Neues 447 - 2020-11-22

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Matthias
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Neues 447 - 2020-11-22

Beitragvon Matthias » Sa 21. Nov 2020, 09:08

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Harald
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Re: Neues 447 - 2020-11-22

Beitragvon Harald » So 22. Nov 2020, 16:57

Heimweh logo_resize.jpg

UNSERE HEIMAT hat sich im Laufe der Zeit, nicht nur durch den Bergbau, sehr stark verändert: das alte DORFMILIEU gibt es nicht mehr, alte HÄUSER sind verschwunden, neue an ihre Stelle getreten und viele MENSCHEN, einstige Nachbarn, Bekannte & Freunde, mit denen man gelebt und so vieles erlebt hat, sind nicht mehr da. Man findet fast nichts mehr so vor, wie es im Langzeitgedächtnis als „PARADIES der Kindheit & Jugendzeit“ haften blieb
und im o.a. GEDICHT so trefflich definiert wurde.
Natürlich nimmt auch die Zahl der ZEITZEUGEN, die noch das Kriegsende 1945 miterlebt haben, stetig ab, sodass sicherlich auch der GASTHOF ZAHN schon längst im Dunkel der Geschichte verschwunden wäre, würden sich nicht Heimatforscher für die Bewahrung von >ERINNERUNGSDOKUMENTEN< einsetzen.
In der Sache „GASTHOF PAUL ZAHN“ gibt es z.B. interessante BERICHTE des >Senftenberger Anzeiger< über die,
in den Jahren 1903 und 1909 durchgeführten,

ZWEI EINWEIHUNGSFEIERN DES GROSSEN SAALES

02.09.1903

„Ein neuer PRACHTBAU geht hier seiner Vollendung entgegen:
es ist der TANZSAAL des Herrn PAUL ZAHN.
Er schließt sich an die Südseite des alten Schlosses an, dieses hat nun insofern eine Umgestaltung erfahren müssen. Der VORBAU ist niedergerissen und die TÜR nach der Westseite zugemauert worden.
Der EINGANG zur GASTSTUBE befindet sich zwischen TANZSAAL und Gaststube. Es ist ein ähnlicher Vorbau wie der bisherige, aber nur in schönerer Gestalt, oben durch einen mächtigen ADLER, der im Begriff ist, seine Flügel auszubreiten, geziert.
Der ganze BAU ist nach dem neuesten Stile aufgeführt. Im Innern weist er eine schöne SÄULENGALERIE auf mit BOGENGÄNGEN.
Am 13. d.M. soll die EINWEIHUNG des neuen Saales, verbunden mit einem KRIEGERFESTE, stattfinden.“

08.09.1903

„Die am 3.09. gebrachte MITTEILUNG, daß die EINWEIHUNG DES NEUEN ZAHN’SCHEN SAALES am nächsten Sonntag in Verbindung mit einem KRIEGERFEST stattfindet, ist dahin zu berichtigen, daß zwar der KRIEGERVEREIN seine erste Festlichkeit in dem neuen Saale abhält, daß die übliche EINWEIHUNGSFEIER jedoch erst später begangen werden soll.“

14.09.1903

„Am 13. d.M. feierte der hiesige KRIEGER-VEREIN sein diesjähriges SOMMERFEST. Die Kameraden begaben sich am Nachmittage des genannten Tages gegen ½ 2 Uhr hinaus auf den FESTPLATZ, der auf dem GRUNDSTÜCK des Herrn ZAHN hergerichtet worden war. Bis in die Dämmerung hinein wurde Scheibe geschossen. Im ganzen waren 15 Preise ausgesetzt: Pfeifen und dergl. mehr. Den ersten Preis errang der Müllergehilfe des Herrn Amtsvorstehers. Mit den PREISEN verband sich eine wohltätige Stiftung.“

