Als der >SENFTENBERGER ANZEIGER< mit der Wochenendausgabe
31.03. / 1.04.1945 in eine "Zwangspause" ging, war dies leider kein "Aprilscherz". Das Land lag in Trümmern, doch Senftenberg hatte Glück im Unglück und wies nur vereinzelt Ruinen auf.
Groß war die Freude, als sich die Lokalzeitung zwei Jahre später,
am 16. März 1947, unter gleichem Namen und der Überschrift
"ER IST WIEDER DA !" zurückmeldete.
Seit dem Gründungsjahr 1875 galt der >Senftenberger Anzeiger< als glühender Verfechter der HEIMATLIEBE, die sich insbesondere auf die weit gefächerte Traditionspflege in unserer Heimatstadt bezog.
Regelmäßig wies man auf die Erhaltung des kulturellen Erbes hin, wobei den Redakteuren besonders das >GRÜN< in der Stadt am Herzen lag.
Dies reichte vom STADTPARK über die ELSTERAUEN bis zu den
GRÜNANLAGEN IN DER BAHNHOFSTRASSE
Kein Wunder also, dass auch ab redaktionellem Neustart im Jahre 1947 dieses Thema alljährlich gebetsmühlenartig auf der Tagesordnung stand: 18. April 1947:
SENFTENBERGER SCHONT EURE GRÜNANLAGEN"Wessen Auge erfreuen nicht die
GRÜNANLAGEN in unserem Stadtgebiet, die wie Oasen inmitten der Häuser und des Stadtgetriebes wirken. Wie schön ist es, wenn der Frühling seine Pracht entfaltet und wir unserem Auge nach des Tages Arbeit diesen kleinen Urlaub gönnen können.
Leider sind nun nicht alle Menschen der gleichen Ansicht.
Was wird alles gesündigt mit diesen spärlichen
GRÜNFLECKEN, teilweise werden sie als Geh~ oder Fahrwege benutzt.
Kinderspielplätze entstehen darauf, Kohlen werden abgeladen und beliebig mehr könnte über den derzeitigen Nutzungs~ und Verwendungszweck angeführt werden. Muß das sein ?
Mit etwas gutem Willen und Liebe ließe sich das alles vermeiden.
Muß erst überall und für alles eine neue Polizeiverfügung ausgearbeitet werden, oder muß überall das häßliche Wort >Verboten< angeschrieben werden, oder muß immer ein Schutzmann den Sünder erst zurechtweisen ?
Helft mit unsere
GRÜNANLAGEN zu erhalten, denn sie gehören ja Euch allen."
27. Juni 1947
STRASSENVERBESSERUNG"Es wird von allen Fahrzeigbenützern freudig begrüßt, daß man seitens der Stadtverwaltung an die Wiederherstellung der druch Kriegseinwirkung beschädigten Straßen und Wege herangeht.
Die
GRÜNANLAGEN beiderseits längs der
BAHNHOFSTRASSE sind zum größten Teil hergestellt und frisch besät.
Der Schutz dieser Anlagen liegt im Interesse der gesamten Bevölkerung. Obwohl Tafeln angebracht sind, gibt es immer noch Passanten, die rücksichtslos darüber hinwegtrampeln.
Etwas mehr Disziplin wäre hier angebracht."
2. April 1948:
AUS DER 30. SITZUNG DES RATES DER STADT SENFTENBERG"Ein Stein des Anstoßes sind immer noch der Stadtpark und die übrigen
GRÜNANLAGEN im Stadtgebiet. Aus dem Bericht des Stadtgärtners entnehmen wir, daß nicht böser Wille bisher die Erledigung dieser Arbeiten hemmte, sondern es fehlen die entsprechenden Arbeitskräfte, Arbeitsgeräte und die notwendigen
SÄMEREIEN...
Es wurde beschlossen, den Schloßteich wieder mit Wasser zu füllen, die Ruinen der Ställe im Tierpark abzutragen, den Kinderspielplatz vor dem Feuerwehrdepot besser zu gestalten und vor allem den
GRÜNANLAGEN besondere Pflege angedeihen zu lassen."
