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Punkt 1: Sag niemals nie! Ja ich weiß, irgendwann, wahrscheinlich sogar mehrfach, schrieb ich, daß ich die Senftenberger Bären niemals auf www.gruss-aus-senftenberg.de zum Thema machen würde. Und was sehen wir heute?

Aber wenn, dann auch richtig!
Punkt 2: In der Vergangenheit auch mehrfach von mir angemerkt: Der Senftenberger Tierpark bestand nach 1945 für viele Jahre in der Außendarstellung irgendwie nur aus den Braunbären!
Ansichtskarten, Broschüren, Lokalpresse - Bären, Bären, nichts als Bären!
Immerhin schaffte es ein versprengtes Äffchen auf nebenstehendes Wandbild in der Engen Bahnhofstraße. Man muß aber schon genau hinschauen! Und jenes Wandbild im Inneren des Bahnhofsgebäudes, das vor einigen Jahren, wie die gesamte Hallendecke, einer farblichen Frischzellenkur unterzogen wurde, stellt neben 2 Bären, die es nun schon einige Jahre nicht mehr gibt, immerhin noch weiteres Getier dar.

Wie oben angemerkt: Im Senftenberger Tierpark gibt es keine Bären mehr! Mitte 2012 verließen nach fast 60 Jahren die letzten drei Exemplare unsere Stadt. Eine Unterschriftenaktion, die das verhindern sollte, blieb erfolglos. Die zu diesem Zeitpunkt 21 Jahre alten Bärengeschwister wurden in den Alternativen Wolf- und Bärenpark Schwarzwald in Schapbach umgesiedelt, damit die Tiere dort ihren Lebensabend noch halbwegs artgerecht verbringen können. In einem großen Freigehege noch einmal echten Waldboden unter den Tatzen spüren und nicht mehr der triste und harte Betonboden des Senftenberger Zwinger, den sie seit ihrer Geburt kannten.
Ihre ursprünglichen Namen Moritz, Püppi und Mascha verloren die drei Bären bei ihrem Umzug. Aus ihnen wurden Bodo, Biggi und Bea. Für einen aus dem Trio, Mascha, traf die Prognose von weiteren 20 Lebensjahren leider nicht zu. Sie musste wegen eines Tumors vor gut einem Jahr eingeschläfert werden.

Das Verschwinden von Braunbären aus Senftenberg ist noch in guter Erinnerung und hinlänglich dokumentiert. Wie steht es jedoch um den Beginn? Wann und woher kamen die ersten Tiere, quasi Stammvater und -mutter der Senftenberger Bärendynastie?
Hierzu möchte ich einen Beitrag zitieren, der im September 1961 im "Kulturspiegel Bergarbeiterkreis Senftenberg" abgedruckt wurde. Ergänzt um Informationen, Anmerkungen und Korrekturen aus anderen Quellen:

... Als nach dem Jahre 1945 überall ein neues Leben begann, hieß es auch hier neu anfangen. Viele Tiere waren durch die Bombenangriffe getötet worden oder aus ihren zerstörten Käfigen entlaufen. Die Freigehege waren ebenfalls zum größten Teil zerstört. Langsam begann man, die Parkanlagen wieder herzurichten und im Jahre 1955 war es dann so weit. Die ersten beiden Tiere, es waren die uns allen Senftenbergern ans Herz gewachsenen beiden Braunbären Moritz und Püppi, hielten Einzug in einen notdürftig, aus altem Material hergerichteten Käfig.

