Neues 120 - 2014-03-15

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Matthias
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Neues 120 - 2014-03-15

Beitragvon Matthias » Sa 15. Mär 2014, 11:00

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Harald
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Re: Neues 120 - 2014-03-15

Beitragvon Harald » Sa 15. Mär 2014, 17:18

>WER ZÄHLT DIE GRUBEN, NENNT DIE NAMEN<

Es ist nicht verwunderlich, dass neben all den schönen Ansichten von Senftenberg und seiner Umgebung auch Postkarten von TAGEBAUGRUBEN auftauchen. Diese riesigen Krater in der Landschaft, auf deren Grund einst riesenhafte Flöze freilagen und an deren Hängen sich der gelbe Sand zunehmend auftürmte, haben nun mal das Bild unserer Region maßgeblich geprägt.

„Die hohen, schwarzen Wände des Kraters waren angebohrt. Spitzhacken hatten sich in die Flöze gefressen. Kamine waren ausgehauen, in denen die Kohle »gescharrt« wurde, dass heißt, in die untenstehenden Waggons rutschte. Viele schwarze Gänge waren sieben bis acht Meter tief in das Flöz gegraben und sollten gesprengt werden. Bis unter die hohen Terrassen der Halden führten andre Stollen hin zur Kohle. Wie ein eisernes Urwaldvieh ragte ein großer Sandbagger über den Rand der Grube. Wasser sackte an vielen Plätzen oder schoss aus den schwarzen Arbeitslöchern. Die Waggons standen still. Sie ruhten eine Stunde bis zur neuen Schicht. Die Arbeiter auf den Abraumplätzen ruhten nicht. Viele junge Burschen karrten schwere Loris. Die Grube sah sehr traurig aus. Traurig war auch der Lohn der Arbeiter. Sie verdienten zwanzig und dreißig Mark die Woche und mussten jeden Tag elf Stunden arbeiten.“

Bergleute_resize.jpg

Gern wurden die Gruben und Halden mit einer „Mondlandschaft“ verglichen und das war nicht mal so abwegig, denn auf fast allen Tagebau-Postkarten sind zwar technische Großgeräte (Bagger, Förderbrücken) und Transportmittel (Grubenzüge), allerdings wie auf dem Mond, keine Menschen zu sehen. Die zahlreichen Bergleute, also Häuer und Förderleute, waren ebenso unsichtbar, wie alle übrigen Handarbeiter, die vielen Karrenläufer, Schlepper und Fuhrleute. Sie alle hatte man einfach ausgespart.
Um die Jahrhundertwende boten die in den Braunkohlewerken Beschäftigten ein buntes Bild:
ehemalige Kleinbauern, arbeitslose Industriearbeiter, bankrotte Handwerker, sowie ausgewiesene oder ausgewanderte Bergarbeiter, Gelegenheitsarbeiter und Tagelöhner überwiegend aus Polen, Galizien und Ruthenien. Sie alle zogen nach erfolgreicher Arbeitssuche in die Barackenlager der umliegenden Dörfer ein, die man offiziell als „Schlafhäuser“ oder „Arbeiterkasernen“ bezeichnete.

„Sie waren wie menschliche Kaninchenställe und angefüllt mit unzähligen Kindern, die überall sind, wo arme Leute eng beieinander hausen. Manche Werke betonen nicht nur durch ihre Werkgemeinschaften und Wohlfahrtsorganisationen ihr soziales Herz. Sie gingen zur praktischen Hilfe über und hatten für die jungen Arbeiter große Baracken gebaut. Das waren Kasernen aus Stein oder aus Holz mit kahlen Zimmern, in denen nichts war als übereinandergestellte Holzpritschen, ein Tisch, ein Schrank und vier billige Sessel. Für die ganze Woche wurden nur 85 Pfennig Miete berechnet.
Ein Lobgesang für das gute Herz der Grubenbesitzer !
Aber: ein Zimmer in der Wohnbaracke bringt in jeder Woche von vier Leuten drei Mark, wenn man alle Unkosten abzieht. In einem Jahre bringt es immerhin einhundertfünfzig Mark. Nun gibt es Baracken, die zwanzig Zimmer haben. Und zwanzig mal hundertfünfzig ist immerhin noch dreitausend. Das gute Herz bringt der Grubenverwaltung aus einer einzigen Baracke in einem einzigen Jahr dreitausend Mark Miete ein! Das ist viel mehr, als so ein dreckiges Haus kostet.“


Schlechte hygienische und untragbare soziale Zustände und geringer Lohn trugen zu einer großen Fluktuation bei. Und dabei hatten sich die meisten Grubenarbeiter schon mit der sehr langen Arbeitszeit abgefunden: anfangs betrug die Schichtdauer über Tage 12 Stunden (davon 2 Std. Pause), lag aber gewöhnlich weit höher –
in Zeiten der großen Konjunktur meist bei 14 bis 16 Stunden.
Dadurch wuchs natürlich die Zahl der Unfälle und Gesundheitsschädigungen immens in die Höhe.

„Wie und wo verunglückten die Bergleute? An den Motoren, Transmissionen und Maschinen, durch elektrischen Strom und feuergefährliche und ätzende Dämpfe, durch Sturz von den Leitern und Treppen, durch Splitterschlag, Zusammensturz und Einbruch in den Gruben. Der Bahnbetrieb forderte die schwersten Opfer. In einem Jahr verunglückten über vierhundert Bergleute durch ihn. Im vergangenen Jahr hatte der Senftenberger Bezirk vierzehn Tote, die der Betrieb verschlang. An was sterben die Bergbauproleten? Welche Krankheiten schlagen sie nieder? Sie sterben an Magenkrebs, Lungentuberkulose, Blutvergiftung, Rückenmarkverletzung, Herzschlag oder verunglücken tödlich und werden verschüttet.“

Eigentlich ist es sehr schwer zu verstehen, woher unsere Urgroßväter den Mut nahmen, um schon damals in alle Welt hinaus zu rufen:
>ICH BIN BERGMANN – WER IST MEHR ?<
Erinnern wir uns also in großer Ehrfurcht und Dankbarkeit an die "Bergbau-Pioniere",
auch wenn sie nur überaus selten auf den GRUBEN-Postkarten zu entdecken sind…;-)

(Zitiert wurde aus:
Max Barthel >Deutschland - Lichtbilder und Schattenrisse einer Reise< 1926;
Foto aus: W. Schossig u.a. >Bergbau in der Niederlausitz< 2007)


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