Nein, ich hatte mich nicht verhört, als der Nachrichtensprecher Mitte August aus meinem Autoradio verkündete, daß am Sedlitzer See ein Hotel entstehen solle.
130 Zimmer. Unser Sedlitz? Wenige Tage später folgten die Bilder mit freudestrahlenden Lokalpolitikern, die sich aufgrund der Ankündigung des mit
allen Wassern gewaschenen 80-jährigen Geschäftsmannes Gert Prantner, in direkter Nachbarschaft des kleinen Dörfchens ein Hotel hochziehen zu wollen, kaum noch
einkriegten.
2022 soll Baustart sein. Ich bin mal gespannt, wie hoch nach dem x-ten Lockdown noch der Enthusiasmus sein wird, Geld in touristische Infrastruktur zu investieren.
Das aktuelle Jahr hat ja eindrücklich gezeigt, was passieren kann, wenn man sich zu stark auf den Tourismus, ob national oder weltweit, fokussiert.
Es wäre übrigens auch nicht das erste Mal, daß Prantner von einem bombensicheren Deal wieder abspringt. Da waren schon ganz andere Standorte im Gespräch...
Nicht, daß ich es den Sedlitzern nicht gönnen würde, aber es ist für mich relativ schwer vorstellbar, daß es genügend Leute gibt, die sich hierher
verirren möchten. Wie sieht eigentlich die Auslastung der anderen Hotels in unserer Gegend aus?
Wenn man als Tourist nicht nur den hiesigen Wölfen "Gute Nacht!" sagen möchte, dann sieht es in und um Sedlitz für meinen Geschmack ziemlich duster aus. Das fängt
beim verrammelten Haltepunkt der Deutschen Bahn an und hört bei fehlenden Einkaufsmöglichkeiten und Gastronomie auf. Eine Gaststätte besitzt der Ort seit fast 25
Jahren nicht mehr. Ich lasse jetzt mal Gartenlokale und die sehr empfehlenswerte "Cafe-Scheune" außen vor. Letztere hat sicher nicht aus Jux nur einen saisonalen Betrieb.
Das sah früher ganz anders aus, denn da gab es noch mindestens drei Gasthäuser gleichzeitig in der kleinen Gemeinde... Semch, Nusa (später Schmidt) und bis Ende des
Krieges: Zahn's Gasthof. Selbiger wurde im Zuge des Einmarsches der Roten Armee im April 1945 zerstört. Die Ruine stand noch eine ganze Zeit bis sie
schlußendlich abgerissen wurde und Platz für Einfamilienhäuser machte.
Insofern sind die beiden Ansichtskarten für heute schon einmal zeitlich nach oben gedeckelt.
Photogr. Anstalt Osk. Schäbitz, Dresden, Zöllnerstr. 8 D 51 Aufnahme <= 1934 Sammlung Matthias Gleisner
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Und das ist zumindest für das rechte Exemplar ganz hilfreich, denn
das Original, das mir zur Verfügung steht, hatte nämlich wahrscheinlich
einen "Wasserschaden". Sprich: das Stück muß irgendwann einmal feucht
geworden sein, wobei sich dann die Kartonschichten voneinander lösten.
Übrig geblieben ist glücklicherweise der Teil mit der Bildseite und die
Schäden, die die Nässe daran verursachte, halten sich soweit in Grenzen,
daß ich sie ganz gut digital beheben konnte.
Verlagsangaben und eventuell eine Jahreszahl auf Grundlage eines Poststempels
muß ich deshalb solange schuldig bleiben, bis ich ein weiteres Exemplar davon
gesehen habe.
Aber auch das linkle Stück ist nicht ganz problemfrei. Und das schon von
Hause aus. Ich verweise auf die obere Teilabbildung. Hier wurde
aus mir nicht erklärlichen Gründen die Eingangstür, die sich zwischen dem
Saal rechts und der Gaststube links befand, einfach wegretuschiert. Das
dieser Zugang nicht irgendwann zugemauert war, wie man vielleicht vermuten
könnte, schließe ich aus. Das Vergleichsmotiv auf der rechten Ansichtskarte
ist zeitlich später aufgenommen und dafür hätte man ja wieder alles aufbrechen
müssen.
Der Retuscheur hat auch nicht ganz sauber gearbeitet denn man erkennt noch
ein Fragment der Aufschrift Paul Zahn, die sich auf den Glasscheiben
oberhalb der Tür befand.
Wie gesagt: ich habe keine Ahnung, warum man sich genötigt fühlte, die Realität
derart zu verfälschen.
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Aufnahme <= 1945 Sammlung Matthias Gleisner
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