Wenn die Soldaten durch die Stadt marschieren,
öffnen die Mädchen die Fenster und die Türen.
Ei warum ? Ei darum !
Ei bloß wegen dem Schingderassa, Bumderassasa !
Dieses Lied erklang erstmals um 1880 in den deutschen
GARNISONSSTÄDTEN.
Ob beim Absingen auch tatsächlich überall die Fenster und Türen aufgingen, ist nicht überliefert. Glaubhaft ist es schon, denn Mädchen und Frauen in früherer Zeit sahen gern Soldaten, vor allem natürlich Offiziere in knapp anliegenden Uniformen und glänzenden Waffen und tanzten liebend gern mit ihnen auf diversen Bällen, denn die Offiziere tanzten gut und umschlangen so zart, und nicht so ungelenk und tölpisch wie die zivilen Herren Aktuare, Commissäre, Assessoren und wie sie alle hießen.
Auch in unserer Stadt war vor langer, aber leider nur für kurze Zeit solcherlei Vergnügung, wenn überhaupt, möglich.
Denn es gab tatsächlich einmal:
DAS FESTE HAUS SENFTENBERG
war 1543, ein Menschenalter vor Ausbruch des 30-jährigen Krieges, unter Kurfürst Moritz neu erbaut worden. Sein Nachfolger, Kurfürst August, ließ das
SCHLOSS um ein Stockwerk erhöhen und errichtete auch die Befestigungsanlagen auf dem
KOSCHENBERG.
Der
WACHTURM dort oben wurde 1583 errichtet und stand genau 50 Jahre. Diese hochgelegene
WARTE war als Vorposten des >festen Hauses Senftenberg< gedacht und diente besonders der Ausschau nach etwa anrückenden feindlichen Heerhaufen.
Zur Zeit ihrer größten Stärke wies die
FESTUNG SENFTENBERG breite und tiefe Wassergräben, hohe und starke Wälle, Zugbrücken, Kasematten, Ausfallpförtchen und 3 wehrhafte Türme auf.
Die Lage mitten in den Sümpfen der Schwarzen Elster erhöhte die Stärke dieser
VERTEIDIGUNGSANLAGE.
Dem
SCHLOSS SENFTENBERG ging eine mittelalterliche Wasserburg voraus, die um 970 auf den Grundmauern einer alten slawischen Befestigung errichtet wurde. Sie diente hauptsächlich der Niederhaltung der wendischen Bevölkerung während der Zeit der Ostexpansion deutscher Ritterheere.
Es war im Jahre 1609, als unter der Regierung Kurfürst Christians II (1591-1611) in Senftenberg die erste
FESTUNGSBESATZUNG mit einem
GESCHÜTZ einzog und die Stadt somit kurfürstliche
GARNISON wurde. Sie stand unter dem Kommando hoher Offiziere, was ihre Bedeutung im 17. Jahrhundert unterstreicht.
Nachdem die Anlage durch einen umschließenden
WALL auf quadratischem Grundriss mit Eckbastionen zur Stadt hin gesichert wurde, erhielt das Schloss den Rang einer
FESTUNG.
Aber schon am 13. April 1661 dankte auf kurfürstlichen Befehl die Besatzung des >Churfürstlichen Vestungs Hause Senftenbergk< wieder ab.
Bevor man allerdings die Soldaten verabschiedete, stellte man noch einmal gewissenhaft, ja schon kleinlich zusammen, wie stark die
ARMIERUNG DER FESTUNG war, denn ein Teil der Ausrüstungsgegenstände sollte nämlich nach anderen kursächsischen Festungen abtransportiert werden. Von den aufgeführten Waffen kann man auf die ungefähre Stärke der
GARNISON schließen. Immerhin lagerten in der
>RÜST CAMMER< 77 starke, 53 gewöhnliche und 15 abgetragene Musketen "die man offm Walle brauchen thut", sowie 45 Hackenröhren mit Federschlössern, 70 Picken, 72 Handgranaten und 4 Zentner Lunten zum Entzünden der Sprengladungen. Für letztere standen im
>PULVER GEWELBE< u.a.
7 Zentner & 50 Pfund Pulver zur Verfügung.
Bei Ausbruch des Siebenjährigen Krieges fiel das einzige vorhandene Geschütz allerdings in die Hände Friedrich des Großen, "der glaubte, es in Berlin besser gebrauchen zu können".
Nach Beendigung des Krieges war in den sächsischen Kassen solche Ebbe, dass man keine Mittel mehr hatte, die inzwischen recht heruntergekommene Senftenberger
FESTUNG wieder in wehrhaften Zustand zu versetzen. Die Festungswerke gingen nach und nach ein und zerfielen.
In der Hauptsache blieben nur noch die Kasematten, Wälle und der Pulverturm erhalten.
Das
SCHLOSS wurde Sitz eines Kurfürstlichen Justiz~ und Rentamtes und diente auch als Gefängnis, dessen Zweck es schon vom 16. Jahrhundert an gehabt hatte.
Damit endete für
SENFTENBERG bereits nach schnöden 52 Jahren der klangvolle Status einer
GARNISONSSTADT...