Neues 170 - 2015-03-15

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Matthias
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Neues 170 - 2015-03-15

Beitragvon Matthias » So 15. Mär 2015, 16:20

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Harald
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Re: Neues 170 - 2015-03-15

Beitragvon Harald » Mo 16. Mär 2015, 19:52

WER KEIN GELD HAT, DRUCKT SICH WELCHES.
Im Ersten Weltkrieg taten das viele deutsche Städte und Gemeinden, selbst Firmen bezahlten ihre Belegschaft mit selbstgemachten Scheinen. Die Stimmung war euphorisch gewesen, im August 1914.
Die Nation bejubelte den Aufbruch in den Krieg,
am raschen Sieg gab es keinen Zweifel.
Welcher Kleingeist wollte da an Bunkern, an Hamstern, an Horten denken?
Damit Handel und der alltägliche Einkauf überhaupt noch möglich waren, gaben Gemeinden und große Arbeitgeber Ersatzgeld aus - als Akt der Selbsthilfe, ohne Genehmigung aus der Hauptstadt. Deshalb nannte man das Kind auch lieber nicht beim Namen und druckte GUTSCHEIN, ANWEISUNG, SPAREINLAGE auf die Scheine...

Da alle weiteren Fakten zum NOTGELD bereits abgehandelt wurden,
mache ich aus der NOT eine Tugend und wende mich heute einer kurzen >Erzählung mit belehrender Absicht< zu:

Fabel_resize.jpg

Viele Generationen von Schülern fanden in ihrem Lesebuch diese FABEL vor, die sie ernsthaft ermahnte, dass ausschließlich der Fleiß das Brot bringt, die Faulheit dagegen nur die Not - kurz gesagt:
OHNE FLEISS KEIN PREIS !
"Natürlich guckt gelegentlich auch schon mal der Hunger ins Fenster", erläuterte der Lehrer, "aber man darf ihn nicht ins Haus lassen."
Für solche unvorhergesehenen Notfälle oder Notzeiten wurde mit einem zurückgelegten GELDBETRAG vorgesorgt.
Mit Bezug auf die früher sehr verbreitete GROSCHEN-MÜNZE nannte man ihn einfach

NOTGROSCHEN

Diese Wortschöpfung geht auf den >Herzog JULIUS zu Braunschweig-Wolfenbüttel< zurück, welcher durch den reichen Ertrag seiner Silberbergwerke auf den Gedanken kam, zu allgemeinem Nutzen seinen Untertanen einen NOTPFENNIG in die Hand zu geben.
Er ließ daher in den Jahren 1574/88 Silbermünzen zu 10, 5, 4, 3 und 2 TALER prägen.

Löserthaler_resize.jpg

Von solchen musste ein jeder ein Stück nach seinem Stand und Vermögen um den drauf gesetzten Wert einwechseln, wohlverwahrt aufheben, und jährlich an einem bestimmten Tage seiner Obrigkeit vorzeigen.
"Adelige, Vornehme und wohlhabende Personen" nahmen ein 10-Thaler-Stück; "Leute von mittelmäßigen Vermögen" bekamen ein halb soviel geltendes Stück, und "geringeren Untertanen" wurden auch kleinere Gattungen von dieser neugeprägten MÜNZE zugeteilt,
die allerdings niemals verkauft werden durfte.
Somit wusste der Herzog, welche Summe Geldes im Lande vorhanden war und konnte selbiges bei plötzlich eintretendem Geldmangel zu Kriegs~ oder anderen Staatsausgaben sofort einfordern.
War eine solche schlimme Zeit gottlob vorüber, ersetzte der Herzog wiederum den Wert in anderem Gelde.
Diese in ihrer Art einzigartige Münze führte die Bezeichnung
JULIUS-LOESER bzw. LOESER-THALER (von 'auslösen').
Wie viele einst geschlagen wurden, ist nicht bekannt.
Es ist wohl auch nirgends zu lesen gewesen, dass diese Münzen jemals eingelöst wurden. Herzog Julius hatte es wohl auch gar nicht nötig, denn er ging sehr sparsam mit seinen Finanzen um, besoldete seinen Hofstaat gerecht, sorgte aber dafür, dass seine Ausgaben niemals die Einkünfte überstiegen, sondern vielmehr alljährlich einen ziemlichen Überschuss erwirtschafteten. Er verschleuderte sein Geld nicht durch überflüssige Pracht oder bei Schwelgerei und Glücksspielen, sondern wachte streng über Einnahmen und Ausgaben und ließ sich jeden Samstag von allen fürstlichen Ämtern eine Berechnung über eingenommenes und wieder ausgegebenes Geld oder sonstige Lieferungen & Abgaben schicken.
Kurios: sein Tresor-Buchhalter musste einen kurzen Auszug auf Pergament schreiben, welchen Julius an zwei Röllchen täglich am Hals trug, und somit Einkommen & Ausgaben zu jeder Zeit einsehen konnte.

Übrigens hat der NOTGROSCHEN auch noch zwei andere Namen:
in den ärmeren Gegenden Deutschlands hieß er früher NOTPFENNIG,
in der wohlhabenden Schweiz dagegen NOTBATZEN
- was wohl auch nicht anders zu erwarten war...;-)

Zum Schluss noch ein interessantes Zitat zum NOTGROSCHEN
- nein, nicht aus einem Schullesebuch,
sondern aus der >Altpreußische Monatsschrift< von 1872:

"Thatsächlich liegt die Sache jetzt so, daß sich einige Arbeiter auf die öffentliche Unterstützung verlassen, daß sie es für vollständig unnötig halten, in den Tagen der Jugend zu sparen, um für die Zeit des Alters einen NOTGROSCHEN zu besitzen, und daß sie förmlich bestrebt sind, so bald als möglich das bequeme Dasein eines Ortsarmen führen zu können, wo sie dem Gutsbesitzer oder der Gemeinde zur Last fallen, Allmosen empfangen und dabei ein vagabondierendes Leben führen.
Diese Art müßte unweigerlich, nach Geschlechtern getrennt, in Armenhäuser untergebracht werden, wo die wirklich Arbeitsunfähigen verpflegt, die Arbeitsscheuen und bloß Schwächlichen aber ihren Kräften angemessen beschäftigt werden..."


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