Neues 163 - 2015-01-11

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Matthias
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Neues 163 - 2015-01-11

Beitragvon Matthias » So 11. Jan 2015, 09:20

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Harald
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Re: Neues 163 - 2015-01-11

Beitragvon Harald » So 11. Jan 2015, 11:51

Die TECHNISCHE REVOLUTION um die Jahrhundertwende machte natürlich auch um Senftenberg keinen Umweg, sondern polterte mit neuen Erfindungen voll hinein. Neben Fahrrad, Fotokamera, Telefon, Radio und Automobil gab es viele andere neuartige "Gerätschaften", die in den Anfangsjahren für etliche Verwirrung sorgten.
Jene cleveren Geschäftsleute aber, die mit o.g. Erfindungen Handel trieben, gingen natürlich schnurstracks mit diversen, sensationslüsternen Werbeveranstaltungen in die Offensive.
Der STADTKELLER hatte als Ausrichter für derartige lukrative Veranstaltungen schon immer ein offenes Ohr gehabt. Neben Filmvorführungen, Tanzschulkursen & bunten Volksfesten im Brauchtum-Jahreskreis war man selbstredend auch für spannende Vorträge zu haben.

So hielt beispielsweise das 1898 entdeckte Element RADIUM nicht nur die Wissenschaft in Atem.
Zu den größten Publikumsrennern gehörten Beifall heischende

>RADIUM-EXPERIMENTAL-VORTRÄGE<.

ES GAB DES STAUNENS KEIN ENDE“,
tönte es allerorten, wenn der Physiker Hermann Scheffler aus Dresden im Dunkeln Hände durchleuchtete bzw. echte Diamanten oder den Glaskörper des geschlossenen Auges durch das Radium aufleuchten ließ.
Kaum verwunderlich also, dass auch die Senftenberger mal wieder richtig staunen wollten:

Radium-Vortrag 1908_resize.jpg

15. Januar 1908:

"Ueber das RADIUM, jenes rätselhafte Element, wird am Dienstag,
21. d. M., abends 8½ Uhr im STADTKELLER - SAALE
Herr Physiker S c h e f f l e r - T h o m a s aus Dresden
einen VORTRAG halten und die wunderbaren Eigenschaften dieses seltenen Stoffes, von dem auf der ganzen Erde bis heute nur höchstens 5 bis 6 Gramm existieren, in Experimenten zur Anschauung gelangen lassen. Es dürfte wohl für alle, die sich für die neue Erscheinung interessieren, lohnend sein, diese einmalige Gelegenheit, mit dem rätselhaften Stoffe bekannt zu werden, wahrzunehmen, umsomehr, als der Vortragende, dessen Vorträge in Berlin, Königsberg, Danzig etc. mit großem Beifall aufgenommen wurden, außer Vorführung der Kraft~ und Lichtwirkungen eines Präparates von 25 Milligramm Radium auch dessen Gewinnung, Verwendung in der Medizin, dessen Vorhandensein in den Thermalquellen von Baden-Baden etc., sowie die neuesten Forschungen auf diesem Gebiete eingehend behandeln wird."

Um die eventuell bis dato eher bescheidene Nachfrage nach Eintrittskarten anzuschieben,
rührte man nochmals die Werbetrommel am

20. Januar 1908:

"Auf dem am Dienstag abends 8½ Uhr im STADTKELLERSAALE stattfindenden Vortrag des Dresdener Physikers Hermann S c h e f f l e r über Radium sei nochmals aufmerksam gemacht. Der Vortragende wird die wunderbaren Kraft~ und Lichtwirkungen eines Radiumpräparates in gediegener Weise zur Anschauung gelangen lassen und jedem Wunsche inbezug auf das
Durchleuchten von Händen, Gegenständen etc. gern willfahren.
Das Licht der winzigen, dem Vortragenden zur Verfügung stehenden Radiummenge durchdringt noch Eisenplatten von 2 Zentimeter Dicke.
Bei der Seltenheit des Stoffes und der nur einmaligen Gelegenheit mit dem rätselhaften Element bekannt zu werden, wird der Vortrag sicher dem Interesse weiter Kreise begegnen..."

