Senftenberg, Chronik 750 Jahre, Evang. Kirche Peter und Paul, Partition

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Christian neu in SFB
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Senftenberg, Chronik 750 Jahre, Evang. Kirche Peter und Paul, Partition

Beitragvon Christian neu in SFB » So 14. Jul 2024, 14:30

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“Chronica imperfecta ecclesiœ Pétri et Pauli” von Christian Hübner

Die lückenhafte Chronik der Senftenberger Stadtkirche Peter und Paul


Die Geschichte der evangelischen Stadtkirche Peter und Paul in Senftenberg nachzuzeichnen ist durch das Fehlen von historischen Dokumenten, bedingt, insbesondere durch Brandereignisse und Kriege, sehr lückenhaft.

Als Zitationen seien, vorangestellt:

- Walther Haupt „Meißner Bistrumsmatrikel 1495“ (1346)
- Chronik von Gottlieb Paulitz
- Die Bauchronik 1958 von Dr. Lehmann.

- Die Beiträge von Harald und Matthias Gleisner hier im Forum http://www.gruss-aus-senftenberg.de.
- Matthias Gleisner: Neues 322 vom 22.04.2018, Neues 443 vom 25.10.2020
- Harald Gleisner: Neues 171 vom 25.03.2015, Neues 293 vom 17.09.2017, Neues 310 vom 21.01.2018, Neues 495 vom 12.05.2021

- Die website der Kirche selbst http://www.Evangelischekirche-Senftenberg.de.
- Hans-Peter Rößiger, „Sakristei“ Heimatkalender „Kippensand“aus 2017,
- M. Schulze „Eule Orgel“ Heimatkalender „Kippensand“ aus 2020,


Wichtige Anmerkung:

Diese Chronologie der Ereignisse hier ist nur ein kurzer geschichtlicher Abriß.
Dem geneigten Leser empfehle ich daher sich weiter in die hochinteressante Geschichte der Senftenberger Kirchen einzuarbeiten,
besonders HIER im Forum für die Heimatgeschichte http://www.gruss-aus-senftenberg.de (s.o.)





10. / 11. Jahrhundert
Wann in unserem Heimatort das erste Gotteshaus errichtet wurde, lässt sich nicht mit Bestimmtheit sagen. Die noch bis zum Beginn der neuesten Zeit vorhandene weite Ausdehnung des Pfarrsprengels lässt auf das einstige Vorhandensein einer Burgwardkirche schließen, die in der Eroberungs- und Christianisierungsepoche im 10./11. Jahrhundert entstanden sein muss. Dieses erste Gotteshaus, dem die nahe Burg zum Schutz diente, wird ein sehr bescheidener Bau, in der Hauptsache aus Holz gewesen sein (Dr. Lehmann)

13. Jahrhundert
Offen bleibt auch die Frage, wann an seine Stelle ein größerer, steinerner getreten ist, vermutlich mit der Entstehung der Stadtsiedlung. Aus dieser Kirche ist noch der alte im Museum Senftenberg befindliche Taufstein.

15. Jahrhundert
Die dreischiffige Hallenkirche erhält eine spätgotische Ausstattung., Wie viele Bauten in anderen niederlausitzischen Städten offenbart sie, bürgerlich städtisches Wesen.

1495
Wie wir aus der Meißner Stiftsmatrikel von 1495 (1346) wissen, gab es in katholischer Zeit noch fünf weitere Altäre.
Ein Altar [und damit auch die Kirche ???] wird als „St. Nicolaus“ betitelt.

Ende 15./ Anfang 16. Jahrhundert
Die Sakristei (von lat. sacristia = Kirchenzimmer; ein Aufbewahrungs- und Aufenthaltsraum) wurde gegen Ende des 15. / Anfang des 16. Jahrhunderts an die Peter-Paul-Kirche angebaut, sie wurde zwischen zwei der Strebepfeiler des Kirchenschiffes gesetzt. Durch die sehr dicke Außenmauer der Peter-Paul-Kirche wurde ein Durchbruch hergestellt, um einen Zugang zu erhalten.

1503
Ein Ablass zum Turmbau wird gespendet.
Der Meister, der das schöne eigenartige Netzgewölbe mit den scharfkantigen, tiefbuchtigen Zellen schuf, bleibt unbekannt.
Das schönste Ausstattungsstück im Inneren der Kirche bildete, ebenfalls aus der Wende des 15. Jahrhunderts stammend, der 1503 erwähnte Altar mit den trefflich geschnitzten Figuren der Maria im Mittelteil und der Apostel Petrus und Paulus, nach denen das Gotteshaus genannt wird. Das Fest dieser beiden Schutzpatrone fällt auf den 29. Juni


1504
1504 wird erstmals das Vorhandensein einer Orgel erwähnt. Sie stand auf dem Sängerchor an der Nordseite über der Sakristei.


1509
Das Zellengewölbe überspannt als einziges in Brandenburg und Sachsen die gesamte Kirche und wurde wohl um 1509 nach einem Stadtbrand von einem Schüler des Dresdner Baumeisters Arnold von Westfalen (um 1425 bis 1480/1481) errichtet; genaue Belege dazu fehlen aber.
Beim Stadtbrand 1509 brannte auch das Dach der Kirche und des Turmes ab.

