Neues 162 - 2015-01-04

[Matthias]

Hier klicken, um zum entsprechenden Eintrag unter "Neues" zu springen...

[Harald]

Es war, wie auch in den Jahren zuvor, das größte Fest des Jahres.
Der Inhaber des GESELLSCHAFTSHAUSES - Richard Preußer -
(auch schon mal 'Preusser' geschrieben) war's zufrieden.
Seine Gäste hatten die ganze Silvesternacht durchgefeiert und dabei gut gebechert und schließlich nach den Klängen des "Kaiserwalzer" von Johann Strauß in das neue Jahr 1920 hinein getanzt.
Die "Grußadresse" zum Jahreswechsel hatte er im >Senftenberger Anzeiger< rechtzeitig aufgegeben. Doch wer da dachte, die "Tollen Tage" wären nun erst mal vorbei,
war auf dem Holzweg.
10 Tage später begann in Senftenberg nämlich die närrische Zeit des FASCHING und so machte sich der Gastwirt Richard Preußer
mit dem Spruch "Ran an den Speck, Bange machen gilt nicht !" erneut an die Arbeit.
Schon am 6. Januar 1920 wurde im >Senftenberger Anzeiger< für das nächste Großereignis, den ersten
MASKENBALL
des neuen Jahres geworben:

"IM FASCHING, IM FASCHING ------ Also auch für Senftenberg hat sich die Geliebte des Prinzen Karneval, die FASCHINGSFEE, zu kurzem Besuche angemeldet, um hier mit ihrem Gefolge das ganze GESELLSCHAFTSHAUS für kurze Stunden in eine Stätte toller Lebenslust und ~freude umzuwandeln.
Die Ortsgruppe des Vereins Deutscher Handlungsgehilfen zu Leipzig will den Mitgliedern und Gönnern ihres Verbandes etwas recht Schönes bieten und hat daher das Arrangement eines FASCHINGS-FESTES in die Hände genommen.
Unaufhörlich werden am kommenden Sonnabend die zarten und pikanten Weisen der Streich~ und Schrammel-Orchester in beiden Sälen der Preußer'schen Lokalitäten erklingen.
Kuchen~ und Naschbuden sind schon aufgebaut, auch ein photographisches Atelier,
das die übermütigen Geister auf die Platte bannen soll, hat sich bereits einen Platz gesichert.
Im großen Gastzimmer wird ein heiterer KABARETT- ABEND veranstaltet,
nur erstklassige Kräfte sind dazu verpflichtet worden.
Kurzum, es wird die Fröhlichkeit herrschen in all' dem Gewühle lustiger Menschenkinder, selbst inmitten der älteren Herrschaften, die hoch oben auf dem Balkone mit behäbigem Schmunzeln dem Treiben des jungen Volkes zuschauen. Frohsinn wird die Herrschaft führen, bis endlich die Polizeistunde daher schreitet und die alltägliche Ruhe sich wiederum hervortut, gleichsam wie der Sieger aus all' den bevorstehenden Konfettischlachten.
Die Veranstaltung ist eine geschlossene, es wird daher gebeten,
unbedingt die ergangenen Einladungskarten als Ausweis vorzulegen."

Am 13. Januar erfolgte dann eine kurze "Nachlese":

"In den prächtig dekorierten Räumen des Preußer'schen GESELLSCHAFTSHAUSES hatte der B.D.H. am vergangenen Sonnabend ein FASCHINGSFEST veranstaltet, an dem sich die Mitglieder und eingeladene Gäste fast vollzählig beteiligten.
Die riesige Menge der maskiert erschienenen Besucher vereinigte sich zu einem Bilde von seltener Farbenpracht und Größe.
Die froh verlebten FASCHINGSSTUNDEN werden noch manchem lange in angenehmster Erinnerung bleiben.
Am Sonntag hatte Herr Preußer einen öffentlichen MASKENBALL veranstaltet und weder Kosten noch Mühe gescheut, um etwas Gutes zu bieten. Auch diese Veranstaltung war sehr stark besucht, besonders von Zuschauern. Auch dieses Fest wird wohl ein Jeder mit voller Befriedigung verlassen haben."

Bemerkenswert ist allerdings, dass der ÖFFENTLICHE MASKENBALL am SONNTAG per Inserat beworben, im Bericht vom 13. Januar allerdings nur mit zwei Sätzen erwähnt wurde.
Das schon am Vortage veranstaltete FASCHINGSFEST des Vereins Deutscher Handlungsgehilfen musste man nicht deklarieren, weil zu dieser "geschlossenen Gesellschaft" sowieso nur Besitzer von persönlichen EINLADUNGEN zugelassen waren.
Dafür gestattete man den minderbemittelten "Zaungästen" einen ausführlichen Einblick per Berichterstattung im >Senftenberger Anzeiger<.
Und das war ja auch schon mal was wert...