SENFTENBERG ist eine Stadt, die von außen keine besonders eindrucksvolle Ansicht bietet. Man kann sie eigentlich nur aus der Vogelperspektive landschaftlich fassen, da diese
DAS INNERE STADTBILD
am vorteilhaftesten repräsentiert. Die miese Offsetdruck-Aufnahme aus der >Lausitzer Rundschau< vom 9.7.1965 wird dem nicht ganz gerecht, eher schon die mittlere der vorgestellten Postkarten.
Sie zeigt zu unseren Füßen eine Straßenlage aus der
SENFTENBERGER ALTSTADT.
Ich habe trotz intensiver Betrachtung die Szenerie nicht lokalisieren können, woran mit Sicherheit einige inzwischen umgebaute oder gänzlich abgerissene und später am gleichen Standort neu entstandene Häuser das Erkennen erschweren.
Mein Administrator klärte mich auf: es ist ein Teil der
RITTERSTRASSE in Richtung Schmiede~ und Salzmarktstraße und linkerhand steht heute das Schlosspark-Centre.
Dass es schwer ist, historische Aufnahmen passgenau in die Gegenwart zu projizieren, schilderte schon vor vielen Jahren der verdiente Senftenberger Historiker
RUDOLF LEHMANN in einem literarischen >Spaziergang durch Alt-Senftenberg und Umgebung< aus den 1930er Jahren:
"Unsere Heimatstadt und ihre Umgebung hat durch die industrielle Entwicklung in den letzten drei Menschenaltern so viele Veränderungen erfahren, daß es nicht ganz leicht ist, von den früheren Verhältnissen eine richtige Vorstellung zu erhalten.
Gewiß wird der aufmerksame Spaziergänger hier und da Altertümliches entdecken, will er aber ein wirkliches Bild davon gewinnen, wie es einst gewesen, dann genügt es nicht, etwa ältere Leute zu befragen.
Dann muß er zu alten Ansichten und Plänen greifen und mancherlei Archivalien wie Stadtbücher, Flurregister, Einwohnerlisten und dergleichen heranziehen, schließlich auch chronistische Aufzeichnungen und literarische Zeugnisse. Glücklicherweise fließen diese Quellen, obschon es sich um ein in der Vergangenheit recht bescheidenes Städtchen handelt, nicht gar so spärlich..."
Er geht allerdings nur kurz auf die
RITTERSTRASSE ein:
"Vom Markt nach Süden laufen heute die Schmiede~ und die Rathausgasse. Die erste wird sowohl auf dem Plan von 1691 wie auf einem aus der Mitte des 18. Jahrhunderts als RITTERSTRASSE bezeichnet. Die nach Norden abzweigende heutige Bahnhofstraße hieß ursprünglich Badergasse. Sie reichte in früherer Zeit überhaupt nur bis zur Töpferstraße, d.h. bis an den Stadtwall, der nebst der Storchelster und ihrem sumpfigen Gelände, dem Haag, die Stadt nach Norden schützte, denn eine Stadtmauer hat es nach dieser Seite hin vom Kreuz bis zum Schloßtor niemals gegeben."
Die Senftenberger
INNENSTADT war einst recht einfach gegliedert und hat sich bis heute nur unwesentlich verändert, wie der
STADTPLAN von 1751 beweist:
"Eingeteilt war der Ort SENFTENBERG nach alter Weise in Viertel.
Das erste umfaßte die Wohnstätten zwischen der Kreuzstraße und der heutigen Bahnhofstraße, das zweite den Raum zwischen dieser und der Schloßstraße. Südlich von ihr schloß sich bis zur Schmiedestraße das dritte Viertel an, westlich von dieser das vierte.
Im Jahre 1812 zählte man insgesamt 177 Häuser, davon im
1. Viertel = 52 Häuser (35 zwei~ / 17 einstöckige)
2. Viertel = 46 Häuser (33 zwei~ / 13 einstöckige)
3. Viertel = 36 Häuser (25 zwei~ / 11 einstöckige)
4. Viertel = 43 Häuser (23 zwei~ / 20 einstöckige)
Zeitgenössische Publikationen verweisen oft darauf, dass Senftenberg um 1700 nur ein
"RECHT BESCHEIDENES STÄDTCHEN" war...
Viel treffender hat Rudolf Lehmann mit Worten das Bild unserer Heimatstadt "gemalt",
das uns in die romantisch-verklärte Welt des berühmten Malers Carl Spitzweg versetzt:
"
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts war unser SENFTENBERG ein kleines kursächsisches Nest, halb Stadt, halb Dorf, auf das nur selten die Dinge da draußen ihre Schatten warfen. Nur ab und zu kam eine der spärlich erscheinenden Zeitungen, etwa aus Dresden oder Leipzig, in des Bürgers Hand, und was er aus ihnen erfuhr, war gar wenig.
Neuigkeiten allenfalls brachte der Postillon, brachten die Reisenden und Handelsleute, die durch das Städtlein fuhren, die Schüler und Studenten, die von den sächsischen Schulen und Universitäten in die Heimat zurückkehrten, hin und wieder auch Fremde, die im Orte Bürgerrecht erwarben..."
Abschließend lassen wir in gleicher Manier noch
WILHELM ZIETHE, (1824 - 1901) den Enkelsohn des berühmten Senftenberger Chronisten
JOHANN KARL BÜTTNER,
zu Wort kommen:
"Meine Vaterstadt selbst bestand eigentlich nur aus zwei nebeneinander herlaufenden Gassen, der Kreuzgasse und der Schloßgasse, heute volltönender "Straßen" genannt. Wo beide Straßen zusammenkamen, befand sich der große und regelmäßig viereckige Markt.
Nach Osten und Westen breiteten sich noch kleinere Stadtteile mit ihren Gassen und Gäßchen aus. Die Häuser waren sämtlich zwei- oder auch nur einstöckige Gebäude, und kein einziges unter ihnen durch ein stattlicheres Aussehen bemerkenswert; da aber fast vor jedem Hause ein hochstämmiger Rosenstock sich bis zum Dache hinaufzog oder (bei den nach Süden hin gerichteten Mauern) ein Weinstock seine grünen Reben ausbreitete, so boten sie dem Wanderer in der Sommerszeit durch die Fülle der blühenden Rosen und im Herbste durch die schwellenden Trauben ein anmutiges und anheimelndes Bild."
Bei solch wunderbaren Lobeshymnen geht sicherlich allen angestammten Bürgern unseres Heimatstädtchens das Herz auf.
Dies war von mir beabsichtigt, damit wir den Slogan
>(M)EIN HERZ FÜR SENFTENBERG< allzeit mit Leben erfüllen...
