Apropos keine gute Idee, apropos Erfolgsmodell:
Hin und wieder aber nicht sehr oft werde ich gefragt, ob das was ich hier treibe eine gute Idee war oder ist, quasi ein Erfolgsmodell darstellt,
das man ganz oder teilweise adaptieren sollte. Diese Fragen kommen fast ausschließlich aus Sammlerkreisen, fast nie von traditionellen Heimatforschern.
Von solchen aus der näheren Umgebung schon mal gar nicht.
Tja, was soll ich sagen?
Wenn man sich gerne jede Menge Arbeit aufhalsen möchte, mit seiner Zeit sowieso nichts besseres anzufangen weiß, finanzielle Kosten
ohne Aussicht auf Amortisierung nicht scheut und keinerlei Erwartungen hinsichtlich Anerkennung oder gar Dank (mehr) hat, dann kann
man es genau so machen.

Muß man aber nicht unbedingt. Zwischen Nichtstun und dem Arbeitspensum, das ich bewältige, liegen nämlich einige Abstufungen. Auch die Realisierung
von Teilschritten ist schon ein Stück des Weges. Der Aspirant sollte abwägen, ob er folgende Arbeitsschritte tatsächlich alle ausführen möchte:
- Anlegen und Führen einer eigenen physischen Sammlung
- Erschliessen fremder Quellen (andere Sammler, Museen, Archive, "normale" Privatpersonen mit manchmal nur einem interessanten Stück usw. usf.)
- Digitalisierung (Scannen) der analogen Stücke (eigene/fremde)
- Katalogisierung der Digitalisate (Provenienz, Datierung etc.)
- Restaurierung der Digitalisate mittels Grafiksoftware (Photoshop o.ä.)
- Aufbau und Unterhalt einer Online-Präsenz (selbst programmiert oder Nutzung von professionellen "Baukästen", incl. Kosten für Webspace)
- als reine Darstellung mit wenigen bis keinen Zusatzinformationen
- erweitert um Hintergrundinformationen technischer und/oder geschichtlicher Natur (hierfür ist das Öffnen zusätzlicher Quellen unabdingbar)
- "Klappern gehört zum Handwerk" - Werbung in eigener Sache über die Online-Präsenz hinaus in sozialen Netzwerken, mit Hilfe von Flyern,
Projektteilnahme (Bücher, Ausstellungen etc.), Mitgliedschaft in Vereinen oder Netzwerken, Kontaktpflege
- praktisch ständig "auf Empfang" sein (Abgrasen von Online-Händlern oder Auktionen, Augen und Ohren offen halten, wer, wo, was offeriert, sowohl Sammelobjekte
wie auch "Sekundärmaterial")
- Flohmärkte und Sammlerbörsen besuchen, "Hausbesuche" machen
Das wären aus meiner Sicht die wesentlichen Punkte dessen, was ich im Rahmen von www.gruss-aus-senftenberg.de betreibe. Es gibt sicher noch weitere Tätigkeiten
und die hier genannten werden auch nicht zwingend in dieser Reihenfolge abgearbeitet. In der Realität laufen die meisten Stränge parallel.
Ein Großteil dieser Tätigkeiten wird für einen langjährigen Sammler nichts Ungewöhnliches darstellen denn es gehört zu seinem täglichen Geschäft. Andere Dinge
dürften etwas anspruchsvoller sein da sie über das reine Sammeln hinausgehen.
In den vergangenen 15 Jahren habe ich so einige (Heimat-)Sammler kennengelernt: persönlich, virtuell oder aber nur durch stilles Beobachten. Deshalb habe ich vermutlich einen
ganz guten Überblick. Die schiere Abwesenheit vergleichbarer Projekte allein in der näheren Umgebung, die durchaus machbar wären, weil es einerseits genügend Material und andererseits auch eine Reihe von
Sammlern gibt (Ruhland, Lauchhammer, Hosena, Großräschen, Lauta, Hoyerswerda usw. usf.), sagt mir, daß nur sehr wenige "Kollegen" existieren, die mein Konzept teilweise adaptieren würden.
Von vollständig kann gar keine Rede sein! Ich kenne eigentlich nur ein einziges Beispiel wo jemand auf die gleiche Art und Weise praktizierte. Seine Internetseite ist
aber leider schon seit Jahren nicht mehr am Netz. Was zur Aufgabe führte, ist mir nicht bekannt. Vielleicht war der Macher irgendwann nicht mehr davon überzeugt, daß es ihn irgendwie
voran bringen würde. Vielleicht war es das fehlende Interesse der Allgemeinheit. Gar technische Probleme? Oder aber eine Mischung aus allem.
