Neues 301 - 2017-11-12

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Matthias
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Neues 301 - 2017-11-12

Beitragvon Matthias » Do 2. Nov 2017, 10:50

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Harald
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Re: Placeholder Neues 301 - 2017-11-12

Beitragvon Harald » Do 2. Nov 2017, 17:01

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Erinnern Sie sich noch ?
Vor knapp 4 Wochen stellte ich Ihnen mit gleicher "GRUSSKARTE" die wunderschönen ZUKUNFTSVISIONEN des Rangiermeisters PAUL DROGAN vor, die er im Jahre 1925 seinem imaginären, nach den USA ausgewanderten Freund Peter brieflich, sowie dem >Senftenberger Anzeiger< in Artikelform anvertraute.
Im ERSTEN TEIL hatte ich überwiegend seine „Traumgespinste“ über den BAHNHOF, die BAHNHOFSTRASSE und den MARKT vorgestellt.
Zum Schluss versprach ich, „ ihn bei passender Gelegenheit mit dem ZWEITEN TEIL seiner futuristischen Aussichten für die

LEBENS~ & ARBEITSWELT
DER SENFTENBERGER BÜRGER
IM JAHR 2200

nochmals zu Wort kommen zu lassen.“
Dies soll heute geschehen.
Ich hoffe, Sie sind schön neugierig geblieben.

„Ich habe jetzt viel Zeit. Meine Tätigkeit für das ELSTER-KOHLEN-VERKAUFS-KONTOR ist nicht mehr so anstrengend, wie früher.
Wir brauchen jetzt nicht mehr hinter unsern Kohleaufträgen herzulaufen. Im Gegenteil: Wir können die eingehenden Bestellungen kaum schnell genug bewältigen. Kein Mensch weiß heute mehr, was der Begriff >auf Stapel nehmen< überhaupt bedeutet. Die umliegenden Zechen arbeiten Tag und nacht mit Hochdruck, sodaß es eine Freude ist, in dieser Atmosphäre, die erfüllt ist von Arbeit und Fleiß, zu leben und zu schaffen…
Es ist inzwischen 1 Uhr mittags geworden.
Ueber die Bahnbrücken donnern unaufhörlich die Personen~ und D-Züge. Zu uns herein tönt plötzlich laut und durchdringend ein Heulen und Pfeifen, wie aus vielen Hundert Stimmen. Dumpfe und grelle Pfiffe erschallen in einem wüsten Chorus. Der Kellner erklärt darauf einigen Fremden, daß dies die naheliegenden Zechen wären. Punkt ein Uhr mittags an jedem Tage ertönt wie auf Kommando dies Pfeifen und Heulen. Es ist FEIERABEND. Für den ganzen Tag. Die Kohlezechen haben eine Schicht beendet. Die ARBEITSZEIT dauert von 6 Uhr morgens bis 1 Uhr mittags. Und dann ist Ruhe bis zum nächsten Morgen.
Nach einer Weile kommen aus der Richtung der CALAUER~ und der SPREMBERGERSTRASSE, beide jetzt wunderbar asphaltiert, große Scharen von kleinen Autos. Es sind FORD-Wagen. Jedes hat seinen eigenen Fahrer. Die Arbeiterheere kehren von der Arbeit heim. Hier läuft kein Mensch mehr nach seiner Fabrik oder Grube. Alles fährt im Ford-Auto. Warum denn auch nicht ? Diese Wagen sind so spottbillig, daß jeder sich einen leisten kann. Es gibt hier in der Braunkohlenindustrie keinen einzigen Arbeiter, der nicht seinen kleinen Ford-Wagen besitzt.
An allen Straßenecken befinden sich BENZINSTATIONEN, mittels unterirdischer Leitung miteinander verbunden. Das TANKEN geht mit Blitzesschnelle vor sich. Der BETRIEBSSTOFF wird gratis geliefert.
Er wird aus der Braunkohle gewonnen und von einem riesigen PUMPWERK in NEU-SAUO nach allen Tankstellen gepumpt.
Hat ein Arbeiter sein Tagewerk beendet, so bleibt ihm der Tag von 1 Uhr ab bis zum nächsten Morgen übrig. Er kann sich um seine Familie, sein Häuschen und um sein schmuckes Gärtchen kümmern.
Es ist eine Lust, einmal durch die unendlichen GARTENSIEDLUNGEN >Elsterlande< zu streifen. Hier herrscht Zufriedenheit, Freude und Frohsinn. Arbeitslosigkeit und Streiks kennt hier kein Mensch mehr.
Parteien und Gewerkschaften existieren schon seit Jahrzehnten nicht mehr. Wozu auch ? Sie haben kein Tätigkeitsgebiet und nichts zu tun, denn Niemand kümmert sich um sie. Alles geht reibungslos seinen Gang…

Uebrigens die LAUGKWIESEN.
Mit Wehmut wirst Du Dich noch daran erinnern, wie wir als Schulknaben an manchem sonnigen Sommermorgendurch die fruchtbare, tauduftende Wiesenniederung schritten, um Kiebitzeier zu suchen. Wir sahen da Störche und Wasserhühner und wilde Enten.
Niemand störte uns in unserer Andacht...

