„So befestigen wir denn GRÜNE BIRKENZWEIGE ALS ZEICHEN DES FRÜHLINGS
& ZUR EHRUNG DER PFINGSTFEIER an Fenster und Thür, daß sie die Straße hinauf~ und hinabsehen, ein fröhliches Bild, von frohen Insassen im Hause kündend…“ So ermunterte im Jahre 1900 der >Senftenberger Anzeiger< die Bürgerschaft,
ihre Haus~ & Hofeingänge zum bevorstehenden
PFINGSTFEST mit
BIRKENGRÜN zu schmücken.
Da ich schon unter
NEUES 130 & 229 über einige
PFINGSTBRÄUCHE berichtet habe, sollen heute die für dieses Fest typischen
BIRKENBÄUMCHEN im Mittelpunkt stehen. Ich habe mich daher in der zeitlichen Dekade 1900 – 1910, die auch mein Administrator für seine Dokumentation verwendete, im einstigen Lokal-Anzeiger umgeschaut, und bin dabei in den alljährlichen Pfingst-Kolumnen auf folgende
TEXTSTELLEN gestoßen:
„In den Straßen tauchen die Händler mit PFINGSTMAIEN auf, den herrlichen grünen BIRKENZWEIGEN,
mit denen wir Haus und Hof schmücken, einen schönen BRAUCH, den wir nicht missen möchten…“ (1903)
„PFINGSTEN, auf das wir uns lange gefreut haben, ist nun da.
Die Zimmer tragen das Wahrzeichen dieses Festes, den MAIENSCHMUCK, ein Stückchen Natur in der engen Behausung.
Würziger Geruch entströmt den frischen, jungen BIRKENBLÄTTERN, begierig wird er eingesogen…“ (1904)
„PFINGSTEN steht vor der Tür, und ist es auch nicht mehr das erste, wunderholde MAIENGRÜN, in dessen reizvollem Kleide sich das liebliche Fest darbietet, es ist die anmutige FEIER voll freudiger Stimmung, die Hunderttausende hinauseilen läßt in die herrliche Gotteswelt, zu singen und zu jubeln, voll Dank und in froher Hoffnung auf glückliche Tage auch in weiterer Frist. Die frischen BIRKENZWEIGE, mit denen wir gern Tür und Fenster kränzen, bezeugen,
daß jetzt die rechte, frische LEBENSLUST ihre Zeit haben soll, es ist ein Gruß der ewigen Natur und Schöpfer-Allmacht, ein Gruß von PFINGSTEN.
Alles strebt ins Freie, die wenigen Tage auszunützen, und es fehlt nirgendwo an Gelegenheit, die herzliche FREUDE groß und laut werden zu lassen. So schön ist die Welt, und allen bieten FLUR & WALD dieselben Gaben. Jedem bietet PFINGSTEN, was er wünscht, dem lebensfrohen und dem ernster gestimmten Menschen. Und so wird hoffentlich auch der Himmel allen PFINGSTWANDERERN ein sonniges, lachendes Gesicht zeigen, wie es zu den FEIERTAGEN nun einmal gehört.“ (1906)Im Jahre 1908 erschien eine ausführliche
PFINGSTBRAUCH - BESCHREIBUNG:
„Der liebliche BRAUCH, zu PFINGSTEN Häuser und Wohnungen mit Bäumen und Zweigen der BIRKE zu schmücken,
geschieht nach der alttestamentarischen Mahnung: ‚Schmückt das Fest mit MAIEN.‘
Ursprünglich fand man diese SITTE nur auf dem Lande vor, im Laufe der Zeit hat sie sich aber auch in den Städten eingelebt. Man schmückt Straßen und Kirchen mit GRÜN; hin und wieder sieht man auch wohl mit PFINGSTMAIEN geschmückte Lokomotiven und Touristenwagen durchs Land ziehen.
Schon im 13. Jahrhundert wird die BIRKE als PFINGSTBAUM in Urkunden erwähnt. Man sandte einen mit PFERDEN bespannten WAGEN in den WALD hinaus, um so viel BIRKENMAIEN zu holen, wie die Pferde ziehen konnten. Mit Musik und Freudengeschrei ging’s in die Stadt hinein.
Hier verteilte der mit einem KRANZE geschmückte MAIGRAF die BIRKENZWEIGE an alle Stadtbeamte und Bürger und ließ auch die Kirchentüren mit denselben verzieren. Für diese seine SPENDE belohnte ihn dann der Magistrat – er wurde bei Trompeten~ & Paukenschall in den RATSKELLER geführt und aufs Beste bewirtet.
