„Die Direktion der Bergbau A.G. Ilse hat in mustergiltiger Weise für die WOHLFAHRT ihrer Arbeiter durch den Bau dieser ARBEITER-GARTENSTADT gesorgt. Die Eintönigkeit der Landschaft macht es zur Bedingung, die Baulichkeiten farbig und lustig zu behandeln.
Als Mittelpunkt ist der MARKTPLATZ vorgesehen, um welchen sich die HAUPTGEBÄUDE,
wie Kirche für 500 Sitzplätze mit Pfarrhaus und daran anschließendem Kirchhof, Schule mit Näh~ & Kochschule für 8, später 12 Klassen,
Fleischerei mit Schlachthaus und Eisfabrik, BÄCKEREI, Kaufhaus, Post, Friseur sowie Gasthaus mit großem Saal gruppieren…“…war am 4. November 1911 im >Senftenberger Anzeiger< zu lesen.
Schaut man auf das Modell des
MARGAHOFES, in dessen ovalem Gebilde auch die
BÄCKEREI (rot eingerahmt) einbezogen wurde, staunt man sicher darüber, wie wenig Fläche der (blau umrahmte)
BÄCKERLADEN im gesamten Gebäudekomplex einnahm. Kein Wunder also, dass im winzigen Ladenraum meist großes Gedränge herrschte bzw. sich auf dem Bürgersteig davor eine lange Schlange bildete.
Da wir heute die zu allen Zeiten sehr gut frequentierte
BÄCKEREI MARGA
im Fokus haben, will ich Ihnen einmal demonstrieren, wie man recherchemäßig vorgeht,
wenn man als „Quellen“ nur einige
TRAUERANZEIGEN,
EINWOHNERBÜCHER und
ZEITUNGSINSERATE zur Hand hat:
Der erste Betreiber war demnach der
BÄCKERMEISTER EWALD GODO, den am 16. Oktober 1926 im Alter von 42 Jahren das Zeitliche segnete,
wobei man sich nicht ganz schlüssig war, ob nach kurzem oder längerem, schwerem Leiden.
Wie dem auch sei: für seine Witwe muss er wohl ein außerordentlich liebevoller
EHEMANN und für seine Untergebenen ein lieber
MEISTER mit edlem Charakter und echt-deutschem Herzen gewesen sein.
Seine Dienstherrin, die
ILSE-WOHLFAHRTSGESELLSCHAFT m.b.H. krönte ihren Nachruf mit dem Hinweis auf eine 16-jährige Tätigkeit in treuer Pflichterfüllung, die ihm Achtung und Liebe seiner Mitarbeiter und Vorgesetzten bescherten.
Ergo hatte
EWALD GODO wohl diese
BÄCKEREI von 1910 bis 1926 „backtechnisch betreut“, ohne eigenwirtschaftlich tätig gewesen zu sein.
Diesen Modus übernahm nach dessen Ableben der ortsansässige Bäckermeister
FRITZ NOUSCH,
der allerdings schon seit 1911 in jener Backstube fleißig den Teig knetete und zu Brot, Brötchen und Gebäck formte.
Ein Blick in die
EINWOHNERVERZEICHNISSE aus damaliger Zeit zeigt, dass selbiger vordem in der
SIEDLUNG,
nach der Umbenennung der Straße in den
BERGMANNSHEIMSTÄTTEN Nr. 19 wohnhaft war,
danach aber in das Bäckerei–Gebäude am
MARKT 85 zog. In großzügiger Manier gestattete er aber der
WITWE GODO, dort wohnen zu bleiben.
In den Jahren 1936/37 stieß die ILSE A.G. sämtliche Kaufhäuser und Wohlfahrteinrichtungen ab,
die jeweiligen Betreiber pachteten die Immobilien und handelten daraufhin eigenwirtschaftlich.
ALLE GESCHÄFTE rund um den
MARKTPLATZ in der Gartenstadt wurden dann Privatbesitz. So geschehen auch bei
FRITZ NOUSCH,
der am 1. Februar 1937 die
BÄCKEREI MARGA pachtweise übernahm
und schon Ende des gleichen Jahres seinem treuen Kundenstamm ein frohes,
sich selbstredend ein erfolgreiches neues Jahr wünschte - ab 1941, wie man sehen kann, auch schon telefonisch.
FRITZ NOUSCH war auch zunehmend erfolgreich und führte seinen Familienbetrieb durch die entbehrungsreichen Kriegs~ und Nachkriegsjahre,
bevor er im Jahre 1960 Backstube und Brotschieber an seinen Sohn
MANFRED NOUSCH und die Ladentheke an dessen Ehefrau
GERDA übergab.
Am 30. Juni 1990 gingen
>NOUSCH‘ENS< in den wohlverdienten Ruhestand – nicht aber die Bäckerei.
Nachfolger wurden Bäckermeister
LOTHAR HAIASCH, der das Geschäft bis zum Jahre 2000 führte,
danach die Konditorin
LEANE LÖSCHE.
2017 gingen in der
BÄCKEREI, die mehr als 100 Jahre lang Generationen vor allem mit
BROT,
dem kostbarsten Lebensmittel, das wir auf Erden besitzen, versorgte, die Lichter für (vorläufig ?) immer aus…
KONSUM, Fleischerei, Post, Friseur und Gasthaus waren ihr - einer nach dem anderen - vorausgegangen…oh,
ARME GARTENSTADT ! Das letzte
BILD soll
OPTIMISMUS verbreiten. Außerdem hat es
SYMBOLCHARAKTER, denn der
SOHN von
MANFRED NOUSCH wurde ebenfalls
BÄCKER, und dessen
TOCHTER wiederum
SCHORNSTEINFEGERIN...