Kurz danach kamen viele Produkte, die Radium enthielten, auf den Markt und wurden sogar als Allheilmittel verkauft. Jetzt wissen wir, dass der »ärztliche« Nutzen des Radiums Quacksalberei war.
Ein selten komisches Beispiel dieser "Kurpfuscherei" war
die RADIUM-SCHOKOLADE,
die von der >Kakao und Schokoladenfabrik in Cottbus< Anfang des letzten Jahrhunderts mit dem gereimten Werbeslogan
"Das ganze Jahr im Radiumbade
durch Burkbraun-Radium-Schokolade !"
angeboten wurde.
Man stellte Radium als "ein alles durchdringendes Urkraft-Element dar, welches alle Energien der Weltseele enthalte".

Radium-Schokolade 1905_resize.jpg
In einer damaligen Firmen-Anzeige hieß es u.a.:

"Es hat sich ergeben, dass z.B. radioaktives Wasser auf die verschiedenen Organe des Körpers tätigkeitsfördernd, also wahrhaft 'verjüngend' wirkt. Bekannt ist, dass SCHOKOLADE eines der höchstwertigen Nähr- und Genussmittel ist. Einem ihrer Bestandteile das wundertätige RADIUM zu verbinden, war gewiss ein großer Gedanke. Und es ist ein Glück für Gesunde und Leidende, dass sich das weltpatentierte Verfahren in der durch die Güte ihrer Erzeugnisse berühmten Firma Burk & Braun in Cottbus in die Praxis hat umsetzen lassen.
Die Burkbraun-RADIUM-SCHOKOLADE zum Essen und Trinken wird aus köstlichen vollreifen Kakaobohnen gefertigt. Das RADIUM wird ihr in einer den Geschmack absolut rein erhaltender Weise zugefügt. Das Geheimnis ihrer raschen, durchgreifenden Wirkung beruht darauf, dass das RADIUM aus der EDELSCHOKOLADE ohne Verzug in die Blutbahn und so in alle Organe, Zentralnervensystem, in die Drüsen, in die Nerven bis in die letzten Verästelungen und Zellen gelangt.
Die gesundmachende, Gesundheit erhaltende, verjüngende Wirkung der Burkbraun-RADIUM-SCHOKOLADE ist also durchaus sichergestellt.
Darum genießen auch Sie regelmäßig zum Frühstück, zum Abend,
auf Reisen und beim Sport Burkbraun-RADIUM-SCHOKOLADE !"

Na dann: Guten Appetit ! ;-)

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Matthias
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Re: Neues 163 - 2015-01-11

Beitragvon Matthias » So 11. Jan 2015, 12:44

Wenn ich "Radium" höre oder lese, muss ich immer an die Szene aus dem Heinz Rühmann-Film
"Die Feuerzangenbowle" denken. Mit dem Versprechen, dass da jemand kommen würde, um "Radium zu zeigen"
lotste man die Mädchenklasse des Lyzeums in die Unterrichtsräume des Gymnasiums.
Und dann ging man zur "alkoholischen Gärung" über...

"jädar nor einen wänzigen Schlock"

Köstlich!

:D

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Harald
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Re: Neues 163 - 2015-01-11

Beitragvon Harald » So 11. Jan 2015, 18:27

Interessant hierbei ist, dass im 1933 veröffentlichten Roman von Heinrich Spoerl
"Die Feuerzangenbowle"
der kauzige Lehrer Prof. Crey, Spitzname "Schnauz", den Gymnasiasten beiderlei Geschlechts das Aufleuchten einer SELEN-Zelle im verdunkelten Klassenzimmer vorführt.
Im gleichnamigen Spielfilm von 1944 lockt der Schüler Pfeiffer (Heinz Rühmann) allerdings eine Mädchenklasse mit dem "RADIUM-Gucken" zu einer gemeinsamen Physikstunde, und sorgt durch "Verwandlung" in den Doppelgänger von "Schnauz" für gehörige Irritationen beim Oberschulrat...

Auf diese Weise schaffte es das sehr seltsame RADIUM bis in ein Film-Drehbuch...
Zweifellos blieb aber die angesprochene CHEMIESTUNDE über die "Alkoholische Gärung" einer der Glanzpunkte meines absoluten LIEBLINGSFILMS... :-)

alkoholische gärung_resize.jpg


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