In ganz Deutschland besteht noch der PFINGSTBRAUCH, daß der BURSCHE als Zeichen der Zuneigung seiner BRAUT einen PFINGSTBAUM vor die Wohnung setzt, wohl auch seinen Namen in die Rinde des Baumes einschneidet.
Die jungen Birkenzweige & ~bäumchen führen allgemein den Namen >MAIEN<. Über die Ursache des Brauches, daß die BIRKE am PFINGSTFESTE im deutschen Volke eine solch hervorragende Stellung einnimmt, ist schon oft gestritten worden. Am einfachsten und naheliegendsten ist die ERKLÄRUNG,
daß, wenn im FRÜHLING der WALD sich belaubt, die BIRKE mit ihren lichtgrünen Blättern –
die JUNGFRAU DES WALDES oder die FRAU MIT DEM GRÜNEN SCHLEIER – wie die Dichter sie nennen, uns zuerst ins Auge fällt.“Abschließend sei noch schnell erzählt, was es mit dem sogenannten
>LIEBESMAIEN< auf sich hat:
Der
BRAUCH des
PFINGSTBAUMPFLANZENS hat eine lange Tradition und geht auf die alten Germanen zurück, die sich durch das Aufstellen des Baumes vor den bösen Geistern schützen wollten. Im Frühjahr zogen die unverheirateten Männer in den Wald, um junge
BIRKEN zu fällen, sie mit farbenfrohen Bändern, Fähnchen, Schleifen und einer Krone zu schmücken und dann an den
HAUSTÜREN zu befestigen.
Das taten sie allerdings nur bei den
HÄUSERN, in denen
„JUNGFRAUEN“, später auch gemeinhin
„LEDIGE FRAUEN“ wohnten.
Heutzutage fahren in einigen Dörfern die Burschen zu Pfingsten in den Wald Birken holen. Dabei hebt man die Stimmung mit einem Glas Bier oder Wein und kehrt danach gut gelaunt mit den
PFINGSTBÄUMEN ins Dorf zurück, wo jeder
VERLIEBTE JUNGE an das Haus der Freundin, Liebsten oder zukünftigen Braut einen frischen Birkenast, den sogenannten
>LIEBESMAIEN<, mit einem Herzchen und dem Namen der Angebeteten als Symbol der Zuneigung oder heimlichen Liebe befestigt. Damit sollten Heiraten in der Fremde verhindert werden, um die Strukturen in den bäuerlich geprägten Dörfern zu erhalten.
Einen Monat steht dieser
LIEBESMAIEN dann vor der Haustür der Angebeteten, bevor der Aufsteller seinen Baum wieder abholt – und auf eine Belohnung hofft. Stimmt die Chemie zwischen den beiden, lädt das Mädchen den Jungen auf ein
ESSEN ein, oder gibt ihm gleich einen vielversprechenden
KUSS.
Verschmähte Mädchen freuen sich selbstredend kaum über einen sogenannten
>SCHANDMAIEN<, der beispielsweise aus dem kahlen Gerippe eines ehemaligen Christbaums besteht.
Nicht mehr beliebt zu sein, ist eine ganz große Katastrophe. Man kann nicht mehr mitreden, mittuscheln, gehört nicht mehr zu den angesagten „Dorfschönheiten“. Deshalb wird schon ab Neujahr darauf hingearbeitet, einen
LIEBESMAIEN zu bekommen…
In manchen Dörfern werden die jungen
BIRKEN auch an alle übrigen
DORFBEWOHNER verteilt, wobei dieser zumeist von örtlichen Vereinen gepflegte
BRAUCH oftmals hochprozentig und musikalisch gepflegt wird.
Die "
PFINGSTBAUMPFLANZER" erhalten nämlich alkoholische Getränke, Essen oder kleine Geldspenden,
für die sie sich gern mit einem fröhlichen
LIED bedanken.
Bleibt mir nur noch, allen ein
FROHES PFINGSTFEST IN FAMILIE zu wünschen – eventuell, wie auf den nachfolgenden
POSTKARTEN empfohlen,
mit einem
PFINGSTAUSFLUG zu Fuß, per Boot, Kutsche, Automobil oder Omnibus.
Schon 1901 konnte man diesbezüglich im >Senftenberger Anzeiger< lesen:
„Die Pfingstfeiertage haben Hunderttausenden Stunden froher Wanderung und Fahrt im herrlichen MAIENGRÜN bescheert.
Die Landstraßen zeigten festfrohe Spaziergänger und Radler, die Eisenbahnzüge waren überfüllt…“Na, mal sehen, was die >Lausitzer Rundschau<
NACH DEN FEIERTAGEN zu berichten hat…
