Neues 185 - 2015-07-19

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Matthias
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Neues 185 - 2015-07-19

Beitragvon Matthias » Sa 18. Jul 2015, 16:12

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Harald
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Re: Neues 185 - 2015-07-19

Beitragvon Harald » So 19. Jul 2015, 10:39

Schützenfest 1438.jpg

VON DER VOGELSTANGE ZUM SCHÜTZENHAUS

Eine Hauptveranlassung zur Gründung bewehrter SCHÜTZENGILDEN war das sichere Geleit, welches die Stadtbewohner den Reisenden und Kaufleuten zu geben hatten. Hierfür benötigte man neben einem gut gefüllten ZEUGHAUS vor allem wehrfähige BÜRGER, die an den damals gebräuchlichen Waffen, der Armbrust und später der Büchse, ausgebildet und vor allem in deren sicherer Handhabung geübt waren.
Der Übungsplatz, auf welchem die städtischen Schützen ihre Schießübungen abhielten, führte den Namen ZIELSTATT.
Ursprünglich wurde nur mit der ARMBRUST nach einem hölzernen Vogel geschossen. Da war dann die sog. VOGELWIESE die Zielstatt. Das musste ein draußen vor der Stadt gelegener freier Platz sein, weil die mit der Armbrust abgeschossenen Bolzen eine freie Flugbahn erforderten, die auf keinen Fall in der Nähe von Häusern liegen durfte.
Draußen vor der Stadt, in der Nähe der KAPELLE ZUM HEILIGEN KREUZ, an THAMM, lag das von Köckeritz'sche VORWERK, das der Rat anno 1510 erworben hatte. Dort stand auch die VOGELSTANGE der Schützen, die auf einer sehr genauen Zeichnung von 1628 erkennbar ist.

Vogelstange SFB [1628]_resize.jpg

Als nach dem 30-jährigen Krieg das Büchsenschießen in Gebrauch kam, wurde die Zielstatt in Senftenberg nach dem an der Westseite der Stadtmauer gelegenen FESTUNGSGRABEN verlegt, wobei der FESTUNGSWALL als besondere Schutzvorrichtung diente.
Durch die unterhalb des Walles von Norden nach Süden führende SCHIESSGASSE gelangte man zum "SCHÜTZENZELT" , einer sehr gebrechlichen hölzernen Baracke, die den stolzen Namen >SCHIESSHAUS<* trug.
Am 23. Juni 1734 wurde es an der Stelle, wo später das Haus des Drechslermeisters
W. K a i s e r stand, feuchtfröhlich eingeweiht. Es wurden immerhin 24 Peitscheln Bier
und 8 Kannen Wein getrunken. Das zum Bau erforderliche Holz, 22 Stämme nebst Schwellen, wurde unentgeltlich aus dem Stadtforst geliefert. In den Unruhen des Siebenjährigen Krieges (1756 - 1763) wurde das Gebäude gänzlich zerstört.

Stadtplan SFB 1751_resize.jpg

* blauer Pfeil **roter Pfeil

Über den Fortgang der Geschichte zitiere ich nun wörtlich aus der >PAULITZ - CHRONIK< :

"Im Jahre 1769 wurde das neue Brau~ und Malzhaus am STADTGRABEN erbaut...Da der hierzu bestimmte Bebauungsplan unmittelbar an der Schußlinie des Festschießens der Gilde lag, wurde das Grabenschießen in der Stadt aufgehoben und der SCHIESSPLATZ nach außen hin vor die Stadt verlegt.
Auf Anordnung des Bürgermeisters S c h n e i d e r und des Rates der Stadt hatte man den Platz hierzu durch Umtausch mit der Gemeinde Jüttendorf hergegeben, dort, wo das jetzige SCHÜTZENHAUS am Briesker Wege steht...Vorläufig wurde bis auf weiteres ein neues SCHÜTZENZELT in der einfachsten Form dort errichtet, welches daher nicht von großer Bedeutung war.
Im Jahre 1810 wurde das alte SCHÜTZENZELT am STADTGRABEN unweit des KREUZTORES für 10 Thaler an den Nagelschmiedemeister
W i l k e verkauft. Von diesem Grundstück mußte alljährlich ein sogenannter Kanon, d. i. ein Grundzins oder Erbzins, an die Schützenkasse entrichtet werden. Auf dem Grundstück steht jetzt das Haus des Drechslers K a i s e r.
Im Jahre 1818 hatte die Gilde ein Barvermögen von 318 Thaler, 23 Silbergroschen, 10 Pfennig für den Bau eines neuen massiven SCHÜTZENHAUSES angesammelt. An freiwilligen Beiträgen waren hierzu von der Bürgerschaft 79 Thaler, 17 Groschen, 5 Pfennige = 238,75 Mark hergegeben worden und im Jahre 1821 wurde der Bau mit einem Kostenaufwande von 2097 Thaler, 12 Groschen, 9 Pfennige = 6292,29 Mark ausgeführt.
Das nunmehrige neue, den Verhältnissen der Neuzeit entsprechende SCHÜTZENHAUS** wurde dann durch feierliche Einweihung seiner Bestimmung übergeben, sowie in den Jahren 1822 bis 1840 für den Preis von jährlich 90 Thalern an verschiedene Personen verpachtet.
Auf Veranlassung mehrerer Schützenbrüder wurde aber dann im Jahre 1840 der Antrag gestellt, das SCHÜTZENHAUS zu verkaufen, weil der letzte von den bisherigen Pächtern wegen schlechter Einnahme nur 70 Thaler Pacht zahlen wollte. Doch zog sich der Verkauf hin bis zum Jahre 1844, in welchem Jahre es der damalige Pächter, Kunsttischler D a h m e, innehatte. Der Letztgenannte kaufte das SCHÜTZENHAUS dann laut Vertrag vom 26. September / 10. Oktober 1843 für den Preis von 1700 Thalern. Von diesem und seinen Erben ist es dann bis zum 20. Mai 1896 bewirtschaftet worden, an dem genannten Tage aber durch Kauf für den Preis von 66.000 Mark an den Brauer Hans H ä n i g übergegangen und bis zum heutigen Tage in dem Besitze dieser Familie (seines Sohnes) verblieben."

Vogelschießen 1899_resize.jpg

Abschließend ein kleiner Vers aus dem LIED, welches ein Senftenberger Kantor anlässlich des am 21. März 1763 gefeierten FRIEDENSFESTES (nach Beendigung des Siebenjährigen Krieges) gedichtet hatte:

Gott, gib Fried' in allen Landen, Glück und Heil zu allen Standen,
So wird unser kleiner Ort größer werden fort und fort.
Stadt und Schießhaus bleiben stehn, bis dann alles wird vergehn !

Nun ja, das SCHÜTZENHAUS hat es leider schon erlebt...:-/

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NACHTRAG:

Ich habe mich redlich bemüht, das o. e. Hohlmaß "PEITSCHEL" näher zu definieren.
Die Google-Suche bescherte mir lediglich 2 Snippet-Ansichten aus der Zeitschrift >LETOPIS< (1974), die aber keinerlei Aufklärung brachten. Da es sich bei >LETOPIS< um eine >Zeitschrift für sorbische Sprache, Geschichte und Kultur< handelt, liegt nahe, dass dieser Begriff aus diesem Bereich stammt:

Letopis_1974_resize.jpg

Das Weinmaß "KANNE" differierte einst in den deutschen Regionen zwischen
0,9 und 1,8 Liter.


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