Neues 217 - 2016-02-28

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Matthias
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Neues 217 - 2016-02-28

Beitragvon Matthias » Sa 27. Feb 2016, 09:27

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Harald
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Re: Neues 217 - 2016-02-28

Beitragvon Harald » Sa 27. Feb 2016, 10:12

Der WINTER war bekanntermaßen schon immer die Jahreszeit des HEIZENS, dessen Dauer unterschiedlich ausfiel. Dabei gab es viele verschiedene Arten, die eigenen vier Wände warm zu halten. Als Kind wuchs ich mit den Meurostollner BRIKETTS auf, die im Küchenherd Hitze und im Kachelofen wohlige Wärme verbreiteten.
Bevor allerdings die immer weiter fortschreitende Aufschließung der nahen Umgebung Senftenbergs zur Gewinnung der flacher und tiefer liegenden BRAUNKOHLE unsere Stadt einkreiste und die einst herrlichen Naturschönheiten durch hohe Sandhalden und rauchende Fabrikanlagen ersetzte, musste man sich neben der HOLZFEUERUNG mit der Herstellung und Verwendung des TORFES behelfen.
In vielen Häusern gab es offene Feuerstellen, über die Kessel gehängt werden konnten. Später verbrannte man den TORF in festen Herden.
Auch mussten die Schulkinder im Winter TORFSTÜCKE mit zur Schule bringen,
damit der Schulofen beheizt werden konnte.

Zur
TORFGEWINNUNG

in unserer Stadt bot das Gelände nördlich des alten REPPISTER WEGES,
die sogenannte >GOLITZA< das geeignete Material.
Und wie man es abbaute, wurde in der Beilage (zum >Senftenberger Anzeiger<)
"Aus der Heimat - für die Heimat" vom 10. Februar 1927 detailliert beschrieben:

Golitza_resize.jpg

"Die alten Kahn~ und Grundbesitzer "schifften" sich mit den nötigen Werkzeugen primitivster Art - Spaten, Düngergabel, Form und Streichbrett - an Ort und Stelle ein, der deckende Rasen mit dem spärlichen Graswuchs wurde abgestochen und darunter befand sich nun das TORFMOOR, vom Wasser reichlich durchsetzt.
Man hob rechteckige, etwa 2 m breite, 6-10 m lange und 1-1½ m tiefe Gruben aus, brachte das gewonnene Material mit der auf untergelegten Brettern transportierten Schubkarre auf etwas höher liegendes Land und dort begann nun erst die eigentliche Bearbeitung der Masse.
Mit der Düngergabel und Schippe schlug man letztere zu Brei, säuberte diesen von Holzstücken und nachdem dies geschehen, wurde das Material "durchgetrampelt". Hierauf wurde es auf die meist 18-24 gleichmäßige Rechtecke zählende Holzform gebracht, gestampft und mit dem sogenannten Streichbrett die Form dann "abgestrichen".
Nun wurde die Form hochgehoben und die gleichmäßigen TORFSTEINE lagen wie gemalt auf der Grasfläche. Je nach Bedarf stellte man auf diese Weise einige Tausend Stück her.
Daß diese Arbeit nicht gar zu sauber und leicht war, ist erklärlich;
denn wohlgepflegte Hände und Lackschuh, sowie Frack, weiße Weste, Chemisett und Zylinder waren zu solcher nicht verwendbar, wohl aber fanden sich etwas später berufsmäßige TORFSTREICHER, bei denen man ähnlich der heutzutage möglichen äußerlichen Verwechselung auch auf den TORFSTICHEN kaum herausfinden konnte, was Männlein oder Weiblein war, denn alles war "behost" und "behütet", Gesicht, Arme und Beine vom TORF kaum zu unterscheiden, und brannte die liebe Sonne noch auf den Fleißigen, so kann man sich ein Bild machen, wie die ohne Taschentuch abgewischten Gesichter aussahen.
Dabei aber blieben die Leute gesund und kräftig, denn sie hatten Luft, Licht und Moorbad in "natureller" Aufmachung.