Es ist wohl so, daß die notwendige Kombination von Ansichtskarten-Sammelei und digitalen Fertigkeiten möglicherweise nur selten gegeben ist. Ich habe aufgrund meines beruflichen
Backgrounds diesbezüglich schon einmal einen Vorsprung. Vielfach bin ich nicht auf fremde Hilfe angewiesen und kann auftretende Probleme selbst lösen. Neben dieser relativen technischen Unabhängigkeit bin ich
auch inhaltlich nicht groß limitiert. Etwas das bei Verwendung "konventioneller" digitaler Kanäle wie sozialen Netzwerken (Facebook etc.) durchaus gegeben sein kann.
Fazit: ich würde es immer wieder genauso machen. Mit dem Zusatz: ich hätte viel eher damit anfangen sollen, dann wäre das Ganze möglicherweise noch erfolgreicher gewesen.
Ich hätte so vielleicht mehr "Konsumenten" und damit vielleicht auch mehr Kooperationspartner gewinnen können. Hinterher ist man immer schlauer.
Nun ist es aber so wie es ist und trotzdem wiegen die Benefits den hohen Einsatz doch halbwegs auf. Was so ein Benefit ist, ist natürlich subjektiv. Für mich zählt, daß ich durch die Art
und Weise von www.gruss-aus-senftenberg.de eine gewisse lokale Bekanntheit erlangt und damit Aufmerksamkeit auf mein Projekt gezogen habe. Mich haben Personen kontaktiert, die das so nicht
getan hätte, wenn ich nur so vor mich hin gesammelt hätte. Das Feedback - gerne auch Kritik! - führte dazu, daß ich im Laufe der Zeit einige Verbesserungen vornahm und mich darüberhinaus
inhaltlich stark entwickelte (man vergleiche "Neues 1" mit "Neues 632"!). Es entstanden insgesamt einige Partner- und sogar Freundschaften, die mich entweder einmalig mit Material versorgten
oder aber fortwährende Unterstützer sind.
Den Anspruch, daß sich das Ganze finanziell irgendwie positiv auswirken müsste, hatte ich nie. Anerkennung und Dank der lokalen Bürgerschaft hätte ich dagegen erwartet. Daß beides nicht
so üppig bei mir ankommt, liegt vermutlich an einem hierzulande sehr begrenzten Interesse an lokaler Historie. Was aber kein Alleinstellungsmerkmal von Senftenberg sein dürfte. Deshalb würde ich auch
keinem Fragesteller vorbehaltlos empfehlen "Ja, geh mit deinem Thema ins Internet! Das bringt dir Vorteile." Ja, es bringt im Zweifel mehr ein, als allein im stillen Kämmerlein seine Sammlung zu streicheln.
Aber es ist auch mit reichlich Arbeit verbunden und kann frustrierend sein, wenn man zwar öffentlich aber trotzdem ziemlich allein vor sich hin publiziert. Das muß man dann schon mögen.

Mein Rat: die Erwartungen immer schön flach halten! Wenn es ausschließlich darum geht, auf diesem Wege seine eigene Sammlung zu vergrößern, dann kann das auf lange Sicht und ggf. auf Umwegen funktionieren.
Kurzfristige Erfolge stellen sich eher nicht ein. Vielleicht sollte man erste Gehversuche zunächst in bestehenden "Systemen" wie z.B. thematisch passenden Facebook-Gruppen starten. Das kann ein niedrigschwelliger
Einstieg für Neulinge auf diesem Gebiet sein, da die technische Latte nicht ganz so hoch liegt. Nach meinen Beobachtungen spielt sich mittlerweile das allermeiste sowieso auf solchen technologischen Grundlagen
ab und im Zweifel erreicht man dort viel mehr Betrachter als mit Hilfe einer klassischen Internetseite wie www.gruss-aus-senftenberg.de. Doch letztenendes ist eine derartige Arbeitsweise wenig nachhaltig,
da der Nutzer quasi anderen Mächten ausgeliefert ist. Er hat kaum mehr Einfluss oder Garantien auf einen längerfristigen Bestand von Informationen. Aber ja, kann man durchaus machen. Es hängt am
Ende von der subjektiven Zielrichtung des Ganzen ab.
Aber noch einmal ganz deutlich: Heimatforschung muß heutzutage im Internet stattfinden wenn sie erfolgreich und nachhaltig sein möchte. Nur so ist es möglich, sich weiträumig zu vernetzen und Informationen
und Material zu verschneiden, zu verknüpfen, ja überhaupt erst einmal zu finden.
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