Die Religion der Germanen

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Christian neu in SFB
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Die Religion der Germanen

Beitragvon Christian neu in SFB » So 3. Mär 2024, 10:43

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Religion der Germanen: Wehrhafte Götter mit irdischem Schicksal

Die Germanen, eine Vielzahl von Stämmen im Ostseeraum, in Norddeutschland und in Südskandinavien, hatten zwar verwandte Sprachen und ein gemeinsames Weltbild, aber keine hochstehende Schriftkultur wie etwa Römer und Griechen.
Neben einer Vielzahl archäologischer Funde unterrichten uns vor allem antike Autoren wie Caesar, Tacitus, Jordanes und Prokop über die germanische Religion.
Daneben gibt es aus dem frühen Mittelalter Berichte von christlichen Missionaren und Historikern sowie einige Runentexte und in der frühmittelalterlichen Zeit aufgezeichnete Zaubersprüche wie zum Beispiel die »Merseburger Zaubersprüche« und die Heldenepen.

Die Hauptquelle germanischer Mythologie und Religion sind jedoch die isländischen Sagas, vor allem die Edda (»Poetik«) des isländischen Dichters Snorri Sturluson (1178 bis 1241) sowie die so genannte »Lieder-Edda«, die um die gleiche Zeit von einem anderen Autor aufgezeichnet wurde. In der Religion der Germanen sind auch zahlreiche Fremdeinflüsse zu finden.

Die verschiedenen germanischen Götter teilten sich in zwei Gruppen, die Asen und Vanen genannt wurden und deren beide Wohnsitze die Götterburg Asgard war.
Die wichtigsten Götter der Asen waren Odin/Wotan, Thor/Donar und Tyr/Ziu.

Der einäugige Odin war der Gott der Schlachten und des Krieges, aber auch der Weisheit. Er ritt auf seinem achtfüßigen Ross Sleipnir und auf seinen Schultern saßen die Raben Hugin (»Gedanke«) und Munin (»Gedächtnis«). Der in seinem von Böcken gezogenen Wagen fahrende und den Hammer Mjölnir schleudernde Thor trug dagegen bäuerlich-derbe Züge.
Als Gott des Gewitters und des Regens verband sich mit ihm auch ein Fruchtbarkeitsaspekt. Neben diesen beiden Göttern nahm der Kriegsgott Tyr eher eine untergeordnete Rolle ein.

Die Vanen hingegen, die durch einen starken Bezug zu Reichtum und Fruchtbarkeit charakterisiert waren, wurden unter anderem von den Göttern Njörd, seinem Sohn Freyr und dessen Schwester Freya repräsentiert. Letztere wurde oftmals mit der Gemahlin Odins, Frigg/Frija, identifiziert, die die Göttin der Ehe und der häuslichen Arbeit war.

Neben zahlreichen anderen Gottheiten sind vor allem noch der verschlagene Loki und der Lichtgott Baldur zu nennen. Ersterer zeugte die Unterweltsgöttin Hel sowie den Fenriswolf und die Midgardschlange. Durch Lokis Machenschaften kam Baldur ums Leben, der fortan sein Dasein in der Unterwelt fristete.

Ähnlich wie bei Griechen und Römern trugen die germanischen Götter menschliche Züge, und ebenso wie die Menschen waren sie ihrem unabänderlichen Schicksal unterworfen, dessen Fäden von den drei Nornen an den Wurzeln der Weltesche Yggdrasil gesponnen werden. Bei dieser handelte es sich um die kosmische Weltachse, die den unterirdischen, irdischen und überirdischen Bereich miteinander verband. Auch die Götter waren sterblich – am Tage der Götterdämmerung.

Götterdämmerung
Es handelt sich dabei um eine Art Apokalypse. Die Menschen gelangten nach ihrem Tod in das unterirdische Reich der Hel, in dem sie ein tristes Dasein führen müssen.
Die im Kampf gefallenen Krieger hingegen zogen in Walhall ein, erfreuten sich dort eines Lebens im Überfluss und übten ihr Waffenhandwerk.
Dies sollte erst mit der Götterdämmerung (Ragnarök) enden, wenn sie zusammen mit den Göttern in der entsetzlichen letzten Entscheidungsschlacht gegen die Riesen kämpfen.

In dieser Schlacht würden schließlich die ganze Welt und auch die Götter untergehen. Auf diesen Untergang sollte jedoch die Neuentstehung der Welt und der Anbruch eines goldenen Zeitalters folgen.

Neben den Hauptgöttern gab es eine große Zahl von Zwergen, Riesen, Geistern und Elfen.

Die Verehrung der germanischen Götter erfolgte zumeist im Freien, an heiligen Plätzen und Hainen.
Erst in späterer Zeit wurden vereinzelt Kultbauten errichtet, wie etwa der wikingerzeitliche Tempel von Uppsala in Schweden. Heilige Bäume (Donareiche, Irminsul) galten wohl als Symbol der Weltachse Yggdrasil.

Wer sich den Mythen der germanischen Völker und Stämme nähern will, ist auf sehr unterschiedliche Quellen angewiesen, von denen die wenigsten als authentisch zu bezeichnen sind.
Zwar können wir auf archäologische Funde zurückgreifen, etwa bronzezeitliche Felsritzungen oder mittelalterliche Amulette aus dem nordischen Raum, die von den Germanen selbst zu kultischen Zwecken gefertigt wurden.

Schriftliche Quellen aus der germanischen oder altnordischen Kultur sind dagegen ausgesprochen dünn gesät, da die Schriftlichkeit erst mit der christlichen Missionierung Einzug hielt, die ihrerseits die alten Mythen unterdrückte.


