ROMANTIK DES REISENS IN DER POSTKUTSCHE ROMANTISCH & BESCHAULICH war das Reisen in der POSTKUTSCHE schon, allerdings konnte man in den fürchterlich schaukelnden Fahrzeugen auch seekrank oder bei einem RADBRUCH ernstlich verletzt werden. Man kam nicht sehr weit an einem Tag, und selbst „per EXTRAPOST“ schaffte man nicht viel mehr als 100 km – bei GUTEM WETTER versteht sich ! Dennoch lernte man zu damaliger Zeit sein VATERLAND eindeutig besser kennen, als heutzutage auf einer nächtlichen Zugfahrt im SCHLAFWAGEN quer durch DEUTSCHLAND.
Wir loben uns die gute, die SCHÖNE ALTE ZEIT.
Da war die WELT noch groß, und alles war noch weit.
Wer eine REISE machte, der tat es mit BESINN.
Vorwärts ging es ganz sachte, ohne viel ZEITGEWINN.
Und ging die GROSSE REISE jenseits des DORFES nur,
befahl dem Herrgott weise man HAUS & HOF & FLUR.
Das TESTAMENT man machte; denn unvorhergesehen
gab’s oft trotz langem Warten daheim KEIN WIEDERSEHEN… Obwohl die BAUART dieser nur in KETTEN oder RIEMEN hängenden POSTWAGEN so plump war, dass die MITFAHRENDEN nicht nur fortwährend gerüttelt, sondern oft auf auch so starken STÖSSEN ausgesetzt wurden, dass sie GEFAHR litten, herausgeschleudert zu werden, obwohl von POLSTERSITZEN & ~LEHNEN keine Spur war und die PASSAGIERE sich oft auf KISTEN u.a. Gepäckstücken niederlassen mussten, häufig jede schützende BEDACHUNG fehlte oder im besten Falle bei REGENWETTER nur eine LEINENDECKE oder ein einfaches WACHSTUCH über den WAGEN gespannt wurde, die gegen das eindringende WASSER nur dürftigen SCHUTZ gewährten, wurden diese >FAHRENDEN POSTEN< doch als ein großer FORTSCHRITT begrüßt und es erregte AUFSEHEN, dass man nun „zu gewissen Stunden für billiges Geld“ von einem ORT zum andern und auf manchen ROUTEN sogar zur NACHTZEIT fahren konnte, wenn auch der POSTILLION hin & wieder den WEG mit der HANDLATERNE suchen musste. Für den geringen VERKEHR zu jener Zeit reichten aber diese MITTEL auch aus.
GENIESSEN WIR NUN AUCH AKUSTISCH DIE POSTKUTSCHFAHRT mit dem wohlklingenden, orchestralen, lautmalerischen >Charakterstück<:Es ist auch eine sonderbare Art nicht IN, sondern AUF der POSTKUTSCHE zu fahren. Es sitzen nämlich PERSONEN von niedrigem Stande, oder die nicht viel bezahlen können, anstatt INWENDIG, OBEN auf der Kutsche, ohne daß ein GELÄNDER oder SITZE angebracht wären, sondern sie sitzen ganz FREI, und lassen die BEINE herunterhängen. Um auf der AUSSENSEITE zu fahren, wird nur ½ so viel bezahlt. So hat man also 6 PASSAGIERE über seinem KOPF, die oft beim Auf~ & Absteigen ein erschütterndes GERÄUSCH verursachen. Wer sich oben aber gehörig im Gleichgewicht halten kann, sitzt dort recht gut und fährt im Sommer an heiteren Tagen, wegen der FREIEN AUSSICHT, fast angenehmer, als inwendig. Dafür ist der
STAUB beschwerlicher als inwendig, wo man doch die FENSTER nach Belieben zumachen kann. Und wahr ist es, dass selbst der ÄRMSTE sich lieber in Gefahr setzt, auf der Aussenseite einer POSTKUTSCHE den HALS zu brechen, als eine Strecke zu Fuß zu gehen.
Das HINAUFKLETTERN allein war schon mit LEBENSGEFAHR verknüpft und als ich endlich OBEN war, kam ich gerade an einer Ecke auf der KUTSCHE zu sitzen, wo ich mich bloß MIT EINER HAND an einem kleinen, seitlich angebrachten GRIFF halten konnte. Ich saß dem RADE am nächsten und sah einen gewissen TOD vor Augen.
Die KUTSCHE rollte in der STADT mit entsetzlicher Geschwindigkeit auf dem STEINPFLASTER fort, und wir flogen alle Augenblicke in die Höhe, so dass es beinahe ein WUNDER war, dass wir immer auf die KUTSCHE zurück, und nicht nebenher fielen. So ging es nun auch, so oft wir durch ein DORF oder eine ANHÖHE hinunter kamen.
Es sah fürchterlich aus, wenn die WEIBER, wo wir anhielten, oben von der KUTSCHE herunterstiegen, und eine wirklich beim Heruntersteigen fast stürzte, da die PFERDE unversehens anzogen.
Ich kam zwar mit der POSTKUTSCHE verhältnismäßig schnell von einem Ort zum anderen, allein von REISEN konnte keine Rede sein.
