Ein reiselustiger Zeitgenosse stellte schon 1791 fest, dass KAFFEEHÄUSER zu den beliebtesten Belustigungsorten in der Stadt gehören. Bei dem Besuch eines solchen stellte er allerdings verwundert fest:
"Wenn in andern Ländern die Bestimmung der KAFFEEHÄUSER ist, Kaffee zu trinken, so sieht man hier die freyen Reichsbürger schon des morgens früh, grose Biergläser ausleeren, und das braune Getränke, welches hier vortrefflich gebraut wird, statt des Kaffees zu sich nehmen."
Ich weiß nicht, wie es im SCHLOSS-CAFÉ gehandhabt wurde, nehme aber an, dass dort ein reichhaltiges Sortiment an kalten & heißen Getränken angeboten wurde. Wichtiger für mich war die Tatsache, dass besagtes Etablissement sich gegenüber anderen städtischen KAFFEEHÄUSERN zusätzlich als
>HAUS DER GUTEN MUSIK<
etabliert hatte.
Und die KAFFEE-KONZERTE müssen wohl der 'Renner' gewesen sein.
Es klang auf keinen Fall so, "als ob zwei zerbrochene Geigen um ihre verlorene Jugend jammern, eine schwindsüchtige Flöte über nahrungslose Zeiten klagt und ein grämlicher Baß im tollen Weltschmerz darein brummt..."
Es war auch kein DILETTANTENKONZERT, bei dem alle oder die meisten Instrumente nur mit 'Musikliebhabern' (Laienmusikern) besetzt wurden. Nein, im SCHLOSSCAÉ waren Voll-Profis am Werk, was sich schon an den unten zitierten Musikbeispielen ablesen lässt.
Im >Senftenberger Anzeiger< schaltete das SCHLOSS-CAFÈ kaum Anzeigen.
Dafür wurde aber unter der Rubrik >AUS DEN KONZERT-KAFFEES UND KABARETTS<
regelmäßig über die Musiker und deren Programmfolgen berichtet:
10. September 1927:
"Was in anderen Städten schon lange zur Pflege guter Musik geschieht, soll auch hier durchgeführt werden. Der Wert dieser
SONDERKONZERTE liegt darin, daß sie ganz besonders den Wünschen des kunstverständigen Publikums angepaßt sind.
Hier wird nur das Schönste und Wertvollste geboten, um zu zeigen, daß die Musik nicht nur zur Unterhaltung da ist, sondern auch noch einen anderen Zweck zu erfüllen hat. Ein BEETHOVEN und ein BACH schrieben z.B. niemals ihre Werke zum bloßen Ohrenschmaus, sondern ihr Leben, ihr Empfinden spiegelt sich darin. Es ist schwer, dies zu verstehen. Hier muß der Zuhörer ein gewisses Einfühlungsvermögen mitbringen. Dieses ist fast jedem Menschen gegeben; es braucht nur geschult, besser noch geweckt zu werden. Zum größten Teil gewöhnt, leichte und unterhaltende Kunst zu genießen, ist ein tieferes Denken und Empfinden ausgeschlossen. Wer da glaubt, nichts von Musik zu verstehen, und den richtig gehenden Konzerten etwas fremd und verständnislos gegenübersteht, irrt sich. Ihm fehlt nur die nötige musikalische Erziehung, die wird damit bezweckt.
Deshalb ist es zu begrüßen, daß auf besondere Anregung im
SCHLOSS-KAFFEE regelmäßige >Musikalische Morgenfeiern< stattfinden sollen. Auf dem Programm der morgen, Sonntag, stattfindenden stehen Werke von Grieg, Mozart, Beethoven usw.,
so daß ein seltener Kunstgenuß bevorsteht, zumal sich das
TRIO WALTER MILIK eines guten Rufes erfreut.
Und die Künstler werden ihr Bestes hergeben.
Es ist also Gelegenheit gegeben, sich die Werke unserer großen Meister anzuhören. Wer ein einziges Mal versucht hat, das Leben, den Inhalt dieser Tonschöpfungen zu erfassen, ist auf dem besten Wege dazu, seinem Innern etwas zu geben, was letzten Endes zum Bedürfnis wird. Insofern erfüllt die Musik ihren Zweck, den Sinn für Schönes und Erhabenes zu wecken."
