Nun liegt sie also hinter uns, die Wahl des Bürgermeisters von Senftenberg. Zumindest der erste Anlauf. In wenigen Tagen erfolgt aufgrund
des Endergebnisses eine Stichwahl zwischen den beiden Erstplatzierten, die in der Tat nur mit einem sehr kurzen Abstand nacheinander die Ziellinie überquerten.
Ich gestehe, daß ich bislang von beiden nicht so wirklich überzeugt bin, weshalb ich auch keinen von ihnen gewählt habe. Vielleicht liegt es
daran, daß beide, Nadine Hönicke wie auch Andreas Pfeiffer, keine "echten" Senftenberger sind. Während Herr Pfeiffer im seit 2001 eingemeindeten
Hosena, welches historisch betrachtet, nie zu Senftenberg gehörte, wohnt und arbeitet, befindet sich der Lebensmittelpunkt von Frau Hönicke in Groß Koschen.
Das Dorf wurde zwar ebenfalls erst 2001 eingemeindet, geschichtlich und geografisch gehört Groß Koschen jedoch um einiges mehr zu Senftenberg als man
dies für Hosena sagen kann. Nicht nur deswegen, wird man hier auf www.gruss-aus-senftenberg.de vergebens nach Ansichtskarten oder Fotos aus Hosena suchen.
Gleiches gilt für einen weiteren Senftenberger Ortsteil, Peickwitz.
Groß Koschen liegt mir, wie gesagt, "näher", was sich ggf. in meinem Wahlverhalten niederschlagen wird. Egal wer es wird: der neue Bürgermeister erbt die
(un-)dankbare Aufgabe, während seiner achtjährigen Amtszeit, die Feierlichkeiten zur 750. Wiederkehr der Ersterwähnung Senftenbergs zu organisieren und
durchzuführen. Bis 2029 sind es nunmehr nur noch gute 6 Jahre, wovon für meinen Geschmack schon 2 Jahre vertrödelt wurden, denn am 9. September 2020
erhielt folgender Beschluß der Stadtverordnetenversammlung die Aktennummer 056/20:
Die Stadtverordnetenversammlung Senftenberg beauftragt den Bürgermeister in Vorbereitung des 750-jährigen Jubiläums der Ersterwähnung Senftenbergs im Jahr
2029 eine Stadtchronik erarbeiten zu lassen, in der die neuen Erkenntnisse der Geschichtsforschung einfließen und besonders die historische Entwicklung
Senftenbergs im 20. und 21. Jahrhundert aufgearbeitet wird.
Die dazu notwendigen Beauftragungen sowie die Drucklegung sind durch Beschlüsse der Stadtverordnetenversammlung bestätigen zu lassen.
Die Stellungnahme der Verwaltung hierzu lautete wie folgt:
Die Erarbeitung bzw. Fortführung einer Stadtchronik ist eine populärwissenschaftliche Arbeit zur Orts- und Regionalgeschichte.
Eine bloße Fortschreibung der bereits mehr als 100 Jahre alten Chronik ("Chronik der Stadt Senftenberg und der zum ehemaligen Amte
Senftenberg gehörigen Ortschaften" von Johann Gottlieb Paulitz stammt aus den Jahren 1892 bis 1923) ist dabei eine besondere
Herausforderung und im Grunde kaum möglich. Sprache, Aufbau, Gestaltung und die Bearbeitung
historischer Fakten der sog. Paulitz-Chronik entsprechen der damaligen Zeit und sind für die heutigen
Zielgruppen natürlich nicht mehr unbedingt zeitgemäß. Dennoch bildet die Paulitz-Chronik für die Stadt
Senftenberg eine fundierte Basis für eine Neugestaltung und Fortschreibung der Senftenberger
Stadtchronik.
Die Beauftragungen für die Erarbeitung einer Chronik für die Stadt Senftenberg sollte auf der Grundlage
eines Konzeptions- und Gestaltungswettbewerbs erfolgen, welcher öffentlich auszuloben ist und dessen
Teilnehmerkreis gebeten wird, eine Konzeption einzureichen. Gleichzeitig ist der Teilnehmerkreis
aufzufordern, Referenzen bzw. Arbeitsproben zu regionalgeschichtlichen Abhandlungen vorzulegen.
Beizubringen ist auch eine Kostenkalkulation für die Erarbeitung der Chronik.
