Sollten Sie demnächst im Kreuzworträtsel nach
„wechseltöniges Handzugsinstrument mit viereckigem Gehäuse“ gefragt werden,
dann könnte damit durchaus ein
BANDONION gemeint sein.
Beim Eintragen dieses Wortes sollte man allerdings auf die ev. alternative Schreibweise
BANDONEON achten.
In der Zeitschrift >Deutscher Sprachwart< erkundigte sich im Jahre 1866 ein Leser nach der Bedeutung des ihm unbekannten Begriffs „Bandonion“ an und erhielt im Leserforum folgende Auskunft:
„Unter BANDONION versteht man in hiesiger Gegend eine Ziehharmonika, welche durch den Instrumentenmacher Band in CREFELD einige Verbesserungen erfahren hat. Worin letztere bestehen, ist mir unbekannt; ich weiß nur, daß BAND Ziehharmonikas verfertigt und solche nach seinem Namen ‚Bandonion’ nennt.
‚Klappern gehört zum Handwerk’, sagt ein altes Sprichwort, dem leider in Deutschland nach Vorgang der Franzosen sehr gehuldigt wird.“Dieser Sprachwart war ganz sicher ein Gegner der vielen französischen Wörter, die damals Eingang in die deutsche Sprache fanden.
Das gleiche Problem haben wir ja mittlerweile mit den zahllosen Anglizismen, die häufig nur mehr oder weniger fantasievolle,
englisch klingende Wortschöpfungen sind…
Doch zurück zum
BANDONION:
Den Namen verdankt dieses
MUSIKINSTRUMENT dem Krefelder Harmonikahändler
HEINRICH BAND (1821 – 1860), der in Anlehnung an die Wortschöpfung AKKORDION nach dem italienischen Wort „accord“ (Zusammenklang) und der altgriechischen Endsilbe „ion“ (das Gefundene) seine weiterentwickelte
ZIEHHARMONIKA anfangs
>BANDION< taufte, den Begriff aber für Marketingzwecke nicht wohlklingend genug befand, und das Instrument ab 1845 als
>BANDONION< in den Handel brachte.
Es erlebte glanzvolle Zeiten und schaffte es in Argentinien dank traumhafter Exportzahlen (mehr als 30.000 Stück) bis zum „Volksinstrument“, wo es durch seine unverwechselbare Klangfarbe und seinen besonderen Charme als Begleitinstrument beim „argentinischen TANGO“ Kultstatus erlangte, ja sogar zur >Seele des Tangos< gekürt wurde.
Auch das kleine Dorf
CARLSFELD im Erzgebirge macht diesbezüglich mit seinem
>BANDONION – FESTIVAL< auf sich aufmerksam. Im Herbst jeden Jahres wird das fast schon vergessene Instrument wieder zu neuem Leben erweckt, bei dem auch internationale Künstler aus dem Tango-Genre gastieren. Die berühmtesten, bis heute gespielten Bandonions wurden nämlich von ALFRED ARNOLD in eben diesem kleinen Ort gebaut.
Obwohl man selbstredend auch in KREFELD am Rhein in unregelmäßigen Abständen seines berühmten Sohnes gedenkt,
hat das BONDONION in Deutschland an Bedeutung verloren.
Die Orchester, die meist auf eine über 100-jährige Tradition zurückblicken können, haben sehr große Nachwuchsprobleme.
Ihre verdienstvollen Bandonionspieler sind inzwischen „in Ehren ergraut“ und junge „Bandonionisten“ sind nicht in Sicht. Außerdem bauen & reparieren nur noch sehr wenige Privatbetriebe diese Harmonikas.
Da dieses Instrument nicht so leicht zu erlernen und zu spielen ist, greifen viele musikinteressierte Kinder auf Anraten ihrer auf Hausmusik eingestellten Eltern oder Großeltern dann doch eher zum AKKORDEON.
Das war in den späten 1920er Jahren auch in unserer Bergbauregion noch ganz anders, als sich nämlich unter die zahlreichen SCHALMEIEN~ & MANDOLINEN~ auch mal ein BANDONION-Orchester mischte.
Die Ziehharmonika galt als >Klavier des kleinen Mannes< und war typisch für die Arbeiterviertel. In den Abendstunden klangen oft melancholisch klingende Weisen, vor allem alte Volks~ und Heimatlieder, aber auch romantische Schlagermelodien, aus den Werkshäusern herüber.
Und obwohl wir damals noch keinen „Senftenberger See“ besaßen,
durfte natürlich die uralte argentinische Volksweise >LA PALOMA< nicht fehlen – immerhin auch ein TANGO, der ursprünglich ein
KASCHEMMENTANZ war, dann gesellschaftsfähig wurde und inzwischen zum
WELTKULTURERBE gehört...
So ändern sich die Zeiten...
![Lächeln :-)](./images/smilies/icon_e_smile.gif)