Neues 191 - 2015-09-04

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Matthias
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Neues 191 - 2015-09-04

Beitragvon Matthias » Fr 4. Sep 2015, 16:08

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Harald
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Re: Neues 191 - 2015-09-04

Beitragvon Harald » Fr 4. Sep 2015, 19:09

Generalstreik 1920_Beginn.jpg
Der GENERALSTREIK ist eine Aktion der gesamten Arbeiterschaft eines Landes oder einer Region für die Durchsetzung ökonomischer oder politischer Ziele.
Er ist wegen seiner umfassenden Unterbrechung des Alltags überaus wirksam, da unterschiedliche Bereiche des öffentlichen Lebens (Verkehr, Post, Ver- und Entsorgung) zum Erliegen kommen.
Neben ökonomischen Ursachen kann ein Generalstreik auch politische Ursachen haben, wie zum Beispiel beim KAPP-PUTSCH in der Weimarer Republik, wo er schließlich zur Niederschlagung des Putsches schon nach ca. 100 Stunden führte.
>DER WAHRE JAKOB< , eine deutsche sozialdemokratische Satirezeitschrift, die 1879 gegründet wurde und mit Unterbrechungen bis 1933 erschien, war über lange Zeit die meistgelesene Zeitschrift im Umfeld der SPD. Sie karikierte dieses Ereignis wie folgt:

Der wahre Jakob_März 1920_resize.jpg


Die Arbeitsniederlegungen begannen am 15. März 1920 und waren die größten in der deutschen Geschichte. Über 12 Millionen Menschen beteiligten sich daran - darunter auch die Werktätigen aus Senftenberg & Umgebung. Der >Senftenberger Anzeiger< berichtete davon in Fortsetzungen:


15. März 1920:

"Veranlaßt durch die Nachrichten aus Berlin über den stattgefundenen MILITÄRPUTSCH hatte die sozialdemokratische Partei des Kreises Calau am Sonnabend einen AUFRUF an die Arbeiter aller Parteirichtungen zu einer MASSENDEMONSTRATION am Sonntag vormittag 10 Uhr erlassen.
Dieser Aufforderung waren mehrere Tausend Arbeiter gefolgt, welche auf dem MARKTPLATZE hielten. Aus den Ansprachen der Redner war zu entnehmen, daß die drei sozialistischen Parteien sich geeinigt hatten mit der Parole des gemeinsamen Kampfes gegen die Reaktion und Verkündung des GENERALSTREIKS als Gegenmaßnahme gegen die Gewaltaktion in Berlin.
Der Zug bewegte sich dann in voller Ruhe und Ordnung nach dem GESELLSCHAFTSHAUS, woselbst noch eine VERSAMMLUNG stattfand.
Im Laufe des Nachmittags erließ der Aktions-Ausschuß noch folgenden Aufruf an alle Arbeiter:

'Der Aktions-Ausschuß, welcher sich aus allen drei vereinigten sozialistischen Parteien gebildet hat, erklärt hiermit für die Niederlausitz den GENERALSTREIK! Wir fordern die gesamte werktätige Bevölkerung (alle Hand~ und Kopfarbeiter) auf, Montag früh bis auf weitere Weisungen des Aktions-Ausschusses die Arbeit einzustellen!
...Seid fest! Bewahrt Disziplin! Es geht um das Ganze!'

Heute sind anstelle des sonst üblichen Jahrmarktsbildes MENSCHENANSAMMLUNGEN zu bemerken, die eifrig die Ereignisse besprechen. Die durch rote Armbinden und Gewehre kenntlichen Mitglieder oder Bevollmächtigten des Aktionsausschusses durchfahren im Automobil die Straßen, um Ordnung und Ruhe aufrecht zu erhalten.
Bisher ist alles ruhig geblieben und ein Jeder erwartet mit Spannung den weiteren Verlauf der Ereignisse."

