Neues 165 - 2015-01-29

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Matthias
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Neues 165 - 2015-01-29

Beitragvon Matthias » Do 29. Jan 2015, 17:43

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Harald
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Re: Neues 165 - 2015-01-29

Beitragvon Harald » Sa 31. Jan 2015, 12:36

Die Artikel 4 bis 20 der Anlage zur Haager Konvention „betreffend die Gesetze und Gebräuche des Landkriegs“ legen in der Fassung von 1907 verschiedene Grundsätze zur Behandlung von Kriegsgefangenen fest.
Diese sind entsprechend Artikel 4 menschlich zu behandeln. Kriegsgefangene dürfen zur Arbeit herangezogen werden (mit Ausnahme der Offiziere).
Die gefangennehmende Partei hat für den Unterhalt der Kriegsgefangenen zu sorgen
(Artikel 7) und dabei die Kriegsgefangenen in Bezug auf Nahrung, Kleidung und Unterbringung wie die eigenen Truppen zu behandeln.
Die Unterbringung erfolgte unter Gefängnisbedingungen in einem der zahlreichen
KRIEGSGEFANGENENLAGER.
Während des 1. Weltkrieges gab es in Deutschland insgesamt 95 Mannschaftslager und 80 Offizierslager, in denen zusammen etwa 2,5 Millionen Mann untergebracht waren.
Das bekannteste in unserer Region war das

NEUE LAGER in KÖNIGSBRÜCK,

das für russische, serbische, italienische, belgische und französische KRIEGSGEFANGENE eingerichtet wurde.
Es wurde 1915 im >Senftenberger Anzeiger< wie folgt vorgestellt:

Königsbrück_Lager 1915_resize.jpg

"Das GEFANGENENLAGER ist für etwa 15000 Mann berechnet.
Am 27. Oktober 1914 umfasste es 14.535 Kriegsgefangene, darunter 5517 Franzosen und 6372 Russen. Es befindet sich inmitten von Nadel~ und Laubwald,
ist also gesundheitlich sehr günstig gelegen, bezeichnen doch die Gefangenen in ihren Briefen selbst das Lager als SANATORIUM & SOMMERFRISCHE.
Sie sind untergebracht worden in den bereits im Frieden vorhanden gewesenen massiven Räumen, Mannschafts-Wellblechbaracken und in neuerrichteten Holzbaracken. Innerhalb des Lagers können sich die Gefangenen auf großen, breiten Straßen ergehen, die bei Dunkelheit elektrisch beleuchtet werden. Es sind eine WASCHKÜCHE mit Warmwasserbereitung und ein TROCKENRAUM vorhanden. Außerdem sind reichlich Tröge für das Waschen der Leibwäsche durch die Gefangenen vorgesehen. Ein DUSCHBAD, in das die Gefangenen regelmäßig geführt werden, ist neben zahlreichen anderen Waschvorrichtungen vorhanden.
Die Gebäude haben teils OFEN~, teils ZENTRALHEIZUNG, ferner elektrisches Licht, Notlampen, Hydranten und andere Mittel gegen Feuersgefahr.
Auf peinlichste Sauberkeit wird streng gehalten. Ständige Arbeitskommandos kehren täglich mehrmals. Das Lager besitzt auch einen HANDSPRENGWAGEN.

Um Zucht, Ordnung und Reinlichkeit aufrecht zu erhalten, sind außer einem Kommando von je 20 Posten deutsche Unteroffiziere eingesetzt, denen je 500 bis 600 Gefangene unterstehen. Tatkräftige Unterstützung leisten ihnen die Barackenältesten und Dolmetscher französischer oder russischer Nationalität. Jeder Gefangene trägt als Erkennungszeichen eine Blechmarke an der Mütze, die die Barackenummer angibt.
Im Lager ist eine REVIERSTUBE, in der täglich vor~ und nachmittags Gefangene, die sich krank fühlen, behandelt werden.
Schwerkranke werden unverzüglich dem RESERVE- LAZARETT II in Stadt Königsbrück zugeführt. Das Lager konnte bisher von jeder Seuche freigehalten werden.
Mit besonderer Energie und Zähigkeit wird der Kampf gegen die Verlausung und die Möglichkeit des Auftretens von Fleckfieber geführt.

Das TAGEWERK der Gefangenen ist fest geregelt.
5 Uhr früh erfolgt das Wecken, 6 Uhr Appell mit namentlichem Aufruf,
6 1/2 bis 12 Uhr arbeitet ein ARBEITSKOMMANDO, von 1 1/2 bis 5 Uhr das andere. Frei~, Marsch~ und Exerzierübungen werden täglich mit den nicht auf Arbeit befindlichen Gefangenen nach deutschen Kommandos vorgenommen. Wo es angängig, werden sie in ihren Berufen beschäftigt, wozu der umfangreiche Betrieb des Lagers und Truppenübungsplatzes viel Gelegenheit gibt. Straßen werden ausgebessert oder neuangelegt, eine Kläranlage erweitert, Forstarbeiten vorgenommen. Die Schreibgewandten werden mit schriftlichen Arbeiten beschäftigt. Maler, Modelleure, Knüpfer usw. können ihre Kunst in einer besonderen kunstgewerblichen Werkstätte ausüben. Es sind bereits viele Kunstgegenstände fertiggestellt worden, die durch Stunden~ oder Stücklohn entlohnt werden.
Für Arbeiten in Landwirtschaft, Bergbau und Industrie werden Gefangene abgegeben; sie melden sich gern dazu. Für alle Arbeiten erhalten sie eine Geldabfindung, abgesehen von den Arbeiten für den inneren Dienst (Kehren usw.)

Die nach bestimmten Vorschriften erfolgende VERPFLEGUNG ist zurzeit zwei Unternehmern übertragen, deren Betriebe einer besonderen Aufsicht unterstehen. Täglich werden von Aerzten und Offizieren Kostproben entnommen. Das Lager hat eine KANTINE, in der obrigkeitlich genehmigte Preise gelten.
Auch für die seelischen und geistigen Bedürfnisse ist in weitestgehendem Maße gesorgt. Jeden Sonntag findet GOTTESDIENST in den verschiedenen Konfessionen statt;
ein französischer und russischer Chor wirken durch Gesang mit. Auch ist ein ORCHESTER vorhanden. An Sonntagen gibt es Theatervorstellungen und musikalische Darbietungen. Die zum Schluß veranstalteten freiwilligen Sammlungen werden je zur Hälfte zur Bestreitung der Ausstattungskosten und für die Musiker und Spieler verwendet.
Auch ein französischer TURNVEREIN, der sich Reck und Barren verschafft hat, ist vorhanden. In einer BÜCHEREI liegen zahlreiche Bücher und Zeitschriften aus.
Ein schöner FRIEDHOF nimmt die Verstorbenen auf..."

Königsbrück_Friedhof_resize.jpg

Angesichts dieser überbordend schwärmerischen Berichterstattung kommen mir doch arge Bedenken, zumal in vielen anderen Lagern die Gefangenen unter strikter Isolation, unendlichem Stehen beim täglichen Appell & harten Strafen bei Vergehen (Einzelhaft, Pranger etc.), lebensbedrohlicher Mangelversorgung und katastrophalen hygienischen Bedingungen litten.
Und in Königsbrück starben immerhin auch 724 Gefangene...


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