So. Auch wir machen eine kleine Lesepause und werfen einen Blick auf die um 1900 noch fantastisch anmutenden TECHNISCHEN VISIONEN, die ein französischer Illustrator entwarf, als da wären:
ein Architekt steuert den Hausbau von einer Telefonzelle, ein Landwirt die Getreideernte von einem Hochsitz aus,
die Schüler lernen nach Art eines "Nürnberger Trichters" und ein Betriebsdirektor probiert das neue Diktiergerät aus.
Man muss dem Zeichner bescheinigen, dass er sich schon ziemlich nahe an der "WELT VON HEUTE" befand !

Das Jahr 2000_resize.jpg

Heute singt dort die Arbeit ihr gewaltiges Lied. Du würdest heute dort ein riesiges schwarzes LOCH sehen: KOHLE.
Es ist sehr tief. Von oben kann man kaum die Menschen und Maschinen erkennen, so winzig klein erscheinen sie da unten.
150 elektrische BAGGER arbeiten hier Tag und Nacht. Unzählige kleine BAHNEN durchziehen das Gelände.
Eine ZWEITE STADT ist hier entstanden. Und am Eingang dieser Stadt erhebt sich wie die FREIHEITSSTATUE bei Euch drüben im Newyorker Hafen, ein umfangreicher, hoher Gebäudekomplex:
Das HAUS DES >SENFTENBERGER ANZEIGERS<.
Hier erscheinen neben dem alten Stammblatt noch 16 andere Zeitschriften, technischen, wirtschaftlichen, politischen und künstlerischen Inhalts. Die Leitung liegt in den Händen berühmter Redakteure. Ich erkundige mich nach ihrer Zahl: es sind ihrer 12.
Die in vielen Hunderttausenden erscheinenden Exemplare werden sofort nach Erscheinen im FLUGZEUG nach den umliegenden Städten und Dörfern befördert und eine Viertelstunde später, nachdem sich das Blatt noch unter der rauchenden Presse befand, sitzt man in Hoyerswerda gemütlich beim Schorlemorle und liest die neuesten Ereignisse aus Stadt und Land und Welt…
POLIZEIBEAMTE kennen hier nur die ganz alten Einwohner.
Das Leben spielt sich ohne POLIZEI ab. Der brausende Verkehr wird auf maschinellem Wege geregelt. Unfälle gibt es nicht. Diebstähle, Betrügereien, Morde usw. kommen überhaupt nicht vor.
Interessieren wird es Dich auch, daß die Linie 2 unserer Straßenbahn nicht etwa über festes, ebenes Gelände führt. An der ehemaligen AMTSMÜHLE beginnt eine riesige 16 km lange EISENBRÜCKE. Diese überwölbt eine KOHLENGRUBE. Hier unten ist ein FLÖZ von 320 Metern Mächtigkeit. Es wird Jahrhunderte dauern, ehe es ausgebeutet sein wird. Dort wo die BAGGER und die ELEKTROBAHNEN heute ihr Lied singen, hat einst das Dörfchen BUCHWALDE gestanden. Straßen, Eisenbahnen und Flüsse hat man verlegt, um der Kohle habhaft zu werden.
Durch den großen ELBE-ODER-KANAL, der dicht an unserer Stadt vorbeigeht, sind wir SENFTENBERGER berühmt geworden und unsere Stadt hat sich in Windeseile zu dem entwickelt, was sie heute ist…

„Die Botschaft hört ich wohl, allein mir fehlt der Glaube“, dass unsere Nachkommen dereinst in ferner Zukunft in so einer HEILEN WELT leben werden. Vor allem die schönen Zukunftsbilder, die Paul Drogan, der übrigens den Brief mit dem Pseudonym "Pedro" unterzeichnete, mit dem Wörtchen >OHNE< verband, wünschte ich mir allerdings schon heute:
OHNE Parteien, Gewerkschaften, Arbeitslosigkeit, Streiks, Polizei, Unfälle, Diebstähle, Betrügereien, Morde…
Doch was aus zu optimistischem WUNSCHDENKEN wird, zeigt uns die Gegenüberstellung der beiden PLAKATE
– ersteres aus den AUFBAUJAHREN nach dem Krieg, das zweite aus der NACHWENDEZEIT
:cry:

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