KLEIN & BESCHEIDEN WAR DER ANFANG UNSERES Am 3. Oktober 1907 war im >Senftenberger Anzeiger< die folgende Mitteilung zu lesen:
„Beim Magistrat war seitens des Herrn Lehrer Mingau die Ueberlassung des historischen PULVERTURMES auf dem SCHLOSSWALL zur Benutzung für SAMMLUNGEN VON ALTERTÜMERN, welche auf die Geschichte hiesiger Stadt Bezug haben, beantragt und sympathisch aufgenommen worden. Auch Kollegium erkennt dies an und tritt dem Beschlusse des Magistrats genehmigend bei.“Erst im Jahre 1932, als das bis dato im
SCHLOSS untergebrachte Gymnasium eine neue Unterkunft fand,
wurden alle im Erdgeschoss befindlichen Räume für Museumszwecke bereitgestellt.
Um die
MUSEUMSRÄUME zügig mit Altertümern zu füllen, startete der Vorstand wohlweislich schon am 18. Oktober 1907 mit einem
AUFRUF:
„Rastlos schnell eilt unsere Zeit dahin, fortwährende Aenderungen schaffend, Altes verwerfend, Neues wirkend…Ob es sich nicht lohnte,
ERINNERUNGEN an vergangene Tage und Stätten zu sammeln und für die Allgemeinheit zugänglich zu machen, dem Nachwuchs zu zeigen, wie manches früher aussah ? Wäre es nicht dankbar, planmäßig daran zu gehen, hier in
SENFTENBERG eine
SAMMLUNG zu schaffen, wie s an vielen Orten schon geschehen ist ?
Cottbus, Lübbenau, Forst, Guben besitzen bereits Museen für Altertümer –
HEIMATSMUSEEN.
Senftenberg mit seiner wechselvollen Geschichte, seinem veränderten Erwerbsleben, seiner an kulturhistorischen Objekten reichen Umgebung
hat noch kein derartiges Institut.
So manches VOLKSALTERTUM könnte der Vergessenheit entrissen und FÜR UNSEREN ORT erhalten geblieben sein, das von umherschwärmenden Händlern leider FORTGESCHLEPPT worden ist.Aber trotzdem ist unsere Stadt und Umgebung nicht so
ABGEGRAST, daß nichts mehr zu finden wäre. Es muß und wird auch bei uns dahin kommen, daß, wenn sich jemand solcher
SAMMLUNGSGEGENSTÄNDE entäußert, er sie lieber im
HEIMATMUSEUM pietätvoll aufbewahrt wissen will, als daß sie in die Hände der
ANTIQUITÄTENHÄNDLER kommen…
Über
DREI JAHRZEHNTE hinweg sammelte sich sehr viel Material an, was bei der Jubiläumsveranstaltung
1937 per
FESTGEDICHT gewürdigt wurde. Hier ein kurzer Ausschnitt:
„Was hier verwahrt, gesammelt ist in SCHRANK und TRUHEN,
ES LEBT! Es ist nicht tot für den, der selbst lebendig ist.
Es sind nicht TOTE DINGE, die hier ruhen!
Der GEIST DER HEIMAT ist’s, der tönend singt,
für den, der feine OHREN hat zu hören,
ein offenes HERZ, in dem es widerklingt.
Sie wollen weiter nichts, die tausend DINGE
und auch die stillen RÄUME, die sie hüten,
als nur den Sinn erfüllen der BEGRÜNDER
und all der MENSCHEN, die sich um sie mühten…“
30. Januar 1937:„Das
SENFTENBERGER HEIMATMUSEUM verdankt Oberstabsarzt Dr. Boeckler aus Hörlitz zwei wertvolle
URNEN, denen sich später noch eine dritte zugesellt hat. Eine vierte ist in Aussicht gestellt. Diese
URNEN sind bei
SORNO gefunden und stammen aus der jüngeren Steinzeit, 2000 v.Ch., sind also 4000 Jahre alt. Diese hochwertigen und formschönen Gefäße unserer Lausitzer Kultur sind einzigartig in der Welt.“
26. Januar 1937:„Sehr ergiebig war die
AUSSCHACHTUNGSARBEIT im
SCHLOSSPARK und beim
WACHTHÄUSCHEN:
Gefäßreste jener blauschwarzen Ware, die für die deutsche Frühzeit so bezeichnend ist, Reste von Schüsselkacheln, Füße von Tiegeln, glasierte Scherben, namentlich gelbe und grüne Glasur, doch auch schwarze und braune.
