Neues 276 - 2017-04-30

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Matthias
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Neues 276 - 2017-04-30

Beitragvon Matthias » Sa 29. Apr 2017, 08:11

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Harald
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Re: Neues 276 - 2017-04-30

Beitragvon Harald » Sa 29. Apr 2017, 14:39

RI-RA-RUTSCH, WIR FAHREN MIT DER KUTSCH'

Kaiser_resize.jpg

Wenn auch WAGEN schon bei den alten Völkern gebräuchlich waren, ja die Helden von Troja in ihnen sogar zur Schlacht fuhren und von diesen herab kämpften, so kamen doch in Riemen oder Federn hängende Wagen erst viel später auf, und zwar in Deutschland früher als in anderen Ländern.
Als Anfang des 16. Jh. sog. BEDECKTE WAGEN bekannt wurden, bedienten sich ihrer nur die vornehmen Frauen; Männer hielten es für unanständig, zu fahren. Wenn damals die Fürsten die Reichstage nicht selbst besuchen wollten, entschuldigten sie sich beim Kaiser, daß ihre Gesundheit ihnen das Reiten nicht erlaube und es sich für sie nicht schicke, „wie Frauenzimmer zu fahren“. Ende des Jahrhunderts bedienten sich dann aber auch Kaiser, Könige und Fürsten anfangs nur bei Reisen, später auch bei Feierlichkeiten der bedeckten Wagen.

Die ersten wirklichen
KUTSCHEN
wurden in dem ungarischen Dorf Kitser (auch Kotsch bzw. KOTSCHE) gebaut und erhielten die Bezeichnung >Kotzi Szeker< = WAGEN AUS KOTZI - und daraus wiederum eingedeutscht: KUTSCHE.
Es waren die ersten, zumindest am Hinterteil des Kastens in Riemen hängenden und mit einem bequemen Verdeck versehenen PERSONENWAGEN.
Wie nicht anders zu erwarten, wollten auch die Deutschen diese Erfindung für sich beanspruchen und erklärten die >KUTSCHE< mit dem altdeutschen Wort >kutten< = bedecken, und leiteten davon die Bezeichnung >Gutsche< ab, was so viel wie „Ruhebett“ hieß.
Aus dem >Gutschiwagen<, einem „Wagen, in dem man ruhen kann“ wurde dann die KUTSCHE, obwohl man kritisch anmerkte:
„Es sind die KUTSCHEN weder dazu bestimmt, noch darnach eingerichtet, um darin zu liegen, sondern um sitzend darin fahren zu können. Nur in dem LEITER-WAGEN kann sich der Bauer nach seiner ganzen Länge hinstrecken.“

Neben zahlreichen Befürwortern gab es selbstredend auch hochrangige Kutschen-Gegner, wie den mit kraftvollen Ausdrücken vehement auftretenden Markgraf zu Brandenburg, der anmerkte, „daß von wegen der zugelegten >KUTZSCHWAGEN< bey dem Adel-Stande auffm Lande fast alle Reuterey in Abnehmen kommen“ und deshalb verkündete, „daß die von Adel sich des Faullenzer-Kutzsch-Fahrens nicht so sehr bedienen, sondern eher reuten sollen“.

Luxuskutsche Ludwig XIV._resize.jpg

Es ging den KUTSCHEN wie allen Dingen, die dem Luxus und der Bequemlichkeit, bei den alten Griechen als Zeichen von Üppigkeit und Hochmut getadelt, frönten – sie verbesserten sich nach und nach und wurden vollkommener. Die ersten waren rund wie hohe Büchsen und fassten höchstens 2 Personen, man fand sie unbequem und kam dann darauf, sie viereckig und weit genug für 4 Personen zu bauen und neuartige Glasfenster ersetzten die ledernen Vorhänge.
KUTSCHEN drückten ihren Besitzern das Siegel von Stand und Würde auf, denn schließlich konnte man den Kutschen-Gegnern entgegenhalten, vielen Handwerkern ein Auskommen zu sichern, die an der Fertigung von Kutschen & Kaleschen beteiligt waren:

„Wagner, Stellmacher, Tischler, Grob~ & Kleinschmied, Schlosser, Sattler, Posamentierer, Glaser, Bildschnitzer, Gießer, Drechsler, Maler, Lackierer & Vergolder, Ziseleur & Metallschneider u.v.a.m.“

KUTSCHEN wurden früher von Manufakturen individuell nach Bestellung des Kunden gefertigt, weshalb historische KUTSCHEN stets Unikate sind. Bis Ende des 19. Jahrhunderts waren sie das Transportmittel für Überlandreisen schlechthin. Erst die Entwicklung des Automobils ließ sie langsam aus dem Straßenbild verschwinden.

Kutschen_resize.jpg

Als Privatfahrzeug waren KUTSCHEN zu jeder Zeit auch ein Statussymbol, sind heute aber nur noch als gelegentliche „HOCHZEITSKUTSCHE“ ein echter Hingucker.
Häufiger allerdings, speziell zu Himmelfahrt oder Pfingsten, kann man einem KREMSER (benannt nach einem gleichnamigen Berliner Hofrat, der diese Wagen ab 1822 ausstellen durfte) bei einer traditionellen „Landpartie“ begegnen. Dieser geräumige, vielsitzige, gefederte PLANWAGEN, mit Längsbänken zu beiden Seiten und einem langen Tisch dazwischen, wird vor allem als GESELLSCHAFTSWAGEN eingesetzt.
Vielleicht sieht man sie ja schon zum diesjährigen MAIFEIERTAG
und dann kommt uns sicherlich wieder ein LIED aus Kindertagen in den Sinn:
„RI-RA-RUTSCH, WIR FAHREN MIT DER KUTSCH'..." :)

Landpartie_resize.jpg


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