Neues 254 - 2016-11-27

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Matthias
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Neues 254 - 2016-11-27

Beitragvon Matthias » Sa 26. Nov 2016, 08:49

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Harald
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Re: Neues 254 - 2016-11-27

Beitragvon Harald » Sa 26. Nov 2016, 11:24

OdF_LR 23-04-1965_resize.jpg
In den Nachkriegsjahren wurde der zweite Sonntag im September zum
>Gedenktag für die Opfer des Faschismus
in Deutschland<

erklärt. In der DDR hatte der OdF-Tag mit Ehrungen und Kundgebungen, aber auch Ritualen, Einseitigkeiten und Vereinnahmungen einen festen Platz in der Erinnerungskultur.
Hierzu ein Foto mit Bildkommentar aus der >Lausitzer Rundschau< vom 23.4.1965:

"Zwanzig Jahre nach dem Tag, an dem die letzten Reste faschistischer Truppen Senftenberg verließen und sowjetische Panzer und Infanterie als Befreier in unsere heutige Kreisstadt einzogen, gedachte die Bevölkerung der für diesen Tag gefallenen Helden. Mehr als 600 Frauen, Männer und Jugendliche fanden sich am EHRENMAL DER WIDERSTANDSKÄMPFER im Schloßpark zu einer Feierstunde ein.
Während die Kapelle der Deutschen Reichsbahn spielte und sich die zahlreichen Fahnen im kräftigen Frühlingswind bauschten, legten die Delegationen Kränze nieder.
Genosse Felix N i e s y t o , Träger des Vaterländischen Verdienstordens und ehemaliger Häftling in faschistischen Konzentrationslagern, rief mit seinen Worten die Erinnerung an die Nacht des Faschismus wach.
'Als sie vorbei war, versammelten sich zuerst einige wenige klassenbewußte Arbeiter, um das neue Leben aufzubauen', erklärte der Redner. 'Namen, wie die der Frauen Ziethe, Dembinski, Kostrau und andere, Namen, wie die der Genossen Wölk, Rutzen, Handtke, Tschieter und weitere stehen für die große Arbeit, die in den ersten Wochen und Monaten nach dem 21. April 1945 für alle geleistet werden mußte.'
Der Parteiveteran gedachte auch der vielen Frauen und Männer, die während der Zeit des Faschismus ihr Leben für eine bessere Zeit einsetzten..."

ODF SFB_resize.jpg


Der hier erwähnte FELIX NIESYTO und der aus Hörlitz stammende Arbeiter~ und Parteiveteran EWALD BELOW hatten bei derartigen Kranzniederlegungen am Ehrenmal, vor allem aber zu Pioniernachmittagen, FDJ-Veranstaltungen und sogenannten "Jugendstunden" ihre traditionellen Auftritte.
Ich erlebte letzteren im Jahre 1958 bei einer solchen Veranstaltung in Vorbereitung auf die Jugendweihe in der Zentralschule Hörlitz.
Um Interesse bei uns pubertären Jugendlichen zu wecken, legte er neben ausführlicher Schilderung seines "ereignisreichen Lebens" natürlich besonderen Wert auf spannende "Knalleffekte", die sich offensichtlich an den beiden DEFA-Monumentalfilmen "Ernst Thälmann - Sohn... bzw. Führer seiner Klasse" orientierten. Diese wurden in den Jahren 1954/55 gedreht - das Anschauen war für fast alle DDR-Generationen Pflicht. Thälmann wurde im Film zur Legende, als er mutig an der Spitze des Hamburger Aufstandes von 1923 marschierte, obwohl er erwiesenermaßen zu jener Zeit gar nicht in der Stadt war.

