Neues 173 - 2015-04-05

[Matthias]

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[Harald]

"Jauchzeit, ihr Himmel, jubelt, ihr Lüfte,
was in den Höhen, was in den Grüften !
Düstere Stunden sind nun verschwunden:
des Hohen, Frommen Glanz ist gekommen !

Frühling, erwache, Blumenflor, lache,
hier auf den Feldern, dort in den Wäldern !
Rosen, Violen, duftet verstohlen,
streut in die Lüfte würzige Düfte !"
(Hymne aus dem 15. Jh.)

Man hat vielfach die deutsche Benennung OSTERN von einem altdeutschen heidnischen Feste der germanischen Frühlingsgöttin OSTARA herleiten wollen. Andere wieder behaupten, dass der OSTERMONAT einfach nach dem Osterfeste benannt worden ist; dieses wieder habe seinen Namen nach der im OSTEN wiedergeborenen Sonne des Frühjahres. Welche Deutung richtig ist, kann dahingestellt bleiben. Es lässt sich nicht einmal mit Sicherheit sagen, ob alle OSTERBRÄUCHE wirklich germanischen Ursprungs sind.
OSTERN galt als die froheste Zeit des Jahres. Deshalb wurden von den christlichen Kaisern zu Ostern die Gerichtsverhandlungen eingestellt und Verbrecher, die nicht allzu Schweres verbrochen hatten, begnadigt.
Sklaven wurden von ihren Herren freigelassen und Arme wurden beschenkt.
Alle Arbeit ruhte.
Wir wollen uns allerdings heute auf den sprichwörtlichen
OSTERSPAZIERGANG
begeben - und zwar ganz standesgemäß mit den einst in der Schule erlernten Versen aus Goethes >Faust< :

"Vom Eise befreit sind Strom und Bäche
Durch des Frühlings holden, belebenden Blick,
Im Tale grünet Hoffnungsglück..."

Zum OSTERSPAZIERGANG (traditionell erst am Ostermontag) zog sich früher die Familie neue Kleider an, um sich wie die Natur neu zurechtzumachen und das Glück auf die Kleider zu ziehen. Vorher fand dafür am Gründonnerstag und Karfreitag das Kleiderlüften gegen die Mottenplage statt. Die Bauern umschritten an diesem Tag ihre Felder. Dies war sozusagen der 'Osterspaziergang der Landleute'.

Wie dieser festtägliche Spaziergang in unserer Heimatstadt ablief, schilderte der >Senftenberger Anzeiger< am 6. April 1926 wie folgt:

"Befreit von Eis sind Strom und Bäche" ... befreit vom Alltag war auch jedes Menschenkind. Draußen in der Natur sproß Baum und Strauch, jeder Feldrain, vor einigen Wochen noch grau und nüchtern, zeigte zu den Feiertagen den in Scharen hinauseilenden Spaziergängern und Touristen sein neues Kleid - sein neues saftiges Osterkleid.
Aber nicht nur in der Natur hatte die liebe Sonne den Termin des Kleiderwechsels pünktlich innegehalten - auch wir Menschen konnten es uns nicht verwehren, eine äußere Umwandlung in Erscheinung treten zu lassen. Der Pelzkragen und ~mantel, alle uns so lieb gewordenen anderen Kleidungsstücke des Winters, sie mußten zu den Feiertagen unbarmherzig der allmächtigen Sonne weichen. Die Damen in den hellsten und farbenprächtigsten Schöpfungen der Tyrannin Mode, die Herren im leichten und bequemen Sommeranzug, so wanderte an den beiden Feiertagen, zu denen sich noch der Karfreitag gesellte, halb Senftenberg, nach den wenigen, aber doch nicht alles Reizes entbehrenden Auflugsorten unserer Stadt...Niemtsch...Marga...Brieske...und die beiden beliebten Gaststätten 'Höhe 304' und 'Weintraube' wiesen einen Rekordbesuch auf, der besonders am 1. Osterfeiertag - dem vom Wetter begünstigteren - zu verzeichnen war. Wer nicht gut laufen konnte, oder einem kleinen Erdenwurm seine elterliche Obhut hatte angedeihen lassen müssen, siedelte sich auf dem Elsterdamm an, der dann auch eine bunte Reihe - nicht nur von neuen Kleidern, sondern auch von neuen Kinderwagen aufweisen konnte...Der Elsterdamm - die Promenade Senftenbergs... - Um 7 Uhr morgens des 1. Feiertages weihte ein Bläserkonzert vom Kirchenstuhl der Deutschen Kirche den Festtag ein, um nach Schluß des Gottesdienstes die Andächtigen mit einigen Festtagsweisen heim zu geleiten.
Die Mittagsstunden sahen dann den Marktplatz von Menschenmassen umsäumt, die das von der Stadtkapelle Koar dargebrachte Osterkonzert dankbar aufnahmen. Ein --- zwei Stunden Mittagspause, dann hatte die Natur gesiegt. Ihren Sonnenstrahlen entzog sich niemand !"

Zum oben angesprochenen Thema FRÜHLINGSMODE konnte man in gleicher Ausgabe ergänzend lesen:

DIE MODE ZU OSTERN

"Schöne Tage verändern und beleben sofort das modische Bild auf der Straße. Man wird viele zartfarbige JACKENKLEIDER - Jacke und Rock mit dem neuen Musterplissee - zu Ostern sehen und die kurze JACKE bevorzugen. Junge Mädchen tragen das neue BOLEROJÄCKCHEN, als Kostümjäckchen oder Bolerokleid. Auch die kurze MATROSENJACKE zum JUMPERKLEID und das kurze CAPE zum Nachmittagskleid, sowie kleine und weiche HÜTE sind überall zu sehen..."

Und letztlich durften auf keinen Fall die belehrenden Hinweise an
KLEINE & GROSSE VANDALEN
fehlen:

"Frühling ist's nun worden in Wald und Feld. Die Knospen der Bäume springen, die Sträucher beginnen sich mit ihrem grünen Festkleid zu umspinnen und auf den Wiesen recken Krokus, Anemonen und Gänseblümchen ihre Köpfchen. Da treibt es den Menschen mit Gewalt hinaus in die erwachende Natur. Daß er sie doch immer recht genieße !
Wir meinen, mit den Augen - nicht mit den Händen !
Sowie die Haseln und Weiden ihre Kätzchen entwickeln, sowie die Anemonen ihre Köpfchen zeigen, werden sie auch schon geplündert und büschelweise abgerissen. Ganze Zweige werden von Sträuchern gebrochen...Es gehört sich nicht, Wiesen~ und Waldwege auf beiden Seiten 'abzugrasen'. In ganzen Bündeln braucht man die Blumen doch nicht heimzutragen ! Eltern und Vormünder müssen hier eindringlich auf das Gemüt ihrer Schutzbefohlenen einwirken, nicht nur mit Ermahnungen, sondern vor allen Dingen mit der Tat, mit dem guten Vorbild !
SCHONET DIE NATUR UND DAS GEFÜHL EURER MITMENSCHEN !"

Nun denn: die Sonne lacht vom Himmel - machen wir uns also auf zu einem zünftigen OSTERSPAZIERGANG - und überlassen die Weidenkätzchen den Bienen...