein. Die Verhandlungen mit den Anhaltischen Kohlenwerken, die als die Mutter des Ortes bezeichnet werden können, stehen vor ihrem Abschluß.
  Es ist selbstverständlich zu erwarten, daß die Gesamtbevölkerung bei dieser Tat, jeder an seinem Teil, mithilft. Denn die Bevölkerung muß dankbar sein, daß der größte Teil der Mittel zur Ermöglichung dieser Arbeit sichergestellt ist, ohne sie in Anspruch zu nehmen.
  Das Kirchlein bekommt 180 Plätze. In seiner inneren Ausstattung entspricht es vollkommen einem rechten gottesdienstlichen Raume. Wie unser Bild zeigt, ist aus der Scheune eine richtige Kirche geworden.
  Daneben löst der Kapellenbau noch eine ganz besondere Aufgabe: die Aufgabe der Kultur an dem Dorfe Sauo selbst. In Erkenntnis der Wertung des Bodenständigen wird in die alte Sauoer Dorfaue hinein das Kirchlein gestellt und rundet somit das deutsche Dorfbild in bewußter Weise ab.

  Die politische Gemeinde in Sauo hat diesen allgemeinen deutschen Kulturwillen, den die Kirche hier durchgeführt, so anerkennend aufgenommen, daß sie das bedeutende Werk, ihrem Gefallenen-Ehrenmal in Sauo eine neue Form und Fassung zu geben, mit der Wiederherstellung der alten bodenständigen Dorfaue verbindet. Und die neue Kirche wird der Abschluß dazu sein.
  In einer gestern abgehaltenen Sitzung des Gemeindekirchenrates und der Gemeindevertretung unter dem Vorsitz von Superintendent Lehnerdt wurden die für den Baubeginn notwendigen Beschlüsse gefaßt. Die Bauarbeiten sind bereits vergeben.

  So steht die Kirche im Dritten Reich und löst von sich aus Hand in Hand mit den öffentlichen Organen des Dritten Reiches und den Kulturzweigen der N.S.D.A.P. seine Aufgaben
  Wir begrüßen diese Tat in Senftenberg und hoffen, daß sie im weiten Umkreise Nachahmung findet.

Soweit der textliche Vorspann aus dem Senftenberger Anzeiger vom 24. März 1934.
Die darin avisierten Arbeiten zum Umbau einer alten Scheune in Sauo zu einer Kirche nahmen relativ schnell Fahrt auf. Die Maßnahme, die nach einem Entwurf des Senftenberger Architekten Vogel durchgeführt wurde, lässt sich grob auf folgende Punkte reduzieren: Ausbau der Scheune und Anbau eines Glockenturms. Die Hochbauarbeiten wurden vom Senftenberger Bauunternehmen Schneider ausgeführt. Der Umbau war offenbar keine große Herausforderung, denn bereits am 20. Juni wurde Richtfest gefeiert. Fünf Tage später, am 25. Juni 1934, erhielt die Gemeinde zwei Kirchenglocken. Diese waren in Apolda gegossen und mit der Eisenbahn bis nach Senftenberg transportiert worden. Von dort ging es weiter mit einem Pferdefuhrwerk bis nach Sauo.
Beide Glocken (eine wog 265 kg, die andere 150kg) wurden danach in einem Festumzug, der seinen Anfang am Ortseingang nahm, unter reger Anteilnahme örtlicher Vereine, der Schuljugend, der Lehrer, diverser nationalsozialistischer Organisationen und interessierter Gemeindemitglieder zur neuerbauten Kirche eskortiert.
Dort erfolgte der symbolische Einbau der Glocken in den 15 Meter hohen Glockenturm.

Die offizielle Einweihung der Kirche erfolgte am 26. August 1934. Dazu versammelten sich in der Schule die kirchlichen Körperschaften, Probst Eickert, ein Vertreter des Konsistorium, Vertreter der einzelnen Braunkohlenwerke sowie der Gemeinde, um von der alten Stätte der bisherigen Gottesdienste Abschied zu nehmen. Unter Voranmarsch einer Musikkapelle bewegte man sich dann zur neuen Kirche. Dort öffnete Probst Eickert die Kirchentür und vollzog die Weihe. Für die Zuschauer, die keinen Platz in dem kleinen Kirchlein finden konnten, wurde draußen ein Lautsprecher aufgestellt.

Was uns dann so langsam zu den heutigen 3 Fotos bringt. Ich gehe stark davon aus, daß alle drei um diesen 26. August herum aufgenommen worden sind. Das mittlere Bild könnte tatsächlich den Tag der Einweihung wiedergeben.
Die Innenaufnahme rechts muß für mein Dafürhalten spätestens kurz vor dem 1. Weihnachtsfeiertag 1934 gemacht worden sein. An diesem Tag nämlich erfolgte die feierliche Enthüllung eines Altar-Gemäldes, welches durch den Kunstmaler Vogel aus Niederwartha ausgeführt worden war. Dieses Bild hätte ich auf der Innenansicht über dem Altartisch erwartet...

Rolf Radochla beschrieb übrigens in "Kippensand 2015", daß durch den zuständigen Schornsteinfeger- Obermeister Ende 1934 gravierende Mängel an der Rauchgasabführung der Kirche festgestellt wurden. Diese waren zum Einen Gefahr für Leib und Leben der Kirchgänger (Brandgefahr im Dachstuhl, Kohlenmonoxid) und zum Anderen schädlich für die Bausubstanz (Vernässung).
Erst im folgenden Sommer 1935 waren die Mängel abgestellt und ein regulärer und vor allem gefahrloser Gottesdienst konnte sodann in dem kleinen Kirchlein durchgeführt werden.

Sammlung Isolde Rösler
Senftenberg
Aufnahme = 1934
Sammlung Isolde Rösler
Senftenberg
Aufnahme = 1934
Sammlung Isolde Rösler
Senftenberg
Aufnahme = 1934
Sammlung Isolde Rösler