Neues 269 - 2017-03-12

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Matthias
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Neues 269 - 2017-03-12

Beitragvon Matthias » Sa 11. Mär 2017, 12:44

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Harald
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Re: Neues 269 - 2017-03-12

Beitragvon Harald » So 12. Mär 2017, 17:26

Schreiber_resize.jpg

HEIMATFORSCHER

sind schon eine besondere Spezies. Bei ihren gelegentlichen Entdeckertouren durch den Heimatort fallen ihnen häufig Dinge ins Auge, über die der normale Bürger mit seiner sprichwörtlichen "Betriebsblindheit" nicht mehr stolpern würde. Der HEIMATFORSCHER dagegen sieht sich auf Schritt & Tritt umgeben von Zeichen und Hinweisen, die ihm erzählen, was an den jeweiligen Orten passiert ist, was seine Namen bedeuten, warum sich die Straßen genau dort kreuzen und welche Menschen in welchen Berufen das öffentliche Leben prägten. Alles um uns herum atmet Geschichte und jeder HEIMATFORSCHER sammelt und behütet diese Bausteine, die zum näheren Verständnis unserer lokalen & regionalen Historie führen.

Mein Sohn trägt seit geraumer Zeit wertvolle BILDDOKUMENTE aus Senftenberg & Umgebung wie Mosaiksteinchen zusammen, um sie dem heimatgeschichtlich interessierten Publikum vorzustellen.
Die Bildpostkarten & Fotos offenbaren oft Geheimnisse und zeigen uns ein immer komplexeres und verständlicheres Bild von der Vergangenheit.
Als DETEKTIV erkundet er also, wie das Leben in unserem Ort vor 1900 oder in den 20er, 30er und 40er Jahren des letzten Jahrhunderts aussah und möchte natürlich vorrangig herausfinden, wo die abgebildeten Gebäude einst standen und ob sie heute noch existieren, aber auch wie die Menschen damals lebten und arbeiteten, wie sie sich kleideten, welche Gaststätten sie frequentierten und mit welchen moralischen Vorstellungen sie ihre Kinder erzogen.
Und fängt man erst mal mit den Fragen an, beginnt auch gleich die Suche nach Antworten in handschriftlichen Dokumenten aus amtlichen oder privaten Quellen.
Und dann werde auch ich
VOM HEIMATFORSCHER ZUM DETEKTIV.

Das Lesen & Entziffern der alten SCHRIFTEN in familiären Grußbotschaften & Mitteilungen auf POSTKARTEN bzw. von Amts wegen ausgestellten URKUNDEN fällt mir nicht allzu schwer, da meine Kindheitslektüre überwiegend aus über den Krieg geretteten Märchenbüchern in FRAKTURSCHRIFT bestand und meine Großmutter mir darüber hinaus auch noch ihre einstige Schulschrift SÜTTERLIN beibrachte. Sie hatte während ihrer Schulzeit täglich sehr viel Gelegenheit, sich im >SCHÖNSCHREIBEN< zu üben.
Immerhin haben an die zwanzig Schülergenerationen ihr Schreiben auf sütterlinsche Art und Weise gelernt.
Als Beweis dafür soll ein Faksimile aus einem von meiner Mutter (Jahrgang 1924) in Sütterlin verfassten >SCHULKOCHHEFTCHEN< herhalten:

Kochbuch 1_resize.jpg

kochbuch 2_resize.jpg

Zackige Linien und ineinander verschlungene Bögen - auf den ersten Blick sieht das Schriftbild aus, als habe jemand Reihe für Reihe kunstvolle Muster zu Papier gebracht. Die SÜTTERLIN - SCHRIFT können heute nicht mehr viele Menschen lesen, geschweige denn schreiben. Und doch hat mancher noch alte Dokumente zu Hause, deren Verfasser vor Jahrzehnten nicht daran dachte, für nachkommende Generationen in leserlicher Druckschrift zu schreiben. Und dabei hatte der Grafiker LUDWIG SÜTTERLIN diese Schreibschrift 1911 im Auftrag des preußischen Kultur- und Schulministeriums gerade für den Zweck besserer Lesbarkeit entwickelt.
Vor Einführung der nach ihm benannten Schrift schrieben die Menschen im deutschsprachigen Raum die sogenannte KURRENTSCHRIFT - ein kompliziertes Buchstabengebilde, das zwar schön aussah, jedoch kaum zu entziffern war, wenn man schneller schrieb.

Das aus dem Jahre 1774 stammende Büchlein
>Die Kunst Schön zu schreiben, so, wie sie in Schlesischen Schulen gelehret und dazu die Jugend vortheilhaft angeführet wird<
gab hierzu eine perfekte Anleitung, in Kurrentschrift geschrieben,
zur "KÖRPERHALTUNG BEIM SCHREIBEN":

Schreiber 1774_resize.jpg

"Die Feder in die Hand, so wie das Vorbild zeigt,
die Linke aufs Papier, der Kopf nicht sehr geneigt,
die Schenkel nicht geschrenkt, die Knie nicht angezogen,
den Leib und Rückengrat sehr wenig krumm gebogen,
den Magen und die Brust nicht an den Tisch gedrückt,
den Stuhl nicht allzu nah nicht allzu weit gerückt,
die Augen auf die Schrift und rechter Hand den Schatten,
dann geht die Schreibung so wie sie soll von statten."


Mein Interesse für SCHRIFTGESTALTUNG wurde somit recht früh geweckt. Meine ersten praktischen Erfahrungen sammelte ich als Schüler und ausleben konnte ich es später als Lehrer beim >URKUNDEN SCHREIBEN< für schulische Zwecke - vom Sportfest bis zur Jugendweihe.
Angesichts der Tatsache, dass sich nicht nur mein Sohn mit Feldpostbriefen & Postkartentexten, sondern auch Heimatforscherkollegen in puncto Sütterlin hilfesuchend an mich wenden, fühle ich mich mittlerweile schon als kleiner Exot...
Deshalb noch postum: DANKE, LIEBE OMA !

cURRENT-sÜTTERLIN_resize.jpg


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