9. April 1948:
BETRETEN DER GRÜNFLÄCHEN IN DER BAHNHOFSTRASSE
"Man sollte annehmen, daß die Bürgersteige zu beiden Seiten der
BAHNHOFSTRASSE in Senftenberg breit genug sind, um einen ungehinderten Fußgängerverkehr zu gewährleisten.
Seitlich der Bürgersteige liegen
GRÜNFLÄCHEN, welche genug Zwischenraum aufweisen, um den Passanten das Ueberqueren der Straße zu ermöglichen.
Diese
GRÜNFLÄCHEN der
BAHNHOFSTRASSE werden in nächster Zeit besät und sollen das Stadtbild verschönern und dem Auge des Einzelnen wohltun.
Es hat sich aber die Unsitte eingebürgert, daß jeder über die
GRÜNFLÄCHEN hinweg läuft wie es ihm paßt. Nach Instandsetzung der
GRÜNFLÄCHEN werden Organe der Polizei sowie besonders beauftragte Personen jedem Senftenberger, welcher beim Betreten der
GRÜNFLÄCHE angetroffen wird mit einem
STRAFBETRAG von 20 RM
zu Gunsten der Volkssolidarität belegen.
Alle Senftenberger werden in diesem Zusammenhange gebeten, entsprechend dieses Verbotes auch auf Auswärtige einzuwirken."
13. Mai 1949:
IMMER WIEDER - GRÜNANLAGEN !"Nun kann es doch wohl bald nicht mehr bei der Stadtverwaltung liegen, denn diese gibt sich die erdenklichste Mühe, unsere spärlichen
GRÜNSTREIFEN zu erhalten.
Das Bauamt ist den Fußgängern entgegengekommen, indem es die
RASENFELDER verkürzte und dort legale
ÜBERGANGSWEGE schaffte, wo illegale sich im Laufe der Zeit bildeten.
Den Wegverkürzern hat man ebenfalls ihr Unwesen erleichtert, indem die Ecken abgeschrägt wurden.
(gelbe Kreise i. d. Fotos) Nun haben allerdings wir von der Stadtverwaltung, nachdem wir den Wünschen der Öffentlichkeit nachgekommen sind, auch einen Wunsch:
Haltet Euch an die
WEGE, schont die
GRÜNFLÄCHEN, sie sind für Euch alle geschaffen. Sagt es auch Euren Kindern, im Elternhaus und in der Schule, daß es sich hier nicht um
SPIELPLÄTZE handelt.
Die bösartigen Sünder möchten wir bitten, ihre Verärgerung nicht an der Natur auszulassen. Die Hartnäckigen aber werden wir von nun an genau so brutal anfassen, wie sie die Steuergroschen der Bevölkerung.
Also nochmals - schont die
GRÜNFLÄCHEN, laßt Blumen, Blüten und Sträucher in den öffentlichen Anlagen ihren Daseinszweck erfüllen:
Den arbeitenden, kranken und erholungssuchenden Menschen wieder Freude und Kraft zu geben."
27. Januar 1950:
"Auch unser Straßenbild zeigt an vielen Stellen bereits eine Verbesserung, wenn auch in dieser Beziehung noch sehr viel geleistet werden muß. Alles in allem kann jedoch festgestellt werden, daß sich unser Straßenbild im Verhältnis zu 1945/46 wesentlich verschönert hat."
Der Jubel zum 3-jährigen Bestehen hielt nicht lange an.
Am 28. Juli 1950 verkündete man den
"ABSCHIED VOM SENFTENBERGER ANZEIGER".
Über das WIE & WARUM vom ANFANG & ENDE des Neustarts werde ich bei passender Gelegenheit berichten...
Übrigens versuchte man es später nochmals mit einem "getarnten" LOKALBLATT:
Die >SENFTENBERGER ZEITUNG< erschien wöchentlich als "Organ der Kreisleitung Senftenberg der SED und des Kreisausschusses der Nationalen Front des Demokratischen Deutschland" ( uffff ! ) erstmals am 1. August 1960 und verschwand nach 7 Jahren, exakt zum sechsten "Tag des Mauerbaus" am 13. August 1967, sang~ und klanglos in der Versenkung...