Neues 204 - 2015-11-29

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Matthias
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Neues 204 - 2015-11-29

Beitragvon Matthias » Sa 28. Nov 2015, 14:32

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Harald
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Re: Neues 204 - 2015-11-29

Beitragvon Harald » Sa 28. Nov 2015, 17:09

Schulkinder_resize.jpg
VON SCHULKINDERN & HOLZPANTINEN

Ich kann mir gut vorstellen, dass einst in der KOLONIE MARGA der eine oder andere, bereits pensionierte Bergmann mit seiner Gattin gemütlich des Morgens am Kaffeetisch saß, als plötzlich auf der Straße ein Hasten und Klappern anhub, das, je mehr der Uhrzeiger der 7 (im Sommer) oder 8 (im Winter) näher rückte, ständig anwuchs, um mit dem Glockenschlag um 7 oder 8 Uhr wieder abzubrechen. Die Erklärung hierfür war einfach:
Die schulpflichtigen Kinder trabten zur Schule und eine Gruppe war darunter, die dafür sorgte dass die oben bezeichneten Geräusche nicht zu leise ausfielen.
Das waren die PANTINENTRÄGER.
Ja, die HOLZPANTINEN waren früher in Gebrauch und erfreuten sich speziell bei den Jungen sogar einer gewissen Bevorzugung.
Die Gründe dafür sind nicht schwer zu erraten.
Wer einmal Gelegenheit hatte, Jungen in ihrer Freizeit zu beobachten, wird wissen, daß es dabei durchaus auch heute noch nicht immer friedlich zugeht.
Und damals wurde eben der harmlose HOLZPANTOFFEL in der Hand solches Kampflustigen zur Waffe, die er mit bewundernswerter Geschicklichkeit zu handhaben wusste. Entgegen ihrer ursprünglichen Bestimmung wanderten die PANTOFFEL dann in die Hände, und auf Strümpfen wurde - sicher zur Freude der Mütter dieser PANTOFFELHELDEN - der Kampf aufgenommen, der meist mit der Flucht des Schwächeren endete.
In naturgetreuer Kopie der schon damals sattsam bekannten Wildwestgeschichten nahm der Sieger, seine PANTINEN wie der Indianer seine Streitaxt schwingend, die Verfolgung auf, um vielleicht im günstigen Augenblick seine Fußbekleidung noch im Rücken des Flüchtlings landen zu lassen...
Diese Verwendungsart der PANTINEN wurde natürlich von Eltern und Lehrern nicht gutgeheißen. Schließlich mühte sich letzterer nach der damals gebräuchlichen "Klippschule-Methode" in einem monotonen Dialog seinen Schülern
die Herkunft des Wortes
>HOLZPANTOFFEL<
zu vermitteln:

Lehren und Lernen 1827_resize.jpg

Dies war durchaus angebracht, weil einer Zeitungsmeldung von 1833 zufolge
"der Bedarf an HOLZPANTOFFELN in den letzten Jahren etwas größer geworden ist, weil es zweckmäßig schien, den Kindern nicht mehr in dem Maaße wie früher zu gestatten, im Sommer baarfuß zu gehn, was viele derselben sonst so gar gern thun."

Dagegen wetterte wiederum die >Deutsche Lehrerzeitung< schon im Jahre 1857 bezüglich der Gesundheitspflege in der Volksschule:

"So ist das Barfußgehen der Schulkinder im Sommer lieber anzuempfehlen als zu verwehren, und ist in jeder Beziehung der Bekleidung mit unförmlichen, schweren, schmutzigen, lärmenden, klappenden und gang~ und fußverderbenden Stiefeln und Holzschuhen oder Holzpantoffeln vorzuziehen."

Dies nutzte man natürlich prompt in einem Rundschreiben an die Lehrer der Volksschulen "daß den Schülern der Besuch der Schulen auf HOLZPANTOFFELN nicht zu gestatten sei; ausgenommen werden nur die Fälle, wo der Gebrauch lederner Fußbekleidung wegen kranker Füße nicht zulässig, oder wo das einzige Paar Stiefel, resp. Schuhe beim Schuhmacher ist."
Diese Anordnung wurde mit dem Umstand motiviert, "daß wegen der Bauart unserer Schulhäuser der Gebrauch von HOLZPANTOFFELN seitens der Schüler eine Störung des Unterrichts herbeiführen würde."

Gerade in der ländlichen Gegend hatten die beliebten
HOLZPANTOFFEL, ~PANTINEN oder ~LATSCHEN
Eingang gefunden und werden dort auch bis heute am meisten getragen - in der Küche,
im Waschhaus oder im Stall, sowie bei feuchter Witterung im Freien auf dem Hof.
Für die Herstellung verwendet man meist Erlen- oder Pappelholz.
Das Holz hält warm und ist sehr robust. Zwei bis drei Jahre tun die HOLZLATSCHEN trotz Feuchtigkeit und Schmutz ihren Dienst.
In einem wendischen Sprichwort heißt es:
"In Holzpantinen ist nicht gut tanzen, aber sie halten die Füße warm."

Und so hatte "Lieschen" zwar auch recht feste, wasserdichte Schuhe, allein die HOLZPANTOFFELN waren ihr lieber, denn sie ließen sich so wunderbar leicht aus~ und anziehen. Dabei bildete sie sich ein, daß die Pferde, Kühe, Hühner, Enten und Gänse das Klappern der PANTOFFELN melodischer fänden, als das leisere Einherschreiten auf Schuhen. Und zur Not hätte man die HOLZPANTOFFELN ja auch mit Samt besohlen können, bevor es zum Tanz in den "Dorfkrug" ging...

Noch einmal zurück zur SCHULE in MARGA:
Hier wurde mit Sicherheit, wie wir dem Foto aus dem >Senftenberger Anzeiger< des Jahres 1936 entnehmen können, der Grundstein für den späteren Erfolg der heimischen FUSSBALLMANNSCHAFT >SV Sturm Grube Marga< gelegt.

1936_resize.jpg

"In diesem Jahr errang die Mannschaft der Schule Marga, die im vorigen Jahr im Endspiel unterlag, die Fußballmeisterschaft der Schulen des Kreises Senftenberg. Die ganze Fußballgemeinde beglückwünscht die tapferen Jungen !"

Die Schulmannschaft spielte aber bestimmt nicht in HOLZPANTOFFELN,
- doch wohl eher in Fußballschuhen, welche liebevoll TÖPPEN genannt wurden... ;-)


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