Im Grunde des
SPARKASSEN-ANBAUES wurde ein Topf mit >Krause< zu Tage gefördert. Noch ruhen im
SCHLOSSWALLGEBIETE (Goldfischteich) – wir dürfen das annehmen –
SCHÄTZE oben bezeichneter Art. Es wäre zu begrüßen, wenn sich Wege finden ließen, sie zu heben.“
Am
9. Februar 1937 zog das Heimatmuseum eine Bilanz über seine
SCHATZSAMMLUNG des zurückliegenden Jahres 1936:
Im Jahre
1937 wurden dem
HEIMATMUSEUM sehr viele
ALTERTÜMER geschenkt bzw. als Leihgabe übergeben. Ein wichtiger
GRUND dafür war u.a., dass just zu dieser Zeit der
REICHSLUFTSCHUTZBUND zu einer großen
DACHBODEN-ENTRÜMPELUNGSAKTION aufrief,
bei der dann viele, bislang unentdeckte „Museumsschätze“ ans Tageslicht kamen, wie die nachfolgende Meldung aus unserem Lokalblatt beweist:
20. März 1937:„Besucher unserer
HEIMATLICHEN SAMMLUNG werden über etliche wertvolle
ERWERBUNGEN erfreut sein. Von der Direktion der Anhalter Kohlenwerke ist dankenswerterweise ein
ALTERTÜMLICHER OFEN aus der alten Bratschick’schen Gastwirtschaft in
SAUO überwiesen worden.
Der Ofen ruht auf Holzfüßen und ist auch weißen Schüsselkacheln zusammengesetzt, die schlicht bemalt sind. Während ihm jahrelang in einer dunklen Bodenkammer ein verborgenes Dasein beschieden war, ist er jetzt ein
SCHMUCKSTÜCK DES MUSEUMSund wird viel bestaunt werden.
Aus
BAHNSDORF ist ein sogenannter
HAMBURGER OFEN übernommen. Mit
WAPPEN verzierte eiserne Seitenplatten, über denen sich weiße Kacheln aufbauen, geben ein ungewohntes Aussehen. Sobald ein passender Raum vorhanden ist, soll auch er zur Ausstellung gelangen.“
Am
17. April 1937 erging ein
>AUFRUF DES BÜRGERMEISTERS ZUR MITARBEIT<,
dem wir noch heute auf unserer Webseite Rechnung tragen:
„
BILDDOKUMENTE, die auf der photographischen Platte festgehalten werden, sind stets überzeugende
BEWEISE für nahezu alle Aeußerungen menschlichen Lebens und Treibens und darüber hinaus
GESCHICHTLICHE MERKMALE vergangener Zeiten.
Hierbei sei an
LANDSCHAFTSBILDER aus der Zeit vor der Entstehung des Braunkohlenbergbaues, an abgebildete
STRASSENZÜGE, denen neuzeitliches Wirken eine veränderte Gestalt gab, und an wichtige Ereignisse aus dem politischen und wirtschaftlichen Leben erinnert.
Sie alle ergeben,
WOHLGEORDNET & GESICHTET, einen anschaulichen Abriß von dem, was war…
Ich bitte daher,
BILDDOKUMENTE aller Art der Stadtverwaltung zum Erwerb oder zur Vervielfältigung geschenkweise zu überlassen oder zum Erwerb anzubieten und auch künftig bei sich bietenden Gelegenheiten auf die bildliche Festhaltung wichtiger Ereignisse besonderes Augenmerk zu legen, damit sie gleichfalls in das
STÄDTISCHE BILDARCHIV eingereiht werden können…“
Etwas verspätet, aber noch rechtzeitig, wurde in der
2. Mai-Ausgabe 1937 der Beilage >Aus der Heimat – für die Heimat<
über die
„VIER GEGENSTÄNDE DEUTSCHER VOLKSKUNDE“ aufgeklärt und so auf die Bedeutung der
HEIMATFORSCHUNG aufmerksam gemacht:
„Die
SACHGUTFORSCHUNG hat es wesentlich mit den sachlichen Formen des Wohnens und des Fest~ und Alltaglebens zu tun, angefangen mit der Siedlungsform und der Haus~ & Hofanlage, dem Wirtschafts~ & Arbeitsleben bis zur Volkstracht und jedweder handwerklichen Gestaltung des Gebrauches und des Schmuckes.
Die
ERZÄHLGUTFORSCHUNG umgreift alle Formen des mündlichen Berichtes, vor allem Märchen, Sage, Lied, Spiel, Schwank und Legende, sowie Fabel, Rätsel und Sprichwort bis hin zur einfachen Scherzfrage.
Die
BRAUCHTUMFORSCHUNG und
SINNBILDERKUNDE erstrecken sich vor allem auf Sitten und Bräuche, heilige Zeichen und Symbole im Leben~ & Jahreslauf, an Fest~ & Alltag.“
Am
8. September 1937 loderte nochmals das Feuer zum Thema
>ENTRÜMPELUNG< auf:
„Die jetzt im Gange befindliche
ENTRÜMPELUNGSAKTION fördert viele Gegenstände zu Tage, die, wenn sie in die richtigen Hände kommen, manche Freude erwecken können. Dabei werden sicher bei dem einen oder anderen Einwohner Senftenbergs & Umgebung
DINGE zutage kommen, die für ihn wenig Wert haben, die aber umso wertvoller für unsere
HEIMATGESCHICHTE sind.
