DAS VERLORENE PARADIES
Für viele ist das Paradies lediglich ein mythologischer Ort.
Andere verbinden damit ein gartenähnliches Utopia, wo gute Menschen für immer leben und bei allem, was sie tun, Freude und Befriedigung finden.
Mit dem Wort
PARADIES wird die ursprüngliche Heimat des Menschen, der "Garten Eden", bezeichnet. Die Bibel beschreibt diesen Garten als einen realen Ort, wo die ersten beiden Menschen lebten — ohne Krankheit und Tod. Da sie nicht auf Gott hörten, ging das Paradies verloren. Viele Prophezeiungen der Bibel sprechen jedoch davon, dass in der Zukunft das Paradies für die Menschen wiederhergestellt wird.
Auch das
>PARADIES<, welches sich einst als „Grüne Lunge“ im Reich der staubigen Kohlengruben und Brikettfabriken behauptete, ging leider für immer verloren, als sich die gierigen Baggerschaufeln nach Hörlitz und Senftenberg II hineinfraßen. In den Jahren 1958 bis 1961 wurde der Aufschluss des Tagebaus Meuro getätigt und der
PARADIESBERG abgebrochen, am 20. Januar 1965 wurde der 42 Meter hohe
WASSERTURM gesprengt und damit der einstige Ortsteil
>PARADIES< für alle Zeiten ins Reich der Erinnerungen versenkt.
Daran werden auch die o.g. biblischen Versprechungen von einer eventuellen Wiederherstellung nichts ändern können...
Im beliebten
GASTHAUS „PARADIES“ trafen sich Hörlitzer & Senftenberg-Zweier mit ihren Freunden bei einem genüsslichen Schoppen Wein, nannten es einmütig
UNSER PARADIES und kehrten dabei wohlweislich unter den sprichwörtlichen ‚Schanktisch’, dass der
ORTSTEIL >PARADIES< ihnen eigentlich gar nicht gehörte, denn er lag, wie wir auf alten Karten sehen können, schon auf der Feldmark MEURO.
Aber wer wollte schon ein so wunderschönes Fleckchen Erde so ohne weiteres hergeben, wo es doch zum kleinen Dörfchen Meuro entschieden weiter war, als nach Senftenberg II oder Hörlitz ?
Das Gasthaus
"PARADIES" mit seinem großen Konzertgarten und einer Kegelbahn machte schon um die Jahrhundertwende im >Senftenberger Anzeiger< Werbung für diverse Veranstaltungen wie Konzerte & Bälle, Kegelabende, sowie Vereins~ und Familienfeste bei ‚Kaffee und Käsekeulchen’ und konkurrierte damals lediglich mit dem Senftenberger
"SCHÜTZENHAUS" um die Gunst der zahlenden Gäste, denn der
"REICHSADLER" und die
"EICHE" öffneten erst viele Jahre später ihre Gaststuben, Säle & Zapfhähne.
Unsere Altvorderen schwärmten hin und wieder von den schönen erholsamen Stunden im Grünen, die sie an Sonn~ und Feiertagen hier genießen konnten. In meiner Kindheit war allerdings von der einstigen Schönheit nichts mehr zu sehen.
Ich kann mich lediglich noch an eine gespenstisch anmutende Ruine erinnern; der einstige große Garten war von wilden Hecken umwuchert und das Spielen auf diesem fast undurchdringlichen Gelände wäre sogar für uns abenteuerlustige Jungen eine echte Herausforderung gewesen. Uns zog es deshalb in sprichwörtlich "jugendlichem Leichtsinn" eher in die nahegelegene, bereits ausgekohlte Tagebaugrube, wo wir dem dort tätigen Pumpenwärter, der das aufstrebende Grundwasser in Zaum hielt, öfter mal einen kleinen Streich spielten. Als er dem überdrüssig wurde und sich einen Schäferhund zulegte, wurde dieses 'Kapitel' zwangsläufig für beendet erklärt.
Als Ausgleich dafür bot uns aber das übrige Areal ein "ernährungstechnisches Schlaraffenland" und machte somit seinem Namen
PARADIES alle Ehre.
Wir Nachkriegskinder ernteten hier nämlich in Mundraubmanier Hasel~ und Walnüsse, Hagebutten, Klaräpfel ("Augustäpfel") - vor allem aber die "süßen Früchte" eines hohen Weizenbirnbaums, die umgangssprachlich "Dickstielchen" hießen. Hierbei mussten wir uns oft gegen natürliche Konkurrenten, die umherschwirrenden Wespen, zur Wehr setzen.
Der sogenannte
PARADIESBERG mit dem steilen Anstieg der Klettwitzer Straße zum
WASSERTURM war dann schon so etwas wie das
ENDE DER WELT. Vor dem hohen, weithin sichtbaren Wahrzeichen gabelte sich die Klettwitzer Straße - nach links bergauf zog sich die "Teerstraße" in Richtung Klettwitz, rechts ging es auf einer "Sandstraße" nach Meuro und Drochow. Erstere ist auf dem zweiten Foto, letztere auf der linken Postkarte zu sehen...
Heute geht kein Weg an der Erkenntnis vorbei:
das
PARADIES haben wir verloren.
Übrig geblieben sind nur ein paar Postkarten & Fotos und eine vage Erinnerung an das, was Hörlitzer und Senftenberg-Zweier einmal an Schönem besessen haben...