Torfherstellung_resize.jpg

Hatte nun die liebe Sonne genügend die frischen TORFSTEINE getrocknet, so fuhren die Besitzer wieder mit dem Kahne zur >GOLITZA<. Wer keinen Fahr~ oder Fußweg zu seinem Grundstück hatte, überbrückte den Graben mit langer Leiter, auf welche Bretter gelegt wurden, und nun begann das sogenannte TORFKIPPEN, d.h. jeder einzelne bisher flachgelegene Stein wurde auf die Seite gekippt.
War diese für "steife Kreuze" ungeeignete Arbeit getan, so ging es wieder heimwärts beim goldenen Abendschein. Unterwegs wurden fröhliche Lieder gesungen und man schlief "ungewiegt".
Je nach Witterung fuhr man zum dritten Mal nach einigen Tagen hinaus und nun wurden die angetrockneten Steine je nach dem Grade der Austrocknung in größere oder kleinere Pyramiden aufgesetzt, was oftmals Verdruß gab, wenn der fast vollendete künstlerische Aufbau wieder zusammenbrach und von neuem gebaut werden mußte.

Torftransport_resize.jpg

Drohte Unwetter, so kam es öfter vor, daß der Kahn aus dem Graben getreckt und schräg aufgestellt wurde. Mitgebrachte Kartoffelsäcke wurden durch Eindrücken der einen Ecke zu Kapuzen umgewandelt und so notdürftig geschützt, saß man unter dem Kahn, bis der mitunter recht fühlbare Gewitterregen, Blitz, Donner und Sturm sich ausgetobt hatten.
Schleunigst wurde der Kahn zu Wasser gebracht und die Heimfahrt angetreten.
Die Heimholung des Brennmaterials war dann der Beschluß der Fabrikation. Dort wo Zugtiere mit Wagen infolge des moorigen Untergrundes zum Transport nicht verwendet werden konnten, erfolgte letzterer mit Kähnen, die derart hoch beladen wurden, daß knapp handbreit die Bordwände über Wasser standen. Eine lange Leine wurde durch den auf der Kahnspitze befestigten Ring gezogen und nun hieß es, von der >GOLITZA< aus durch die Gräben derselben entweder den Haupt~ oder BENEDIKTUSGRABEN entlang bis zur "Benediktus~" oder "zweiten Chausseebrücke" (heute neben Muntels bzw. Kaufmann Kleins Häusern) "trecken", während ein anderer Kahnbegleiter mit dem Ruder den Kahn so dirigierte, daß er nicht ans Ufer stieß und sank.
War dann die nicht ganz mühelose Durchführung der Transporte durch die Brücken geglückt und die Kähne, je nach Standort, an den Ufern bei der WENDISCHEN KIRCHE oder weiter westwärts bis zur Hauptgrabeneinmündung bzw. im Hauptgraben bis zur "Schutzbrücke", befestigt, so konnte man nach Verstauung des Materials dem kommenden Winter beruhigter entgegensehen.
Wie viele solcher Kahnladungen aber dazu nötig waren, zumal die damaligen TORFFEUERUNGSÖFEN ansehnliche Feuerungslöcher hatten, kann man sich vorstellen. Und welche Mühe und Arbeit es gab, ehe das Material verwendungsfähig war, zeugt die vorbeschriebene Gewinnung.
Wie anders ist es heute, wo fast polierte BRIKETTS bequem mit ganz bedeutend gesteigerter Heizkraft die mitunter recht kostbaren Oefen und Räume erwärmen."

Heute steht uns eine ganze Palette an Technologien zur Verfügung:
Fernwärme, Gas~, Öl~, Solarstrom~, Wand~, Fußbodenheizung u.v.a.m.
- und für Nostalgiker sind sogar noch die o.g. "POLIERTEN BRIKETTS"
in Luxus-Abpackung zu haben
...nur: wie lange noch ? :?


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