5. November 1927:
"Bei der Fülle der Angebote, die auf die Ausschreibung einer offenen Stelle in der Besetzung einer
KAFFEEHAUS-KAPELLE eingehen, ist es mitunter sehr schwierig, passende Kräfte zu finden. Die guten Musiker mit entsprechender künstlerischer Reife sind trotz des großen Angebots an
KAFFEEHAUSMUSIKERN nicht dick gesät. Von ihnen wird außerdem noch eine repräsentable Erscheinung verlangt.
Von dem ab 1. November hier engagierten
KÜNSTLER-TRIO KARL-HEINZ KNIRRE kann ohne Einschränkungen gesagt werden, daß es alle Vorzüge, die man von einer guten
KAFFEEHAUS-KAPELLE verlangt, in sich vereinigt. Das bewies am besten das gestrige erste Sonderkonzert.
Es war wirklich ein schöner, anregender Abend, der uns gestern beschert wurde. Es genügt vollauf, im Rahmen dieser kurzen Besprechung die Solodarbietungen des gestrigen abwechslungsreichen Programms herauszuheben.
Wenn es Heinz Kreyer gelang, bei der Wiedergabe der schwierigen 12. Liszt'schen Rhapsodie einen ehrlich gespendeten Beifallssturm hervorzuzaubern, so zeigt das deutlich, daß er den Anforderungen vollauf gerecht wurde und das Publikum in ihm den lange vermißten Liszt-Solisten gefunden hat. Bei dieser Gelegenheit erhielt der neue Ibach-Flügel seine Weihe.
Wer den >Czardas< von Monti kennt und gehört hat, wie ihn Karl-Heinz Knirre spielt, wird dessen künstlerische Fähigkeiten zu schätzen wissen.
Dabei scheint es, als ob er überhaupt jede technische Schwierigkeit aus dem Handgelenk schüttelt...
Anschließend zeigte sich das
KÜNSTLER-TRIO KNIRRE als ganz prächtige Stimmungskapelle."
1. Dezember 1928:
"Seit dem 1. Dezember befindet sich das
KÜNSTLER-TRIO REPRICH, KLAUKE, LAMERS im Schloß-Café. Es begann seine Tätigkeit mit dem traditionsgemäßen
ANTRITTSKONZERT, um sich dem Publikum in künstlerisch-musikalischer Weise vorzustellen. Das gut gewählte Abendprogramm sah für jeden der drei Herren ein
SOLO vor.
Herr Reprich spielte schmissig und in tonreiner vollendeter Wiedergabe:
>Zigeunerweise<, Violin-Solo von Sarasate,
Herr Klauke die >Ungarische Rhapsodie Nr. 14<, wobei er sich als routinierter Liszt-Spieler entpuppte, und Herr Lamers,
in dem wir einen guten alten Bekannten im Reengagement begrüßen, das Cello-Solo >Brise de mer< von Leoncavallo, das an seinen Interpreten große Anforderungen stellt und großes musikalisches Können erfordert, was aber glänzend gerechtfertigt wurde.
Nach dem Beifall zu urteilen, der allen drei Herren überaus reichlich gespendet wurde, erfreut sich das
KÜNSTLER-TRIO REPRICH, KLAUKE, LAMERS ,
der uneingeschränkten Wertschätzung und Zuneigung des Publikums.
Herr Reprich trat dann noch als Sänger auf. Er sang die bekannte Löwe-Ballade
>Tom, der Reimer<, die ihm wieder reichlich Beifall einbrachte.
Herr Lamers verschaffte sich gleichfalls Freunde durch die Darbietung des >Cardas<,
von ihm gesungen mit Klavierbegleitung.
Das übrige Programm war mit Perlen des klassischen und modernen Repertoirs ausgefüllt."
Somit waren die Leser des Lokalblattes stets gut informiert und falls ihnen das jeweilige Programm zusagte, traf man sie bei nächster Gelegenheit im Konzertpublikum, auf jeden Fall aber zum zünftigen Rutsch ins neue Jahr bei der traditionellen SILVESTERFEIER wieder...