16. März 1920:


"Der gestrige Tag des GENERALSTREIKS verlief in völliger Ruhe.
Die Straßen waren bis in die späten Abendstunden äußerst stark belebt, da infolge des angekündigten Jahrmarktes auch von auswärts Besucher erschienen waren. Einzelne auswärtige Geschäftsleute errichteten eine Jahrmarktsbude und eröffneten gegen Mittag den Verkauf; so kam wenigstens ein kleines Jahrmarktsbild zustande.
Das hiesige POSTAMT hatte schon morgens auf Weisung der Ober-Postdirektion den Betrieb eingestellt, wurde jedoch am Nachmittage von der Roten Armee besetzt, welche sofort den Fernsprechdienst übernahm. Im Laufe des Tages wurden noch mehrere lebenswichtigen BETRIEBE besetzt, und verschiedene Autos, Motorräder, Kutschwagen und Waffen beschlagnahmt. In den Nachmittagsstunden erließ der Aktions-Ausschuß eine ANORDNUNG, nach welcher zur wirksameren Durchführung des ausgerufenen GENERALSTREIKS sämtliche Geschäfte und Bureaus geschlossen zu halten sind, ausgenommen die Lebensmittelgeschäfte. Ueber Notstandsarbeiten entscheidet das STREIKKOMITEE, Sitz: Gasthaus Thamm.
Ferner wurden alle Tanzlustbarkeiten verboten.
Die Jahrmarktstanzmusiken, welche schon begonnen hatten, mußten daher abgebrochen werden. Von 9 Uhr ab wurde in den Restaurationen die Polizeistunde angeordnet. Außerdem wurde eine Verordnung erlassen, welche den Verkauf und Ausschank von Branntwein verbietet.
Die Unternehmer auf dem Neumarkt mußten ihre Karussels und Luftschaukeln ohne Musik laufen lassen und um 8 Uhr schließen.
Das Passage-Kino schließt erst um 10 Uhr, die Vorstellungen beginnen aber bereits um 4 Uhr.
Der Aktions-Ausschuß gibt noch folgendes bekannt:
Im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe und Ordnung wird die Bevölkerung ersucht, in der Zeit von 10 Uhr abends bis 5 Uhr morgens die Wohnungen nur in besonders dringenden Fällen zu verlassen."

18. März 1920:

"Der Aktions-Ausschuß Senftenberg gibt bekannt:
Regierung Kapp-Lüttwitz bedingungslos zurückgetreten. Generalstreik bleibt bestehen, bis die Regierung umgebildet ist. Zur Zeit ist H i r s c h Ministerpräsident.
Reichswehr wird von Berlin zurückgezogen und entwaffnet."

"Für gestern nachmittags 3 Uhr hatte der Aktions-Ausschuß eine VOLKSVERSAMMLUNG nach dem Gesellschaftshause einberufen.
Der Saal war überfüllt. Es wurde über die gegenwärtige Lage Bericht erstattet...Die Führer ermahnten zu weiterem Ausharren bis zum vollen Erfolg."

22. März 1920:

"Die für gestern vormittags 10 Uhr einberufene VOLKSVERSAMMLUNG im Gesellschaftshause war von ca. 3000 Personen besucht.
Herr Dahlenburg legte in ausführlicher Weise die Errungenschaften des GENERALSTREIKS dar, deren wirksame Durchführung der fortbestehende Aktions-Ausschuß überwachen wird und forderte dann zur WIEDERAUFNAHME der ARBEIT auf, die zum Wiederaufbau unseres schwer darniederliegenden Wirtschaftslebens unumgänglich notwendig ist...Zum Schluß der Versammlung erschien der komm. Landrat Herr Freter, welcher die Arbeiter zur Einigkeit aufforderte.
Darauf folgte ein DEMONSTRATIONSZUG der Versammelten durch die Stadt, welcher dem Andenken der Toten gewidmet war."

Auf einem vom Aktions-Ausschuß herausgegebenen FLUGBLATT wurde der Sieg über Kapp-Lüttwitz gefeiert und der ABBRUCH des GENERALSTREIKS für Montag, den 22. März 1920 empfohlen.
Am 13. April wurde auf Verfügung des Regierungspräsidenten zu Frankfurt a.O. die POLIZEISTUNDE allgemein für die Zeit vom 15. April bis 30. September 1920 auf 11½ Uhr festgesetzt...

...und somit lief das öffentliche Leben wieder in gewohnten Bahnen...!


Generalstreik 1920_Ende.jpg


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