Über 1000 Jahre jünger sind die isländischen Liedersammlungen des Dichters Snorri Sturluson und die dem Saemund zugeschriebene »Lieder-Edda«.
Sie entstanden zwar im ehemals altnordischen Kulturraum, sind aber bereits stark von fremdem, das heißt christlichem Gedankengut beeinflusst.

Am Anfang der Welt standen die Riesen. Nach den isländischen Überlieferungen herrschte am Anfang der Zeiten nur ein gewaltiger Abgrund, der als Ginnungagap bezeichnet wird.
Dann erschienen die Länder Niflheim (Nebelheim) und Muspelheim. Das eisig kalte Niflheim (es wurde später mit der Welt der Toten gleichgesetzt) befand sich im Norden, während das brennend heiße Muspelheim im Süden lag. In Niflheim gab es eine Quelle, aus der sich elf kalte Ströme speisten, die zu Eis erstarrten und über die sich giftige Nebel legten.

Eine ähnliche Version liefert Tacitus in seiner »Germania«: Der aus der Erde geborene, ebenfalls zwitterhaft gedachte Gott Tuisto hat einen Sohn namens Mannus.
Auch dieser hat drei Söhne, Yng, Ermin und Ist, auf die sich die germanischen Stämme der Ingävonen, Hermionen und Istävonen zurückführen.

Die Götter erschufen die Welt. Odin, Vili und Ve kamen überein, den Riesen Ymir zu töten. In seinem Blut ertranken alle Riesen, nur ein Riese namens Bergelmir konnte sich mit seiner Frau retten und zum Stammvater eines neuen Riesengeschlechts werden.

Die kreisförmige Erde war außen von einem großen Ozean umgeben, dessen äußere Küsten zum Wohnort der Riesen bestimmt wurden. Das Zentrum der Welt nahm Midgard ein, die Erde der Menschen, die aus den Augenbrauen des Urriesen Ymir gebildet war.

Endzeitmythos: Interessant daran ist die Tatsache, dass in den Berichten das Ende der Welt und sogar das Ende der Götter beschrieben wird: Am Tag der Ragnarök, der Götterdämmerung, wird alles sein vorherbestimmtes Ende finden.
Vorzeichen wie Kriege, Verfall der Moral oder Erdbeben, weisen darauf hin, die Sonne verfinstert sich und die Sterne fallen vom Himmel.

Die germanische Mythologie bestand aus drei Teilen mit insgesamt neun Sphären.

Die »Merseburger Zaubersprüche« aus der Zeit um 750 sind das älteste Zeugnis der germanischen Mythologie. Die Zauberformeln versprechen Hilfe bei der Befreiung von Gefangenen und bei der Heilung verletzter Pferde.

Das Nibelungenlied

Das vermutlich zwischen 1150 und 1200 im Donauraum entstandene Nibelungenlied gliedert sich in zwei ursprünglich getrennte Teile. Im ersten Teil erzählt der unbekannte Verfasser, wie Siegfried von Xanten in Worms um Kriemhild, die Schwester der Burgunderkönige Gunther, Gernot und Giselher, wirbt. Bevor er ihre Hand erhält, muss er Gunther Hilfe bei der Werbung um Brunhilde, die Königin von Island, leisten, was ihm dank eines Betrugs auch gelingt. Seine List wird ihm jedoch anschließend zum Verhängnis: Die misstrauische Brunhilde erfährt im Streit von Kriemhild, dass nicht Gunther, sondern Siegfried sie im Kampf und im Schlafgemach bezwungen hat. Um Gunthers Ehre wiederherzustellen, veranlasst sie dessen mächtigsten Vasallen, Hagen von Tronje, Siegfried auf einer Jagd zu ermorden.

Den Grundton des Lieds bestimmen seine germanisch-heidnischen Auffassungen von Ehre und Leid (ere und leit).
Mit ere ist eine Art äußere Ehre gemeint, nicht die spätere, innere Haltung der Neuzeit. Kriemhild handelt weniger aus Schmerz um den toten Gatten als aus verletzter Ehre.
Ihr leit ist vor allem die ihr zugefügte Beleidigung, die unweigerlich die Wiederherstellung der ere verlangt.

Die Erstausgabe des Heldenepos im 18. Jahrhundert kam nicht gut an:
Der Preußenkönig Friedrich der Große schrieb 1784 an Christian Heinrich Müller, den ersten Herausgeber des Nibelungenlieds, der sein Werk dem König gewidmet hatte:
»Hochgelahrter, lieber getreuer!
Ihr urtheilt viel zu vorteilhafft von denen Gedichten aus dem 12.,13. und 14. Seculo, deren Druck Ihr befördert habet, und zur Bereicherung der Teutschen Sprache so brauchbar haltet. Meiner Einsicht nach sind solche nicht einen Schuß Pulver werth; und verdienten nicht aus dem Staube der Vergessenheit gezogen zu werden. In meiner Bücher-Sammlung wenigstens würde Ich dergleichen elendes Zeugs nicht dulten; (…)
Euer sonst gnädiger König Frch.«

Die Heldensage von »der nibelunge not«, die im Mittelalter in mehreren Handschriften verbreitet war, ist zu Beginn der Neuzeit in Vergessenheit geraten.

Erst Mitte des 18. Jahrhunderts wurde das Nibelungenlied wiederentdeckt und in neuen Übersetzungen bekannt gemacht.

Die Nibelungen haben über einen sagenhaften Schatz verfügt, der seit ihrem Untergang unauffindbar ist.

Abenteurer und Archäologen suchten schon wiederholt auf dem Grund des Rheins bei Worms nach den Wagenladungen voller Gold und Juwelen.

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