Neues 178 - 2015-05-10

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Matthias
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Neues 178 - 2015-05-10

Beitragvon Matthias » So 10. Mai 2015, 08:11

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Harald
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Re: Neues 178 - 2015-05-10

Beitragvon Harald » Mo 11. Mai 2015, 20:13

Himmelfahrtstour.jpg
"Mit Sang und Klang und lust'gem Lied geht's hinaus in's Grün; heißa,

HIMMELFAHRTSTAG


ist's, und was zu Pfingsten im größten Maßstabe werden soll, das wird im großen schon heute.
Zu Wagen, auf leichtem Rad, auf den alten sicheren Rappen des Schusters, im Wagen des mit grünem Gezweig geschmückten Zuges geht es vorwärts in die Welt hinaus,
in die schöne Flur, den schimmernden Wald...
Der HIMMELFAHRTSTAG ist außer dem kirchlichen Feiertag seit alter,
langer Zeit auch als der berufenste Tag des Jahres für EINZEL~ & MASSENAUSFLÜGE. In solch froher WANDERSCHAFT geht Geist und Herz auf, neuer frischer Mut beseelt uns und spornt an zu weiterem ehrlichen Wirken und zu muthigen Vorwärtsstreben im ew'gen Kampfe dieses Lebens. Möge schönes Wetter den Tag begünstigen !"

So jubilierte der >Senftenberger Anzeiger< am 23. Mai 1900.
Die Bürgerschaft unserer Stadt und der umliegenden Orte war schon seit jeher ein "feierwütiges Völkchen" und eng mit seinen städtischen und dörflichen Traditionen verbunden. Zu allen großen und kleinen Fest~ und Feiertagen des Jahreslaufs war das Lokalblatt voller Inserate, die für Konzerte, Bälle, Tanzveranstaltungen, Umzüge u.v.m. warben, wie hier am 11. Mai 1904:

Himmelfahrt Reppist 1904_resize.jpg
"Unsere STADTKAPELLE gibt morgen, am Himmelfahrtstage, im Garten des >Gasthofes zum Feldschlößchen< in REPPIST ein GARTENKONZERT, auf welches besonders aufmerksam gemacht wird, da der in voller Blüte stehende Garten jetzt an Tagen, an denen die Fabrikarbeit ruht, einen prächtigen Aufenthalt bietet. Im Fall ungünstigen Wetters ist in dem geräumigen Saal und den Restaurationsräumen Unterkunft zu finden.
Anziehungskraft dürfte auch die gute Verpflegung ausüben, welche sich der Wirt Herr Karrass und seine Gattin angelegen sein lassen."

Nun werden Sie sich fragen:
"UND WAS HAT HIMMELFAHRT
MIT DEM AMTSGERICHT ZU TUN ?"
Sie werden sich wundern:
"SEHR VIEL !",
denn wo gefeiert wurde, führte zwangsläufig auch Teufel Alkohol Regie.
So wurde durch Vernebelung des Gehirns schon mal aus einer feucht-fröhlichen Runde
eine üble "Keilerei", bei der nicht nur die Fäuste flogen.
Im >Senftenberger Anzeiger< wurde unter >LOKALES UND HEIMATLICHES< regelmäßig von diesen Übeltätern, einige Zeit später unter der Rubrik >AUS DEM GERICHTSSAAL< über deren Verurteilung berichtet.
Man kann im Nachhinein über die Art & Höhe des Strafmaßes schmunzeln,
eins steht aber (umgangssprachlich) fest:
ES WURDE FRÜHER NICHT LANGE GEFACKELT !
Überzeugen Sie sich selbst. Ich habe aus der Vielzahl der "HANDGREIFLICHEN VORKOMMNISSE" des Zeitraums 1904 bis 1909 nur ein paar ausgewählt
und analog Urteile aus vergleichbaren Prozessen zugeordnet.
Wohl bekomm's !

"Vor einem Restaurant stand gestern ein FAHRRAD kurze Zeit ohne Aufsicht,
als auch schon ein DIEB kam, sich darauf schwang und davonfuhr.
Dem benachrichtigten Herrn Polizeisergeanten H. gelang es, Roß und Reiter ausfindig zu machen und so konnte der Eigentümer sein Rad wieder bekommen, während der Dieb eine etwas verfrühte HIMMELFAHRTSTOUR antreten mußte."

(...welcher wegen Diebstahls angeklagt ist. ...wurde zu 1 Woche Gefängnis verurteilt.)