Bezüglich des Jahres irrt der Schreiber! Tatsächlich trafen die beiden Bären Moritz und Pippi Anfang August 1954 aus dem Zoologischen Garten Dresden in Senftenberg ein. Die Tiere, zu diesem Zeitpunkt 2,5 Jahre alt (geboren 17. und 19.1.1952), waren jedoch nicht Eigentum des Dresdner Zoos, sondern hielten sich dort nur vorübergehend auf. Die beiden Bären gehörten in Wirklichkeit einem gewissen Albert Löscher, dem Stallmeister des Circus Busch. Dieser kümmerte sich jedoch nicht um seine Tiere. Da die Tiere auch im Zoologischen Garten zweimal ausgebrochen waren und außerdem boshaft waren, wollte man sie erschießen. In diesem Augenblick griff Herr Steinert ein, der zufällig sich im Zoo aufhielt. Er machte das Angebot, die Tiere für den Tierpark Senftenberg zu übernehmen.
Ob die letzte Aussage, speziell die Ausbrüche und die Boshaftigkeit der Bären, den Tatsachen entsprach, wird sich wohl nicht mehr klären lassen. Fakt ist, daß die Bären tatsächlich Löscher gehörten und das Erich Steinert, Inhaber der Zoohandlung in der Senftenberger Ernst-Thälmann-Straße 29, die Vierbeiner nach Senftenberg lotste. Steinert war es auch, der mit Hilfe von Schmiedemeister Schüle und dem Senftenberger Eisenwerk den ersten Käfig für die Tiere binnen weniger Tage zusammenzimmerte.
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Die Bären in ihrem ersten Käfig (ca. 1954/55)
Zwischen Steinert und der Stadt Senftenberg wurde am 5. August 1954 eine Vereinbarung geschlossen. Steinert galt dabei als Besitzer der beiden Braunbären "Pippi" und "Moritz", die ihm vom Eigentümer bis auf weiteres in Pflege und Wartung überlassen sind. Der Rat der Stadt stellte Herrn Steinert im Rahmen der gegebenen Möglichkeiten im Stadtpark Gelände und vorhandenen Unterkunftsraum des ehemaligen Tierparkes unentgeltlich zur Unterbringung beider Tiere zur Verfügung. Steinert im Gegenzug verpflichtete sich, eigenverantwortlich Pflege, Wartung und Futterkosten zu übernehmen, sowie für die sichere und artgerechte Unterbringung zu sorgen. Die Stadt Senftenberg wurde in dieser Vereinbarung aus der Haftung genommen, falls es zu Schäden aufgrund einer nicht sicheren Unterbringung der Bären kommen sollte.
Im September 1954 versuchte man, die beiden Bären dem Eigentümer Löscher abzukaufen. Der hatte jedoch zunächst den Plan, die Tiere für einen Zeitraum von fünf Jahren zu "vermieten". Darauf ließ sich die Stadt Senftenberg nicht ein und drängte Löscher zum Verkauf, da man ansonsten die Bären kostenpflichtig per Bahn an seine Adresse senden würde. Mitte Oktober 1954 einigte man sich und Löscher verkaufte die Tiere für 1000 DM an die Stadt Senftenberg. Mit Übergang der Bären in das Eigentum der Stadt endete auch die Vereinbarung mit Steinert. Dieser bekam für seine Unterstützung und Betreuung der Tiere eine finanzielle Anerkennung in Höhe von 50 DM und war danach raus aus der Angelegenheit.

Nach und nach kamen andere Tiere. Und so ergänzte sich der Tierbestand ständig auf bisher: zwei Ponys, acht Sumpfbiber, fünf Wildschafe, neun Fasane, sechs Enten, acht Lachtauben, zwanzig Meerschweinchen und acht Stück Rotwild. Aus Vietnam brachte Herr Dr. Teichmann vier Rhesusaffen mit zu uns, die er erfreulicherweise dem Tierpark schenkte. Besonderer Anziehungspunkt ist aber immer wieder, der in den Jahren 1957 bis 1958 in großzügiger Weise erbaute, moderne Bärenzwinger.

Der Bau wurde im Rahmen des Nationalen Aufbauwerkes (NAW) unter Mithilfe eines großen Teils der Senftenberger Bevölkerung errichtet. Die Bären konnten am 13. Juli 1957 ihren engen Käfig gegen den weitläufigeren Bärenzwinger tauschen. Zu diesem Zeitpunkt waren aus Moritz und Püppi schon ein paar mehr geworden. Einigen Fotos zufolge, die ich unlängst im Senftenberger Stadtarchiv gesehen habe, kamen 1955 Bären-Vierlinge zur Welt.

Aus eigener Zucht gingen in diesem Jahre wieder vier Bären hervor, von denen zwei an den Zirkus Milano gingen.
Herr Kluge, der schon seit 29 Jahren im Park arbeitet, verriet uns, daß mit dem nächsten Bärenwurf im Januar 1963 zu rechnen ist.

Tatsächlich erblickten am 17.Januar 1963 Drillinge das Licht der Welt. Die Namen der Bären-Geschwister, Susi, Blanka und Pondo stammten aus Leserzuschriften auf einen Aufruf der Lausitzer Rundschau. Pondo und die Mutter der drei; Püppi, verließen in 1963 oder 1964 den Senftenberger Tierpark.

