26.05.2019
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In den Kommentaren der vorigen Woche wurde von mir so ein wenig Vorsicht bei der Richtigkeit historischer Messtischblätter angemahnt. Natürlich sind diese Teile
das genaueste und detaillierteste historische Kartenmaterial, das wir kennen. Ganz fehlerfrei sind diese Pläne jedoch nicht! Hinzu kommt, daß solche topographischen
Karten auszugsweise als Grundlage für spätere Lagepläne verwendet und dabei ergänzt wurden. Auch dies erfolgte nicht immer akkurat, weshalb es teilweise in Folge
zu Fehlinformationen kam, die sich dummerweise auch noch lange hielten. Ob das im Fall der Brikettfabrik Marie III so eine Verkettung war, kann ich nicht
mit Gewissheit sagen. Jedenfalls wurde diese Industrieanlage in manchen Publikationen (zum Beispiel "Brikettfabriken der Lausitz" von Friedrich Knauth, 1999) als
Brikettfabrik geführt. Was sie jedoch definitiv nicht war.
Worum es dabei genau ging, dazu wurde vor ein paar Jahren von Norbert Jurk ein Artikel aus der Zeitschrift des Vereines deutscher Ingenieure ausgegraben.
Ich habe mir unlängst selbst ein Original dieser Zeitschrift (Band 53, Nr. 29 vom 17.Juli 1909) zugelegt und präsentiere nachfolgend ein Faksimile desselben.
Wie nicht anders zu erwarten, ist dies nur der theoretische Unterbau zu einer Handvoll sehr seltener und teurer Ansichtskarten, die mir unlängst dankenswerterweise
zur Verfügung gestellt wurden.
Ich hoffe, daß die Stücke im nachfolgenden sehr umfangreichen und technischen Aufsatz nicht untergehen.
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Die erste Ansichtskarte offeriert einen Blick in den Tagebau der Grube Marie III, wie er oben im Text kurz
angerissen und auf dem Lageplan gekennzeichnet wurde. Wir dürfen wohl davon ausgehen, daß der in Sauo allseits
bekannte Fotograf Paul Kostrau tatsächlich diesen Tagebau ablichtete.
Gänzlich neu ist das Motiv nicht. Wir kennen es schon als Bestandteil einer 3-Bildkarte. Ob die restlichen zwei
Abbildungen dieser Produktion auch "in groß" erschienen, kann ich derzeit nicht beantworten. Der Verdacht liegt
zumindest nahe.

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Paul Kostrau, Photograph, Sauo b. Senftenberg N/L. Aufnahme <= 1930 Sammlung Detlef Krumm
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B.8604. Aufnahme <= 1910 Sammlung Detlef Krumm
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B.8602. Aufnahme <= 1910 Sammlung Detlef Krumm
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Im Zeitschriftenaufsatz werden wir bildlich schon mit der Beladestation der Grube Marie III vertraut gemacht. Die beiden Ansichtskarten
zeigen die selbe Anlage aus unterschiedlichen Blickrichtungen. Auf dem rechten Stück kann man sehr gut die erwähnte Kettenbahn erkennen. Diese
ist auch auf dem linken Motiv im Hintergrund zu sehen, wobei die Gesamtabbildung stärker auf die Gebäude im Vordergrund, die Werkstatt und das
Magazin, abstellt.
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Das was wir oben in einigen Schnittzeichnungen sehen, erhalten wir auf der Ansichtskarte rechts "in natura".
Die hier abgebildete Entladestation der Brikettfabrik Marie I (für alle die, die es nicht bemerkt haben:
wir sind mittlerweile in Reppist angelangt) ist dieselbe, wie auf dem Foto (Fig. 19) innerhalb des Zeitschriftenaufsatzes
zu sehen. Dort jedoch aus der Gegenrichtung.
Ja wir sehen sogar den Typ E-Lok (Siemens-Schuckert) mit seinen zehn 20t-Waggons, exakt wie es im Text beschrieben und bebildert
wurde.
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B.860?. Aufnahme <= 1910 Sammlung Detlef Krumm
Auch ein Blick auf die Rückseiten der
drei Ansichtskarten mit den Industriemotiven,
die ohne Zweifel zu einer Serie gehörten,
lohnt sich.
Es wird damit möglicherweise ein Grund für die
Seltenheit dieser Stücke aufgedeckt.
Es handelte sich nämlich mitnichten um normale Ansichtskarten,
sondern vielmehr um Informationsmittel im Geschäftsverkehr
der Anhaltischen Kohlenwerke mit den Beziehern ihrer Produkte.
Der Vorduck auf der Kartenrückseite wurde handschriftlich
mit den jeweiligen Angaben ausgefüllt und die Karte daraufhin
via Post an den entsprechenden Kohlenhändler o.ä. versandt
um die Warenlieferung per Bahn anzukündigen.
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Es ist anzunehmen, daß von diesen Karten eine beträchtliche Anzahl verschickt wurde. Die wenigsten davon dürften aber 100 Jahre später noch existieren.
Wahrscheinlich wurden die meisten nach Erhalt der avisierten Kohlenlieferung vernichtet. Leider!
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