"Eine erhebliche SCHLÄGEREI fand Mittwoch Vormittag vor dem Restaurant VICTORIAGARTEN statt. Saßen dort drei Grubenarbeiter, und als zwei auswärtige Handelsleute in das Restaurant gehen wollten, warf einer der Arbeiter nach dem einen Handelsmann eine Schnapsflasche, welche letzteren am Bein traf. Als der Mann seinen Unwillen über das Vorkommniß äußerte, sprangen die drei Männer auf und schlugen ohne Weiteres auf die Handelsleute ein, warfen auch einen der Gemißhandelten in den Chausseegraben. Die beiden Gemißhandelten flüchteten in das Restaurant und ihnen folgten die Raufbolde und schlugen drinnen weiter los. Dem Ruhe gebietenden Sohne des Wirths, ebenso letzterem selbst erging es nicht viel besser, bis sich die ins Freie gedrängten und drohend vor dem Restaurant auf~ und abgehenden Schläger dann von selbst verzogen.
Dieser direkt vom Zaune gebrochene Streit verdient eine ganz energische Ahndung."

(...welcher wegen gefährlicher Körperverletzung angeklagt ist. Angeklagter wurde zu 30 Mk. Geldstrafe ev. 10 Tagen Gefängnis verurteilt.)

"Ein BÖSER EHEMANN mußte gestern am HIMMELFAHRTSTAGE den Weg nach dem Polizeigewahrsam antreten. Nachdem er genügend Schnaps genossen, fing er Krakehl mit seiner Frau an, mißhandelte dieselbe und als die Hauswirthin Ruhe gebot, zog er sein Küchenmesser, und nur durch Dazwischenkunft eines herbeigekommenen Mannes wurde verhindert, daß er den beabsichtigten Schlag mit dem Messer gegen die Frau ausführen konnte...Die schnell benachrichtigte Polizei nahm sich des Excedenten sehr warm an und brachte ihn an den für solche Elemente gesicherten Bestimmungsort."

(...welcher wegen Mißhandlung des Klägers angeklagt ist.
Er wurde zu 12 Mk. Geldstrafe ev. 4 Tagen Gefängnis verurteilt.)

"Zu einer WÜSTEN SCHLÄGEREI kam es gestern mittags auf der hiesigen Stadtflur.
Der Arbeiter K. ging nach seiner Wohnung und mußte an der Tür seines 'Freundes' P.,
welche etwas offen stand, vorbei. In demselben Augenblick schlug ihn P. mit einem starken Stock über den Kopf, sodaß K. taumelte. Hierzu kam Frau P. Beide zogen den sich mit einem Meißel wehrenden K. in die Stube, schlossen von innen zu und schlugen unbarmherzig auf ihn ein. Er schrie laut um Hilfe. Seine Frau wollte ihm Rettung bringen und schlug mit einem Beil die Türfüllung ein, bekam aber ebenfalls von den Eheleuten P. Schläge.
Aus mehreren zum teil durch Nähte ärztlicherseits geschlossenen Kopfwunden blutend fand der herbeigerufene Wachmeister die Teilhaber vor.
Da sich die Staatsanwaltschaft ins Mittel legen dürfte, wird es wohl nicht wieder zur Schlägerei kommen."

(...wegen gemeinschaftlicher Körperverletzung, ferner Bedrohung angeklagt sind.
Angeklagte wurden zu 16 Tagen Gefängnis, Frau P. zu 2 Wochen Gefängnis verurteilt.)

"In vergangener Nacht übten zwei ANGEHEITERTE MÄNNER ihr Gesangsorgan und,
zur Ruhe verwiesen, vergaßen sie sich soweit, die Nachtpolizeibeamten erst zu beleidigen, dann thätlich angreifen und ihnen auch noch die Uniform vom Leibe zu reißen.
Daß solche Angelegenheiten nicht so glatt abgehen, werden die Thäter wahrscheinlich bald zu wissen bekommen."

(...wurden wegen gemeinschaftlicher Körperverletzung und wörtlicher Beleidigung zu 3 Wochen Gefängnis verurteilt.)

Wirtshausrauferei_resize.jpg
So. Nun haben Sie einen kleinen Eindruck davon gewonnen, mit welchen brisanten Vorfällen & kriminellen Delikten es die Senftenberger Amtsrichter vor über 100 Jahren zu tun bekamen.
Und in der wöchentlich erscheinenden, meist 20 cm langen Spalte
>AUS DEM GERICHTSSAAL< tummelten sich mitunter bis zu 15 Urteilsempfänger...;-)



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