Man werfe also alte Schriftstücke, Bilder, Bücher und Gerätschaften, die
HEIMATKUNDLICHEN WERT vermuten lassen, nicht achtlos beiseite, sondern benachrichtige das städtische Verkehrsamt, Kaiser-Friedrich-Straße 1. Besonders erwünscht wären
DINGE & SACHEN, die mit Senftenberg als ehemaliger
WEINSTADT Beziehung haben…"
Als
ORIENTIERUNGSHILFE wurde im >Senftenberger Anzeiger< gleich noch eine
>SUCHLISTE< veröffentlicht:
(Um die
GRÜN-unterlegte
RUBRIK kümmert sich mithin unsere Webseite
>GRUSS-AUS-SENFTENBERG<Hatte man bislang zuvorderst die
STADTBEWOHNER im
SAMMEL-VISIER,
wurde am
22. Oktober 1937 auch die
DORFBEVÖLKERUNG in die Initiative einbezogen:
ERHALTET DEUTSCHES KULTURGUT(Aufruf des Reichsbauernführers zur Entrümpelungsaktion)
„Auf den
BODEN & DACHKAMMERN unserer
HÖFE lagern vielfach die wertvollsten
DOKUMENTE, Familienpapiere und Flur~ und Hofkarten.
Irgendein
VORFAHR oder Vorbesitzer hatte sie gesammelt, oft in mühseligster Lebensarbeit; später wurden sie dann in einen
SCHRANK oder einer alten
TRUHE, vielleicht auch nur in einer
KISTE, auf dem Boden abgestellt und gerieten mit der Zeit in Vergessenheit.
Dort lagern sie heute, den jetzigen Besitzern oftmals gänzlich unbekannt.
Aber nun fordert der
LUFTSCHUTZ die
ENTRÜMPELUNG.
Damit entsteht die große Gefahr, daß wertvolles
URKUNDENMATERIAL oder unersetzbare
FAMILIENPAPIERE der Vernichtung anheimfallen.
Das darf nicht sein. Daher fordere ich die
LANDBEVÖLKERUNG dringend auf, nicht gedankenlos ihre Böden und Dachkammern zu entrümpeln, sondern vorher
AUSSCHAU nach alten
DOKUMENTEN zu halten, um deutsches
KULTURGUT nicht sinnlos zu zerstören…“
Abschließend ein Sprung in die DDR-Zeit, in der am
19. Mai 1964 in der >Lausitzer Rundschau< ein begeisterter Herr Otto Klemtz von einer
EXKURSION der Jugendweiheteilnehmer der OS II aus Lauchhammer-Mitte in das
HEIMATMUSEUM in Senftenberg berichtete:
„Ich war einfach sprachlos, als wir die ersten Räume betraten. Wie hat sich doch unser HEIMATMUSEUM im guten Sinne verändert.
Das war der erste Gedanke, und mit ihm kam die Neugier, was es Neues zu entdecken gibt. Da kann man nur ehrlich sagen:
‚Alle Achtung vor den fleißigen Helfern, die uns diese Stätte geschaffen haben.‘
Alles, was aus der FRÜHZEIT der Bewohner der Niederlausitz, seiner Ureinwohner, stammt, hat hier eine eindrucksvolle Heimat gefunden.
In Gedanken sieht man Mädchen und Frauen am SPINNRAD, wird daran erinnert, wie ärmlich doch einmal, wenn auch sehr sauber, unsere Vorfahren gelebt haben. Die BAUERNSTUBE mit den verräucherten Deckentragbalken, die metallenen MÖRSER, in denen einmal Korn u.a. zerstoßen wurde, die HOLZBÄNKE und groben STÜHLE sowie der alte KACHELOFEN, TRUHEN, KINDERWIEGE & ~WAGEN, alles das vermittelt uns die Vergangenheit und läßt den gewaltigen Fortschritt von heute erkennen…“Wenn ich nun noch in Erfahrung bringen könnte, wo die historischen
LADENEINRICHTUNGEN der
DROGERIE STROTZER bzw. der
HÖRLITZER APOTHEKE Unterschlupf fanden, wäre mir historisch-lokalpatriotisch wohler
– allerdings noch wärmer ums Heimatforscherherz würde mir beim Anschauen der
50 DIAPOSITIVE der
MÜHLEN vom Amt Senftenberg werden,
die in der Übersicht "Schätze..." aufgelistet sind…