In diesem Jahr wurde links der Elster das neue Rotwildgehege erbaut. Ein Hirschbulle, zwei Hirschkühe, zwei Kälber, ein Rehbock und zwei Rehricken tummeln sich in dieser Anlage. Das frühere, sehr kleine Gehege wird in den nächsten Wochen in eine Grünfläche verwandelt. Für einen späteren Termin ist der Bau einer Vogelvoliere geplant.
Dieser Tage "fegte" der Hirschbulle sein Geweih, d.h., er befreite es von seinem Hautüberzug. Jährlich wirft der Hirsch sein Geweih ab, und Herr Kluge zeigte uns vier dieser Prachtexemplare aus den vergangenen Jahren.
In den nächsten Jahren ist keine große Veränderung des Parks geplant. Man zog lediglich in Erwägung, den Park später in der Richtung der Badeanstalt zu erweitern. Wünschen wir uns alle, daß unsere Stadt, die arm an Erholungs- und Ausflugszentren ist, noch lange auf ihren so schönen Park stolz sein kann.

Von den unten dargestellten fünf Ansichtskarten, dürfte das mittlere Exemplar sehr gut bekannt sein. Es wurde, wie zu DDR-Zeiten üblich, in den Folgejahren immer mal wieder neu aufgelegt. Die vier anderen Ansichtskarten sind nichts weiter als die einzelnen Bestandteile der Mehrbildkarte "in groß". Diese Stücke sind heutzutage seltener zu finden als die 4-Bild-Karte. Möglicherweise erfreuten sich die Einzelmotive schon damals geringerer Beliebtheit. Es bestehen kaum Zweifel, daß alle vier Motive bei ein und derselben Gelegenheit fotografiert wurden. Und das relativ zeitnah am Umzug der Bären in ihr neues Zuhause. Ich würde behaupten, daß wir uns im Jahr 1958 befinden. Wir erkennen immerhin teilweise schon den Nachwuchs von Püppi und Moritz, der nun nicht gerade wie frisch geboren aussieht. Wobei ich keine Ahnung habe, wann die beiden Kleinen geboren wurden und wie schnell junge Braunbären wachsen.

Senftenberg
Senftenberg
VEB BILD UND HEIMAT REICHENBACH i.V.
Echt Foto
6/533 IV-14-45 A 3/61
Foto: Bild und Heimat (Kühn)
Aufnahme <= 1958
Sammlung Erika Fischer
Senftenberg
VEB BILD UND HEIMAT REICHENBACH i.V.
Echt Foto
A 1/B 468/64 IV-14-45 6/536
Foto: Bild und Heimat (Kühn)
Aufnahme <= 1958
Sammlung Norbert Jurk
Senftenberg
VEB BILD UND HEIMAT REICHENBACH i.V.
Echt Foto 1475/60
6/534 IV-14-45 A 3/61
Foto: Bild und Heimat (Kühn)
Aufnahme <= 1958
Sammlung Erika Fischer
VEB BILD UND HEIMAT REICHENBACH i.V.
Echt Foto
V 11 50 A 1/B 269/66 6/899
Foto: Bild und Heimat (Kühn)
Aufnahme <= 1958
Sammlung Norbert Jurk
Senftenberg
VEB BILD UND HEIMAT REICHENBACH i.V.
Echt Foto
6/535 H 9360 IV-14-45 A 246/59
Foto: Bild und Heimat (Kühn)
Aufnahme <= 1958
Sammlung Erika Fischer

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Bärenzwinger im Jahr 1963
8mm-Filmaufnahmen
Quelle: YouTube
Einen kleinen Eindruck vom Entwicklungstempo von Braunbären geben nebenstehende Schmalfilmaufnahmen, die von einem Senftenberger im Jahr 1963 gemacht wurden. Wir sehen hier die komplette Familie. Moritz, Püppi und die im Januar 1963 geborenen Susi, Blanka und Pondo. Letztere demnach ca. ein halbes Jahr alt.

Anhand der erhaltenen Dokumente kann man erkennen, daß alle zwei bis drei Jahre Nachwuchs bei Familie Petz zu verzeichnen war. Da man natürlich nicht alle Tiere im Senftenberger Tierpark behalten konnte, wurden immer wieder Bären an Zirkusse abgegeben. So wurden im März 1959 zwei Jungbären zum Preis von 750 DM an den Zirkus Milano verkauft. Anfragen eines anderen Vertreters der fahrenden Zunft im selben Jahr mussten hingegen abschlägig beschieden werden.

So weit alles ganz normales Prozedere. Ziemlich bizarr aber finde ich persönlich den Verkauf zweier Bären im April 1959 an die PGH "Delikat" Großräschen zum schlachten...