Den Wettbewerbsteilnehmer*innen sollte ein, unter noch zu definierenden Voraussetzungen, pauschaler
Aufwendungsersatz für die Teilnahme am Verfahren gewährt werden.
Eine von der Stadtverordnetenversammlung zu bestimmende Jury könnte dann aus den
Wettbewerbsbeiträgen einen Vorschlag zur Beauftragung erteilen, der der
Stadtverordnetenversammlung zur Beschlussfassung zugeleitet wird.
Die Abwicklung der Beauftragung wäre auch über ein befristetes „Stadtschreibermodell“ denkbar, bei
welchem die/der Autor/in bei der Stadt Senftenberg projektbezogen beschäftigt wird.
Tja, und dabei blieb es bisher auch. Ich fragte vor einem Jahr, zum 1. Geburtstag des Beschlusses, in einer Ausschußsitzung, ob
denn das "Baby" mittlerweile das Laufen gelernt hätte. Neben verschämtem Wegducken ("ach da war ja was") der meisten Ausschußmitglieder
kamen seitens der Verwaltung lediglich Ausflüchte und vage Ankündigungen. Ich habe es mir erspart, zum 2. Geburtstag des mittlerweile im
KiTa-Alter befindlichen Kleinkindes öffentlich zu gratulieren. Wer weiß, vielleicht muß ich ja in zwei, drei Jahren, wenn man das Projekt
einen Gnadentod sterben lässt, kondolieren!?
Ob die oder der zukünftige Senftenberger Bürgermeister(in) das Stadtjubiläum nebst Fort-/Neuschreibung der Chronik bereits auf dem Schirm
hat oder erst bei Übergabe der Amtsgeschäfte (wenn überhaupt!) gebrieft wird, entzieht sich meiner Kenntnis. Beide Kandidaten sind jedenfalls
heimathistorisch bislang nicht sonderlich in Erscheinung getreten. Aber von welchem bisherigen Senftenberger Bürgermeister kann dies schon
behauptet werden? Insofern befände man sich in guter Gesellschaft.

Übrigens: zur 700-Jahrfeier im Jahre 1979 hatte Senftenberg mit Hannelore Wagner schon einmal eine Bürgermeisterin. Wie man hörte, kam während ihrer
Amtszeit so einiges Historisches unter die Räder, bzw. konnte nur durch beherztes Eingreifen anderer im letzten Moment gerettet werden. Falls Frau Hönicke als zweite
Frau die oberste Position der Senftenberger Stadtverwaltung einnimmt, wünsche ich mir von ihr, daß so etwas nicht wieder passiert. Gleiches gilt natürlich
auch für den männlichen Mitbewerber, Herrn Pfeiffer. Stattdessen sollte viel mehr dafür getan werden, die Historie unserer Stadt und deren Ortsteilen
umfassend aufzuarbeiten und die Ergebnisse dessen allen Interessierten zentral und leicht zugänglich zur Verfügung zu stellen.
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Okay, lange Rede - kurzer Sinn, Herr Pfeiffer mag es mir nachsehen, aber Hosena ist nicht mein Pflaster, widme ich die aktuelle Woche dem Heimatort der
Kandidatin Nadine Hönicke, dem Senftenberger Ortsteil Groß Koschen. Dabei steigere ich von oben nach unten den Schwierigkeitsgrad hinsichtlich der
heutigen Verortung. Vermutlich stellt dies nicht nur für die Kandidatin ein Problem dar...
Die rechts abgebildete Zweibildkarte ist dabei noch von der
einfachen Sorte. Die untere Abbildung, mit "Straßenansicht" umschrieben, stellt sich
heutzutage im Grunde noch immer so dar.
Auf der oberen Abbildung erkennt man ganz links,
den Gasthof "Zum Krug", der ja nun auch endlich saniert werden soll. Den beiden Gehöften mittig
und rechts, von letzterem erfahren wir hier, daß sich dereinst darin die "Posthilfsstelle"
des Dorfes befand, wurde diese Behandlung leider nicht zuteil. Sie wurden durch Neubauten
ersetzt.
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Photogr. u. Verlag v. Herm. Meyer, Senftenberg. 1009 Aufnahme <= 1912 Sammlung Hans-Jürgen Lucas
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Friedr. Schötz, Gr. Koschen 3107 3 60 49 817 e Aufnahme <= 1917 Sammlung Matthias Gleisner
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Den Titel Koschenberg b. Senftenberg findet man auch auf dem dritten und letzten Stück für heute. Nach einiger Überlegung
bin ich zu dem Urteil gekommen, daß der Schriftzug auf der Bildseite der einzige Bestandteil der Produktion ist, der einen Bezug
zu Senftenberg/Groß Koschen darstellt...