1539
Die lutherische Lehre wird förmlich durchgeführt.
Der herrliche Hauptaltar wird aber pietätvoll beibehalten (Maria im Mittelteil und der Apostel Petrus und Paulus). Die noch aus den Meißner Stiftsmatrikeln von 1495 (1346) bekannten weiteren fünf Altäre verschwanden.
Zur Zeit der Reformation (1539 in Senftenberg) war die Orgel jedoch schon wieder defekt. So berichtet 1541 der Rat von Senftenberg dem Kurfürsten von Sachsen, "dass es hier keinen Organisten gibt, weil die Orgel so verdorben ist und keiner vermögend, sie wieder machen zu lassen" (Quelle: Herr Hammer).

1618
Die Kirche erhält eine reich verzierte Kanzel im Renaissancestil.

1628
Wilhelm Dilich zeichnet eine Vedute der Stadt Senftenberg. Auf der Legende bezeichnet er diese Stadtkirche als „St. Martin“. Trotz eingehender Recherche gibt es keine Erklärung dafür.


1635
1635 wird auf der Westempore (dem sog. Männerchor) für 550 Taler durch den Organisten und Orgelbauer Christian Koch aus Großenhain eine neue Orgel aufgesetzt. Derselbe hat darüber 2 Jahre gebaut.

1641
Als eine schwedische Besatzung im Städtchen lagerte brannte die Kirche und der Turm ab.

1670
Der kaum wieder vollendete Turm brennt erneut ab. Das Kirchengewölbe wurde kaum beschädigt So wurde auch das Kircheninnere kaum in Mitleidenschaft gezogen,

1675
1675 baut der hiesige Organist und Orgelbauer Christian Schechner ein Positiv (kleine Orgel ohne Pedal) auf den Sängerchor. ... Am ersten weihnachtstage desselben Jahres ward [das Positiv] dann zum ersten Male gespielt.

1690
Im Jahre 1690 ward auch die Orgel von dem Maler Füllkrug aus Königsbrück gemalt.

1717
Feuersbrunst in Senftenberg- Dach und Turm der Kirche brennen ab. Die Glocken, die bei den großen Bränden immer wieder zerschmolzen, mussten ständig neu gefertigt werden.


1730
Im Jahre 1730 wird die Orgel dem Orgelbauer Familius übergeben, welcher der Orgel erstmals Bässe zufügte.

1787

Peter und Paul 1787.png


Ende 19. Jahhundert
Der Zugang zur Sakristei vom Kirchenschiff aus, sowie wohl auch die Wandnischen, sind im Zuge der sehr umfangreichen Umbauarbeiten an der Kirche gegen Ende des 19. Jahrhunderts verschlossen und durch einen schmalen seitlichen Zugang ersetzt worden.

1890
Bis 1890 hatte die Kirche ein stumpfes Satteldach (H. Gleisner)
Peter und Paul bis 1890.jpg


1891
Stellt die Firma Schlag & Söhne aus Schweidnitz in Schlesien [heute Świdnica; Anm. der Redaktion d. Kirche] die neue Orgel als ihr 354. Werk für 8.600 Mark auf. Die Orgel ist dunkeleichenfarbig gestrichen, mit etwas Vergoldung.
Eine gründliche, zum Teil allerdings wenig erfreuliche "Renovation" erlebte das alte Gotteshaus im Jahre 1891. Sie betraf außer dem Turm, dessen steiles Walmdach man durch eine hohe spitze achteckige Pyramide ersetzte, vor allem die Innenausstattung. Der ärgste Fehler dabei war, dass man zugunsten eines ziemlich handwerksmäßig gearbeiteten neugotischen, den alten Altar beseitigte. Eine Neuverglasung der Fenster wird vorgenommen. (Dr. Lehmann). Die Lichtöffnungen der Sakristei werden deutlich reduziert (H.P. Rößiger)
Kunstvoll gemalte Altarfenster zeigen wie Christus die Mühseligen und Beladenen empfing.
Peter und Paul ab 1891.jpg


1898
Anschaffung einer neuen Kirchtumuhr.


1905
Der ehemalige Senftenberger Altar ziert seit 1905 die ehemalige Doberluger Klosterkirche.
ehem. Altar Peter und Paul SFB.jpg


Doberlug: „Ergänzt wurde das Interieur auch um spätmittelalterliche Ausstattungsstücke, die der Architekt Carl Weber (1870–1915) aus der nahegelegenen Peter-und-Paul-Kirche in Senftenberg ankaufte, wo sie nach einer Neueinrichtung des Gotteshauses auf dem Dachboden abgestellt worden waren. Zu ihnen gehörten der Hauptaltar, die Mondsichelmadonna im Südquerhaus und der Passionsaltar in der Sakristei.“

1929
Kirchturmuhr wird generalüberholt
Bisher mußte die UHR jeden Tag aufgezogen werden, da sie nur mit einem 24-Stundenwerk ausgestattet war. Nach Einbau des automatischen Aufzugs mittels Elektromotor, der eingeschaltet wird, wenn die Gewichte eine gewisse Tiefe erreicht haben und ähnlich auch wieder selbsttätig ausgeschaltet wird, kommt das Tägliche Aufziehen in Wegfall. Beleuchtung der Zifferblätter und Bemalung wird erneuert. Die Uhr erhält arabische Ziffern, im Gegensatz zu der bisherigen römischen Bezifferung (Fa. Schmidt).