Keinesfalls sollte man aber vergessen, dass die eigentliche HAUPTAUFGABE DER POSTKUTSCHEN, wie der NAME schon verrät, in der BEFÖRDERUNG VON POSTSACHEN, also Briefen & Paketen, bestand. Und hier machten vor allem charmante, gutaussehende, in tadelloser Uniform gekleidete >POSTILLIONES d'AMOUR< Furore, die speziell von der DAMENWELT schon sehnlichst erwartet wurden...
In Ehren ergrauten HEIMATFORSCHERN geht allerdings viel mehr das Herz auf, wenn sie den GESELLSCHAFTLICHEN FORTSCHRITT dokumentieren dürfen, den die POSTKUTSCHEN verdientermaßen einläuteten, wie uns nachfolgend aus unserer deutschen GESCHICHTE offenbart wird:
"Als der KÖNIG VON PREUSSEN (Friedrich Wilhelm) im Jahre 1723 anordnete, dass über die ganze Provinz ein POSTNETZ gelegt werden sollte, gab das General-Finanz-Directorium zu bedenken, dass z.B. die Einrichtung der POSTEN in OSTPREUSSEN mit sehr vielen SCHWIERIGKEITEN verbunden sei, denn „in dem öden, von RAUBTIEREN durchstreiften HAIDEN sei oft auf 10 bis 12 Meilen Weges kein HAUS anzutreffen, an ordentlichen STRASSEN, BRÜCKEN & DÄMMEN gebräche es fast gänzlich, RAUBGESINDEL mache namentlich in der Nähe der POLNISCHEN GRENZE die Gegenden unsicher, und die POSTKUTSCHEN in den pfadlosen DICKICHTEN & SÜMPFEN bei Nacht fahren zu lassen, daran sei gar nicht zu denken, vollends da es in Litauen fast 9 Monate WINTER sei. Geeignete POSTBEAMTE & POSTHALTER wären in jenen armseligen Gegenden kaum aufzutreiben."
Der KÖNIG bestand trotzdem auf seinem BEFEHL, die erforderlichen MITTEL aus der Staatscassa wurden bewilligt und nach 2 Jahren war OSTPREUSSEN in allen Richtungen von POSTROUTEN durchzogen.
Wo KEIN ORT war, baute man, um nicht STATIONEN von 10-12 Meilen zu haben, ein POSTHAUS mitten >IM WALD bzw. AUF DER HAIDE<zu dem sich bald ein WIRTSHAUS, und über kurz oder lang eine SCHMIEDE gesellte. POSTWÄRTER & POSTILLIONS legten daneben ACKERWIRTSCHAFTEN an; hier und da reiste einmal ein KAPITALIST, Kaufmann oder Industrieller aus KÖNIGSBERG oder einer anderen STADT vorüber, der ohne die POSTKUTSCHE nie hierhergekommen wäre, und fand den PLATZ zur Anlegung einer MÜHLE, ZIEGELHÜTTE o.a. UNTERNEHMUNG günstig, und so entstanden, geweckt durch den RUF DES POSTHORNS, in diesen masurischen EINÖDEN die ersten ANSIEDLUNGEN, die bald zu DÖRFERN & kleinen STÄDTEN heranwuchsen. Und in wenigen Jahren wurden diese POSTEN so stark benützt, dass sie nicht nur keines BEITRAGES aus Staatsmitteln mehr bedurften, sondern sogar einen ÜBERSCHUSS abwarfen." Wie aus o.a. Quelle ersichtlich, war auch die Provinz BRANDENBURG von diversen POSTROUTEN durchzogen, wovon einige POSTKUTSCHEN auch unser Städtchen SENFTENBERG berührten.
ABSCHLIESSEND EIN HOCH AUF
>DIE TRÄGER DES GOLDGLÄNZENDEN POSTHORNES< !
Ein POSTILLION (frz. Postillon) war der FAHRER einer POSTKUTSCHE und als GESPANNFÜHRER verantwortlich für das FUHRWERK, das von PFERDEN gezogen und zur BRIEF~ & PERSONENBERFÖRDERUNG eingesetzt wurde.
Dem wohl berühmtesten, weil gegenüber Damen charmantesten POSTKUTSCHER aller Zeiten, dem >POSTILLION VON LONJUMEAU<, hat der Komponist ADOLPHE ADAM in seiner gleichnamigen komischen Oper ein bleibendes Denkmal gesetzt: dessen eingängiges, daher überaus populäres >POSTLLION-LIED< mit dem spektakulären „hohen D“ pfiff man auf den Straßen und sogar RICHARD WAGNER summte es vor sich hin, wenn er nachts nicht einschlafen konnte…
Der LIEDTEXT wurde oft variiert, so auch der nachfolgende des berühmten Tenors JOSEPH SCHMIDT), der auf der o.a. AUDIO-Datei zu hören ist...ÜBRIGENS: Die Bezeichnung
SCHWAGER für einen POSTILLION, die aus der LIEDZEILE
>Hoch auf dem gelben Wagen sitz ich beim SCHWAGER vorn< bekannt ist, stammt aus der Schweiz.
Der auf einem Sattelpferd reitende italienische POSTILLON wurde dort CHEVALIER (schweizerisch: SCHEWALGER) genannt, woraus später im Deutschen der „SCHWAGER“ wurde.