Ewald Below_resize.jpg

EWALD BELOW hat seine >Erinnerungen< nicht drucken lassen.
Andere WIDERSTANDSKÄMPFER taten es unter mitunter recht "merkwürdigen" TITELN,
wie z.B.:

>Ich habe nie Langeweile gehabt.
Ein Widerstandskämpfer gegen den Faschismus erzählt sein Leben<
(von Alfred Marchand)

>Ich war kein Widerstandskämpfer. Mir hat es Spaß gemacht, etwas gegen die Nazis zu tun.<
(Eugen Herman-Friede erzählt aus seinem Leben)

oder
Dieter Schenks Büchlein über eine Danziger Polin:
>Wie ich Hitler Beine machte.<

Ein kleiner Ausschnitt aus der im >Heimatkalender des Kreises Senftenberg 1958< veröffentlichten "Flucht-Episode" von Ewald Below soll diese Betrachtung abrunden:

"Am 5. Januar 1924 wurde oder sollte ich vom Gefängnis Senftenberg zum Landgerichtsgefängnis Cottbus transportiert werden. Auf diesem Transport gelang mir die Flucht. Mein Plan war, entweder auf dem Wege vom Gerichtsgefängnis bis zum Bahnhof zu fliehen oder aber aus dem fahrenden Zug nach Cottbus zu springen. Beides gelang nicht.
Der mich begleitende Polizeibeamte hatte unterwegs Gesellschaft gefunden, ebenfalls zwei Polizeibeamte, so daß ich unter der Bewachung von sechs Augen stand. Aus dem fahrenden Zug zu springen, war ebenfalls nicht möglich, da ich mich unglücklicherweise auf der linken Seite des Personenwagens befand und dadurch Gefahr lief, einem entgegenkommenden Zug von Cottbus vor die Räder zu springen.
So setzte ich meine letzte Hoffnung auf die letzte Chance, und das war der Tunnel auf dem Bahnhof Cottbus, der zum Spreewaldbahnhof führte. Unerwartete Hilfe bekam ich in der Gestalt von drei Genossinnen, die ebenfalls nach Cottbus zum Gefängnis wollten, um dort ihre verhafteten Männer zu besuchen. Einige Worte der Verständigung genügten, und die Frauen wußten Bescheid.
In dem halbdämmrigen Tunnel bedrängten sie den mich begleitenden Wachtmeister mit einer Reihe von Fragen, ihre Männer betreffend, so daß dessen Aufmerksamkeit von mir abgelenkt wurde.
In diesem Moment kamen vom Spreewaldbahnhof her eine Menge Menschen mit Tragkörben und anderem Gepäck, so daß in diesem Tunnel unmittelbar um uns herum ein Gedränge entstand. In diesem Gedränge machte ich eine Kehrtwendung und lief mit dem Haufen Menschen wieder rückwärts und auf der anderen Seite des Bahnhofs heraus..."

Ewald Below +_resize.jpg

Übrigens:
Es war keinesfalls eine einfache Entscheidung, sich auf die Seite der WIDERSTANDSKÄMPFER zu schlagen, obwohl nach Gründung der DDR plötzlich sehr viele "kampfgestählte & überzeugte KOMMUNISTEN" aus der Versenkung ins Rampenlicht drängten.

Denn 1930 stimmten allein in SENFTENBERG u. a.
4436 Bürger für die SPD, 574 für die KPD und nur 87 für die NSDAP.
Bei den Reichstagswahlen vom Juli 1932 votierten nur noch
3562 für die SPD, 1681 für die KPD, aber bereits 3394 für die Nationalsozialisten.
Im März 1933 gaben von den 11974 stimmberechtigten Senftenbergern schon 4621,
im November des gleichen Jahres letztendlich 11609 ihre Stimme der NSDAP...
nur ca. 350 wählten andere Parteien.

Wen wundert es da noch, dass vereinzelte Teilbände des >Senftenberger Anzeiger< aus den Jahren 1933/34 auf wundersame Weise "verschollen" sind.

Ähnlichkeiten mit dem Jahr 1988, als der >WENDEHALS< zum "Vogel des Jahres" erklärt wurde,
sind gewiss kein Zufall... :|


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