1933 – 1941
Die Glocken der Senftenberger Stadtkirche blieben infolge der eifrigen und rastlosen Bemühungen des Herrn Oberpfarrers Hintersatz auf Anordnung des Konservators der Provinz Brandenburg vorerst von der Zerstörung durch Einschmelzen für Kriegsprodukte verschont, weil sie -1717gegossen – zunächst als bedeutungsvolles geschichtliches Denkmal eingestuft wurden.

1942
1. März 1942 Abnahme der beiden größeren Glocken zum Einschmelzen für Kriegsprodukte. Die kleine Läuteglocke blieb. (siehe Matthias Gleisner)

1945
Am 20./21. April 1945 brannte die Kirche vollständig aus.
Nach dem Krieg wurden die Wände verputzt und der historische Ziegelfußboden mit sogenannten Sauerkrautplatten und Estrich überbaut. Das alte Portal wurde durch Mauerdurchbrüche für elektrische Leitungen und den Einbau eines Schaltschrankes beschädigt.

1956
Die Glocken in der Peter-Paul-Kirche bestehen aus Eisenhartguss (was war mit den hist. Glocken ?). Sie wurden in Apolda von der Firma Schilling und Lattermann gegossen und am 9. September 1956 feierlich eingeweiht. Sie werden durch eine elektrische Läuteanlage über eine Schaltuhr betrieben.

1958
Im Zuge dieser Sanierung erhielt der Kircheninnenraum sein schlichtes Erscheinungsbild. Wiedereinweihung der Kirche.


1960
Am 1. Advent des Jahres 1960 wurde die von der Firma Eule aus Bautzen in 10.000 Arbeitsstunden errichtete Orgel geweiht. ..." Diese heutige Orgel besitzt drei Manuale und ein Pedal, vier Koppeln, eine vollmechanische Spiel- und Registertraktur und hat insgesamt 2222 Pfeifen in 30 Registern. In der Balustrade der Orgelempore ist ein Rückpositiv eingebaut.

1985
Erst im Jahre 1985 wurde die Turmhaube mit Kugelkreuz in 32 Metern Höhe wieder zum Wahrzeichen unserer Heimatstadt. Keine Kirchturmuhr mehr.

2012
Im Jahr 2012 wurden die Turmfassade, der gesamte Innenraum, die Fenster und die Sakristei gründlich, aber sehr behutsam saniert.
Bei der Sanierung der Peter-Paul-Kirche konnten der originale Fußboden aus Handstrichziegeln und die Nischen wieder freigelegt werden. Die Wände und das Gewölbe wurden restauriert und mit einem wahrscheinlichen originalen Putz und Anstrich versehen. In die Nischen wurden Eichenholzschränke eingebaut und es gibt auch wieder eine dem Original nachempfundene Wasserentnahmestelle.

2018
Im sehr trockenen Sommer 2018 haben größere Teile der Orgel Schaden genommen, die eine umfangreiche Reparatur durch die Firma Eule notwendig machten.



Die Glocke prägte das Leben der einfachen Leute wie die vier Jahreszeiten. Ihre Bedeutung für die Menschen damals ist uns heute noch in geläufigen Redewendungen präsent: man hat "was läuten" gehört; man weiß, "was die Stunde geschlagen hat", und man soll nicht alles gleich "an die große Glocke hängen" (H. Gleisner)
Schau, da bin ich, DEINE HEIMAT; sieh mich mit neuen Augen an, und du mußt mich lieben. denn du bist mein Kind.
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Re: Evang. Peter und Paul, “Chronica imperfecta ecclesiœ Pétri et Pauli”

Beitragvon Matthias » So 14. Jul 2024, 21:04

Hallo Christian, hinsichtlich der Glocken bitte Neues 443 beachten! Verschont wurden sie nur
während WK 1. Im WK 2 waren sie nicht mehr zu retten.
Außerdem mal Neues 322 zu Gemüte führen. Es bestehen nämlich ein paar Unsicherheiten hinsichtlich
des Aussehens dr Kirche im 18. Jahrhundert.

Christian neu in SFB
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Re: Evang. Peter und Paul, “Chronica imperfecta ecclesiœ Pétri et Pauli”

Beitragvon Christian neu in SFB » Di 16. Jul 2024, 10:26

Hallo Matthias, vielen Dank für deinen guten Rat.
Hatte mich da wohl auf den Falschen verlassen (Dr. Lehmann, behülfs der Glocken).

Habe den obigen Beitrag abgebessert und auch mal auf alle Eure Beiträge im Einzelnen verwiesen, damit sich die Leser tiefer einarbeiten können.


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