Einweihung 1903_resize.jpg

29.10.1903

„TAGESARBEIT, ABENDS GÄSTE, SAURE WOCHEN, FROHE FESTE.
– das war das ‚Zauberwort’, Zauberwort in doppelter Bedeutung.
Fast ein halbes Jahr hat sich Herr Gastwirt ZAHN mit der Herstellung und Ausschmückung seines Saales bemüht.
Nach ‚sauren Wochen’ endlich heute das ‚frohe Fest’ der SAALWEIHE.
Und wie der Einzelne, so hat sich auch die ganze Gemeinde in der letzten Zeit gemüht in ernster Arbeit, doppelt ernst, durch Arbeit selbst und durch die sterbende Natur. Und als am heutigen Abend der andächtige Naturfreund noch vor einem Baumriesen stand und von Wehmut ergriffen wurde, wie sich die dürren Blätter bei dem leisesten Windhauch um die dürren Zweige legten, gleich dem einfachen Gewande um den Leib der Bettlerin, da erschollen die fröhlichen Klänge aus dem Konzertsaal zum Naturfreunde hinüber, weckten ihn aus seiner wehmutsvollen Stimmung auf und erinnerten ihn, daß noch Leben um ihn herrscht. Wahrlich reges Leben und Treiben, und einen ‚glücklichen Griff’ hat Herr Zahn getan, daß er zur Einweihung die Kapelle des 72. Regiments aus Torgau erwählte, denn Großes und Schönes leistete sie unter der Leitung des Herrn Löber.
Kräftig erscholl der Marsch ‚Deutscher Reichsadler’ von Friedemann.
Man glaubte sich selbst unter die wehenden Banner versetzt, und man meinte, den ‚Mann der Tat’, Wilhelm Tell, bei dem Vortrag der Ouverture von Rossini zu schauen und an ihn, den Helden, dachte man, als das schmelzende Piano ‚Als ich Abschied nahm’ und die Freudenklänge ‚Als ich wiederkam’ von Pape erklangen.
In der Zeit der Märchen und Wunder lebte man, und man wurde darin erhalten durch Wagners ‚Lohengrin’ von Hamm und endlich, jetzt war es Zeit in süße Träumerei durch die Walzerklänge ‚Les Fleurs’ von Waldteufel gebracht zu werden.
Ein wahrhaft logisch durchdachtes Programm, das dem Herrn Löber alle Ehre macht. Und während wir noch träumten von den Tagen der Väter, da erschollen die heiteren Weisen von ‚Maritana’, ‚Konzertino’, ‚Ein Tag in Tirol’, ‚Musikalische Täuschungen’, ‚Der Kunstreiter’.
Auf schwanker Leiter der Gefühle ‚Himmel aufjauchzend zum Tode betrübt’ gingen wir in den Abendstunden dahin, um dann den zuckenden Füßen der ästhetischen Hampler das Feld zu räumen.
Aber befriedigt werden alle sein, Alte wie Junge.
Möchte uns doch Herr Zahn recht oft einen so genussreichen Abend verschaffen.“

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einweihung 1909_resize.jpg

12. Mai 1909

„Aufrichtige Freude muß jeder SEDLITZER empfinden, wenn er sieht, wie UNSER ORT, der noch vor einem Jahrzehnt in altherkömmlicher Gleichmäßigkeit seiner damaligen reaktionären Bevölkerung jeder Neuerung trotzte, jetzt von dem in nachbarlicher Nähe sich betätigenden industriellen Unternehmungsgeist erfaßt, sich eine moderne Einrichtung nach der andern schafft. Nicht nur auf materiell geschäftlichem Gebiet, sondern auch nach idealer gesellschaftlicher Richtung hin, blüht unser Ort mächtig auf.
Eine der HAUPTBEDINGUNGEN der gedeihlichen Weiterentwicklung der gedeihlichen Weiterentwicklung der GESELLIGKEIT ist das Vorhandensein einer VERSAMMLUNGS~ & VERGNÜGUNGSSTÄTTE, die unserem Bedürfnis und vor allen Dingen unserem Schönheitsgefühl nach jeder Richtung hin entspricht. Denn, wie der Wanderer an der Pracht der Natur sich entzückt, wie seine Stimmung steigt, je verschwenderischer die Natur die ihn umgebende Landschaft mit ihren Reizen überschüttet, so erhöht sich auch die LAUNE, das WOHLBEFINDEN und die FRÖHLICHKEIT eines Menschen, der in einem GESCHLOSSENEN RAUME an einer GESELLIGKEIT oder FEIER teilnimmt, wenn er in der AUSSCHMÜCKUNG dieses Raumes dasjenige findet, was seinem Schönheitsideal nahe kommt.
Und daß DER NEUE SAAL unseres BELIEBTEN WIRTES ZAHN unserem Schönheitssinn völlig entspricht, wird jeder bei Besichtigung selbst empfinden.
EIN HERRLICHER RAUM, der seinesgleichen in weiter Umgebung sucht; so groß, daß er MEHR ALS DIE GESAMTE EINWOHNERSCHAFT unseres Dorfes bequem beherbergen kann.
Das Schönste jedoch bildet die MALEREI AN WÄNDEN & DECKE. Rings an den Wänden zerstreut finden wir wundervolle GEMÄLDE, die in ihrer harmonischen Anordnung und exakten Ausarbeitung ein hohes künstlerisches Können und ein tiefes inniges Verständnis für VOLKSEMPFINDEN & SCHÖNHEITSSINN offenbaren.
In der Mitte der beiden Längswände schaut rechts und links der uns allen so bekannte und mit uns schon seit Jahren vertraute >ILSEMANN<, durch dessen energisches Eingreifen ja unser Ort erst auf seine jetzige Höhe gebracht worden ist, vergnügt dem Getriebe seiner Jünger und deren Gäste zu und leuchtet mit seiner Laterne in den Saal hinunter, gleich, als wollte er das FEST dadurch erst in das richtige Licht setzen.
Sodann fallen die uns einige HERRLICHE LANDSCHAFTEN in’s Auge.
Man fühlt sich mitten hineinversetzt und kann so recht erkennen, wie überreich die NATUR ihre Lieblinge mit der Fülle ihrer Kostbarkeiten beschenkt. Der WAIDMANN hat seine helle Freude daran, wenn er dort jene naturgetreue und farbenprächtige JÄGERIDYLLE anschaut. der LANDMANN, der alte Begründer und die Stütze unseres Dorfes, wird sich sofort in dem Raume heimisch fühlen, wo sein schön ausgeführtes EMBLEM ihm eine gewissen Vertraulichkeit einflößen wird.
Ebenso wohl gelungen befindet sich dicht daneben in friedlicher Vereinigung die sinnbildliche Darstellung des HANDWERKS, das ja auch jetzt neben der LANDWIRTSCHAFT zu einem hervorragenden Bestandteil unserer örtlichen Lebensinteressen herangewachsen ist.
Auch unserer VEREINE ist in derselben Weise gedacht; man hat die WAPPEN des KRIEGERBUNDES und der FEUERWEHR in matten, schön abgetönten Farben an die Wand gezeichnet.
Mögen diese BILDNISSE ein DENKMAL bleiben zur Ehre des patriotischen und stets zur segensreichen Hilfe bereiten Zeitgeistes unseres Dorfes. Man sieht daraus, daß jedes UNSER DORF nur irgendwie berührende Interesse bei der künstlerischen AUSSCHMÜCKUNG DES SAALES berücksichtigt ist, und daß dieselbe, sowohl hinsichtlich der genialen Disposition, als auch hinsichtlich der Gediegenheit seinem Schöpfer, dem DEKORATIONSMALER CURT SCHÖNERT in Senftenberg, alle Ehre macht.
So bildet denn dieser SAAL ein PRACHTSTÜCK, nicht nur unseres Dorfes, sondern DER GANZEN NIEDERLAUSITZ.
Die ERÖFFNUNG findet am nächsten Sonntag, 16. Mai, statt.
da Herr ZAHN uns versprochen hat, für GUTE GETRÄNKE und nur schmackhaft und peinlichst zubereitete SPEISEN stets, ganz besonders aber für Extravakanzen am ERÖFFNUNGSTAGE besorgt zu sein, auch die MUSIK ihr Bestes leisten wird, so verspricht die EINWEIHUNGSFEIERLICHKEIT ein urfideles und lokalpatriotisches FEST FÜR SEDLITZ & UMGEBUNG zu werden.“

