Wer glaubt, daß die künstlerische Darstellung Werktätiger der Kohle- und Energiewirtschaft eine
Erfindung des DDR-Kulturministeriums sei, den kann ich eines Besseren belehren. Die Hintergrundgrafik zum
Beispiel stammt aus dem Jahr 1919. Weit entfernt vom Sozialistischen Realismus, der ab 1932 in der Sowjetunion
und nach dem 2. Weltkrieg auch in der neugegründeten DDR bis zu deren Ende weit verbreitet war.
Der Schöpfer der Zeichnung, Rudolf Lipus, machte übrigens auch in der Zeit des Nationalsozialismus von sich
reden: Als Kriegsmaler einer Heeres-Propagandakompanie, der direkt dem Oberkommando der Wehrmacht unterstehenden
"Staffel der bildenden Künstler" der Propaganda-Einsatz-Abteilung Potsdam. Seine, den Krieg verherrlichenden
Propagandabilder, gehören zu den bekanntesten Beispielen dieses Genres.
Da unter dem nationalsozialistischen Kunst- und Kulturbetrieb neben der Heroisierung des Soldatentums auch
die Glorifizierung des schaffenden Arbeiters oder Bauern der Propagandamaschinerie diente, war Lipus gewissermaßen
nicht artfremd. Wobei ich die 1919er Grafik weit weg von irgendwelcher Verherrlichung einstufen würde. Viel mehr
werden hier die unterschiedlichen Tätigkeiten im Tagebaubetrieb der damaligen Zeit realistisch eingefangen und
zumindest die Person im Vordergrund strahlt nichts von Arbeits- und Arbeiterkult aus. Im Gegenteil!
Aber das ist ja eigentlich gar nicht das Thema!
Vielmehr geht es heute um drei Fotos, die einen ungeschönten und deshalb wirklichkeitsnahen Blick in das
Arbeitsleben der Bergleute Anfang der 1920er Jahre liefern. Dabei sehen wir weniger eine Darstellung wirklich
schaffender Tätigkeit. Stattdessen werden die Personen während einer Arbeitspause abgelichtet.
Derartige Aufnahmen sind nicht einmal so selten (siehe Auswahl unten). Das Problem ist lediglich, daß sich viele
Motive einhundert Jahre später kaum noch geografisch zuordnen lassen. Vielfach ist über die Zeit vor allem die
wichtige Information verloren gegangen, wo genau die Aufnahme denn nun gemacht wurde.
Unsere drei Fotos tragen glücklicherweise bildseitig jeweils einen Hinweis, der damals in die Fotoplatte eingeritzt
wurde. Die Schriftzüge wurde von mir digital entfernt, ich liefere die Informationen jedoch in alle Fällen im
Text mit. Demnach stammen alle Fotos aus dem Tagebau Grube Marga. Zwei Fotos wurden sogar ziemlich konkret datiert: 1923.
Foto Nr. 3 liefert uns im Gegensatz zu den beiden anderen, die überall aufgenommen worden sein könnten, im Hintergrund
den schlagenden Beweis: Die Silhouette der beiden Brikettfabriken von Marga. Besser kann es gar nicht laufen!
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- Kohlenbagger - - Grube Marga - Aufnahme <= 19?? Sammlung Erika Fischer
- Die lustige Gleiskolonne am Bagger 4 - - Grube Marga - - 1923 - Aufnahme = 1923 Sammlung Detlef Krumm
Kippe 2 - Grube Marga - 1923 Aufnahme = 1923 Sammlung Detlef Krumm
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