Um außerhalb des organisierten
VEREINSSPORTS auch den
BREITENSPORT zu fördern, hielten die Schulen ab 1920 die bereits erwähnten
REICHSJUGENDWETTKÄMPFE [RJW] ab, bei denen das
REICHSJUGENDSPORTABZEICHEN
an Jungen und Mädchen in 3 Altersklassen,
der Tertia~ (10-12), Sekunda~ (13-15) und Primastufe (16-18) entsprechend,
im Sommer im
DREIKAMPF (Laufen, Springen, Werfen),
im Winter für
TURNLEISTUNGEN verliehen wurde.
Das Abzeichen wurde in Gold, Silber und Bronze den Jungen als
ANSTECKNADEL,
den Mädchen als
BROSCHE überreicht.
„An den REICHSJUGENDWETTKÄMPFEN beteiligen sich wohl heute ausnahmslos alle höheren Lehranstalten. Durch diese Kämpfe ist ein gewisses Leistungsprogramm in den Turnbetrieb der höheren Schulen hineingekommen.
Die Wettkämpfe sehen Übungen vor, die man als normales Leistungsmuß von jedem Schüler, der nur einigermaßen gesund ist, verlangen darf. Mit Absicht sind die Übungen so ausgewählt, daß nicht nur die jugendlichen >Kanonen< sie erfüllen können, sondern daß sie von jedem gesunden Jugendlichen erreicht werden, der auf dem Gebiete der Leibesübungen mit Eifer und Ernst an sich gearbeitet hat, und zwar nicht nur auf seinem besonderen Neigungsgebiete, sondern allseitig als Turner, Sportler, Schwimmer usw.
Wer sich nicht allseitig geübt hat, wird in den REICHSJUGENDWETTKÄMPFEN versagen…“
Im ersten Wettkampfjahr 1920 nahmen bereits 45000 Jungen und Mädchen teil, 1924 waren es schon 225000 und 1928 sogar 350000.
Dass die Durchsetzung dieser Breitensport-Initiative allerdings anfänglich auf
VORBEHALTE und erst später auf
GEGENLIEBE stieß,
geht aus amtlichen Mitteilungen von 1921 und 1924 hervor:
Interessant sind diesbezüglich auch die Einträge in der
>CHRONIK DER KATHOLISCHEN VOLKSSCHULE SENFTENBERG
1893-1932<.
Anfangs beschränkte man sich auf Kurzmeldungen:
1923: „Erstmalig wurden in diesem Jahre die von Herrn Minister angeordneten RJW abgehalten.“
1924: „Am 8.9. fanden die RJW statt. Eine verhältnismäßig große Zahl unserer Schüler und Schülerinnen errangen Preise.“
1925: „Am 18.9. fanden die RJW statt. Unsere Schule hatte 19 Sieger, ein erfreuliches Resultat.“
1926: „Die RJW fanden in diesem Jahre am 25.8. statt.“
1927: „Die RJW wurden am 31.8. abgehalten.“
1928: „Die RJW fanden am 14.9. statt. Von allen Schulen nahmen 270 Kinder teil. Davon waren 192 Sieger. Von unserer Schule gingen als Sieger 39 Kinder hervor und zwar 14 Knaben und 25 Mädchen. Unter den 5 ersten Siegern waren 3 von unserer Schule und zwar Weber mit 61 Punkten, Kollenda mit 61 Punkten und Michalowski mit 58 Punkten. Gewiß ein erfreuliches Resultat, auf das wir stolz sein dürfen.“
1929: „Die RJW waren am 27.8. Von unserer Schule beteiligten sich etwa 100 Schüler und Schülerinnen, davon waren 45 Sieger, eine Freude für die Kinder und Lehrpersonen.“
Man übertrug natürlich den
REICHSJUGENDWETTKÄMPFEN auch eine politische Funktion:
Um die Identifikation der Jugend mit der Weimarer Republik zu fördern, fanden die Wettkämpfe gewöhnlich jedes Jahr am 11. August, dem Tag der Unterzeichnung der Weimarer Verfassung durch den Reichspräsidenten, bzw. im selben oder darauffolgenden Monat statt.
Deshalb wurde
1930 auch ein etwas längerer Chronik-Eintrag verfasst:
„Für die Kinder der Klassen VII – IV wurde am 11.8. die diesjährige Verfassungsfeier ein den einzelnen Klassen gehalten. Die Kinder der Klassen III – I aller Schulen marschierte zum Sportplatz in der Mittelstraße. Hierselbst fand für alle Kinder der oberen Klassen aller Schulen eine gemeinsame VERFASSUNGSFEIER statt. In dieser hielt Rektor Lehmann die Festrede.
Gesänge der Kinder von Schule I verschönten die Feier.
Im Anschluß daran begannen um 9½ Uhr die RJW.
Von unserer Schule beteiligten sich an den Wettkämpfen 49 Kinder, davon waren 19 Sieger. Um 15 Uhr versammelten sich die Kinder in den Schulen und marschierten zum Marktplatz. Hier schlossen sich die städt. Körperschaften dem Zuge an, und es erfolgte der Ausmarsch nach dem Schützenhaus. Daselbst fand zunächst die Siegerverkündigung der Wettkämpfer statt.
Dann wurde klassenweise gespielt und geturnt. Auch für das leibliche Wohl der Kinder war gesorgt. Um 19 Uhr fand die Verfassungsfeier der Stadt Senftenberg auf dem Schützenhausplatz statt. Bei dieser hielt Herr Bürgermeister Lindemann die Festrede. Bei Eintritt der Dunkelheit erfolgte der Einmarsch nach der Stadt. Fähnchen und Lampions in den Reichsfarben erhielten die Kinder von der Stadtverwaltung.
Unsere Schule hatte als einzige einen FESTWAGEN im Zuge,
der von 8 Zwergen gezogen wurde und allgemeines Aufsehen erregte.“
Spätere Aussagen im o.a. >Zentralblatt< hatten dann offenkundig konkrete Ziele anvisiert:
„Die REICHSJUGENDWETTKÄMPFE haben ihre Bedeutung als große jährliche
>GESUNDHEITSSCHAU & LEISTUNGSBESICHTIGUNG<
unserer gesamten Schuljugend und gehören in den Erziehungsplan jeder Schule.
Die REICHSJUGENDABZEICHEN sind die Auszeichnungen,
die nach diesem MANÖVER verliehen werden und die die Jugend als GEFREITENKNÖPFE mit Stolz tragen will, darf und soll –
als Zeichen der Gesunderhaltung und eines starken WEHRKRAFTWILLENS…“
KEIN Schelm, der Böses dabei denkt…! 