Den ABGESANG zitiere ich aus der von LOTHAR WINKLER verfassten BROSCHÜRE >Sedlitz – Geschichte & Geschichten<:

„Die GASTSTÄTTE PAUL ZAHN mit Gastraum und großem Saal wurde 1945 vollständig zerstört. Sie befand sich in der Hauptstraße, an der Ecke zum Dorfplatz – die RUINE erinnerte noch lange Zeit daran, wurde später abgerissen und Eigenheime gebaut. Das EISERNE TOR erinnert noch an den Eingang zum Biergarten und zum Hof der Gaststätte…“

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Zuletzt geändert von Harald am Di 24. Nov 2020, 18:30, insgesamt 1-mal geändert.

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Harald
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Re: Neues 447 - 2020-11-22

Beitragvon Harald » Mo 23. Nov 2020, 21:36

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Ein Blick auf die INSERATE der GASTWIRTSFAMILIEN-DYNASTIE ZAHN zeigt uns,
dass sie sich über die Bezeichnung ihrer LOKALITÄTEN etwas uneinig war:
(1) Der „Stammvater“ PAUL ZAHN betrieb bis zu seinem Tod (8.4.1919) in SEDLITZ einen >GASTHOF<.
(2) Ein gewisser ROBERT ZAHN, der offensichtlich nicht zum „engsten ZAHN-Kreis“ gehörte, da er auf o.a. Traueranzeige fehlt, bediente einen >GASTHOF< unweit von Sedlitz, in BÜCKGEN, .
(3) OSKAR ZAHN wiederum war Wirt in Zahn’s >GASTHAUS< in HÖRLITZ-FLUR, allerdings nicht mehr beim 1919 angekündigten „Neujahrsball“ anwesend,…
(4) …da schon im Juli 1918 nach schwerer Verwundung verstorben.
(5) Seine Witwe LINA ZAHN verpachtete ihre >GASTWIRTSCHAFT< an Fritz Haufe,
(6) …der dankend übernahm und gleich anschließend…
(7) …mit der Witwe ZAHN Abschied feierte.

Was nun die NAMENSVIELFALT betrifft, entschied das Berliner Ober-Verwaltungsgericht bereits 1894 wie folgt:

„Ein GASTHOF ist eine Wirtschaft mit Fremdenbeherbergung & Ausspannung, eine GASTWIRTSCHAFT eine solche nur mit Fremdenbeherbergung, also dasselbe, was man unter einem HOTEL versteht und eine SCHANKWIRTSCHAFT, die deutsche Bezeichnung für RESTAURATION, ist eine solche mit Beköstigung. Für diese genügen auch die Ausdrücke WIRTSCHAFT bzw. WIRTSHAUS.
Große HOTELS als GASTWIRTSCHAFTEN zu bezeichnen, ist unzweifelhaft gegen unser Sprachgefühl; es sind GASTHÖFE, auch wenn sie keine Ausspannung haben.“

Alles klar ? Ich hoffe doch… :roll:


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