Es wurde an anderer Stelle schon einmal über den geplanten Bau eines sogenannten "Bismarckturmes"
auf dem Koschenberg berichtet.
In seiner Ausgabe vom 15. März 1903 enthielt der Senftenberger Anzeiger einen zweispaltigen Textbeitrag, der unter dem Titel "Der Bismarckthurm auf dem Koschenberge."
die Leserschaft erstmals(?) darüber informierte, daß man in Kreisen der hiesigen Veteranen- und Kriegervereine beabsichtige
auf dem Berg einen Bismarckturm zu errichten. Auf einer Vereinsversammlung, die in Calau stattfand, entschied man sich in einer Abstimmung
jedoch, da Senftenberger Vetreter wohl in der Minderzahl waren, die Planung zugunsten eines Standortes in der Nähe Calaus zu verändern. Ungeachtet
dessen trieb man das Koschenberg-Projekt hier vor Ort weiter voran. Man gründete ein Kommitee, welches hauptsächlich damit
beschäftigt war, die erforderlichen 18.000 Mark einzusammeln. Dies war in Folge nur mäßig von Erfolg gekrönt, so daß das Projekt im Laufe
des Jahres sang- und klanglos von der Bildfläche verschwand. 1907 wagte man wohl einen zweiten Anlauf, der jedoch ähnlich kläglich
scheiterte. Jedenfalls kam das Bauwerk nicht über eine grobe Planung hinaus.
Ich behaupte, daß die bildliche Darstellung auf der Ansichtskarte nicht einmal einen frühen Planungsstand illustriert. Ich habe ein Exemplar
dieser Karte gesehen, welches mit 21.04.1903 datiert wurde, also vier Wochen nachdem in der Presse über das Vorhaben informiert wurde.
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WILHELM HOFFMANN AG DRESDEN Aufnahme <= 1903 Sammlung Hans-Jürgen Lucas
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Der Absender der Karte hatte zu diesem Zeitpunkt schon "Koschenberg" durchgestrichen und handschriftlich durch "Cabeler" (Berge) ersetzt, also
den bei besagter Versammlung favorisierten Standort südlich von Calau. Die kurze Zeitspanne zwischen Bekanntgabe des Vorhabens und dem Auftauchen dieser
Ansichtskarten legt für mich den Verdacht nahe, daß der Entwurf des Dresdener Architekten von Mayenburg (seinen Namen verbinden wir hierzulande
mit Entwurf und Errichtung der Kolonie Grube Marga ab 1906) eher eine Art "Musterentwurf" und nicht zwingend auf den Koschenberg oder die
Cabeler Berge zugeschnitten war. Letzteres wurde übrigens ebensowenig umgesetzt.
Was die Ansichtskartenproduktion selbst angeht, so ist diese ziemlich selten. Ich musste bis vor einigen Tagen ausharren, bis ich endlich ein Original
in meinen Händen halten konnte. Zweifellos handelte es sich dabei um dasselbe Stück, welches anno 1993 in dem Buch "Senftenberger See - Historische
Wanderung durch..." reproduziert wurde. Dort jedoch beschnitten und in schwarz/weiß um die zahlreichen Beschädigungen zu kaschieren. Ob sie aber vor
30 Jahren schon einlaminiert war? Vermutlich nicht und es wäre besser gewesen, dies in Folge auch nicht zu tun.
Ich kann jedem nur dringend abraten, historische Dokumente wie Fotos, Ansichtskarten, Urkunden usw. usf. zu laminieren. Dieser Prozess ist nämlich irreversibel.
Ohne Schäden kann ein so behandeltes Dokument nämlich nicht wieder aus der Plastikhülle entfernt werden! Ich habe den Versuch unverzüglich abgebrochen, als
ich gewahr wurde, daß ich damit die Bildfläche unwiederbringlich zerstören würde. Gleiches gilt übrigens auch für die Vierbildkarte weiter oben. Zähneknirschend
aber angesichts der Seltenheit beider Stücke doch irgendwie froh, musste ich die laminierte Version scannen, was zu einer leichten Unschärfe der Grafik führte.
Nicht dramatisch, aber in meinen Augen nicht ganz so scharf wie eine Vorlage ohne Plastikbeschichtung.
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