Neues 311 - 2018-01-28

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Matthias
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Neues 311 - 2018-01-28

Beitragvon Matthias » Sa 27. Jan 2018, 09:05

Bild Bild Bild Bild


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Klaus
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Re: Neues 311 - 2018-01-28

Beitragvon Klaus » Sa 27. Jan 2018, 22:35

Für einen Nichtsenftenberger ist der Textinhalt schwer zu verstehen.
Woraus schlussfolgert Herr Matthias, dass die beschriebene Zeichnung Senftenberg Anfang des 19. Jahrhunderts darstellt und nicht noch früher?
Welches Gebäude ist das Kreuztor? Ist nicht die Schloßstraße zu erkennen? Diese in Verlängerung (Kreuzstraße) führte doch zum Kreuztor? Was ist das für ein hohes Haus (mit qualmenden Schornstein) links von der Kirche neben den beiden Bäumen? Wie lange waren die Ochsenaugengauben im Kirchendach?
Der letzte Stadtbrand Senftenbergs wird bei Wikipedia mit 1717 angegeben.
Die Jahre 1735-1741 fehlen im Senftenberger Kirchenbuch, wie man mir im Pfarramt sagte wegen eines Brandes.
Bestimmt kann man das Entstehungsjahr der Zeichnung anhand von Gebäuden noch besser eingrenzen.

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Harald
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Re: Neues 311 - 2018-01-28

Beitragvon Harald » So 28. Jan 2018, 11:18

Spitzweg_resize.jpg
„Will man vom Wesen der DEUTSCHEN KLEINSTADT von Anno dazumal einen Hauch verspüren,
so muß man sich in SPITZWEGS lustige Bilder versenken…“

Mit diesen Worten begann einst der Kantor und verdienstvolle Senftenberger Heimatforscher Dr. RUDOLF LEHMANN seinen Aufsatz über

SENFTENBERG AM ANFANG DES 19. JAHRHUNDERTS

Besagter CARL SPITZWEG (1808-1885) hatte nie eine Akademie besucht , er war Autodidakt und vertrat die GENREMALEREI (veraltet „Sittenmalerei“), die in der ersten Hälfte des 19. Jh. wiederum auflebte. Dahinter verbergen sich gemalte ALLTAGSSZENEN, in denen sich Lebensformen des Volkes und seiner landschaftlichen Arbeits~ oder Wohnumgebung widerspiegeln.
SPITZWEG stellte in kleinformatigen Bildern das „biedermeierliche“ Kleinbürgertum, seine kauzigen Sonderlinge mit ihren menschlichen Schwächen und romantischen Begebenheiten dar.
Ob seiner liebenswürdig-romantischen und detailreichen Malweise sind auch Matthias & ich zu ausgesprochenen SPITZWEG-FANS geworden.

Und wie sah nun UNSERE HEIMATSTADT ZU SPITZWEG'S ZEITEN aus ?
Dr. RUDOLF LEHMANN
fand folgendes heraus:

SFB 1900.jpg

„Zu Beginn des 19. Jahrhunderts war unser SENFTENBERG ein kleines kursächsisches Nest, halb STADT, halb DORF, auf das nur selten die Dinge da draußen ihre Schatten warfen. Nur ab und zu kam eine der spärlich erscheinenden Zeitungen, etwa aus Dresden oder Leipzig, in des Bürgers Hand, und was er aus ihnen erfuhr, war gar wenig.
Neuigkeiten allenfalls brachte der Postillion, brachten die Reisenden und Handelsleute, die durch das Städtlein fuhren, die Schüler und Studenten, die von den sächsischen Schulen und Universitäten in die Heimat zurückkehrten, hin und wieder auch Fremde, die im Orte Bürgerrecht erwarben.

Gar anmutig war die LAGE Senftenbergs. Durch Wiesen und Bruchgelände, an Büschen und Sträuchern vorüber, schlängelte sich in mannigfachen Windungen und Armen die SCHWARZE ELSTER an Schloß und Stadt heran, umfloß sie beide und nahm dann, wieder in lustigem Hin und Her nach Südwesten ihren Lauf.
Das SCHLOSS war ganz von Teich und Sumpf umgeben. Nach Osten zu aber, etwas von der heutigen Dresdener Straße bis zur WOLSCHINKA, lag der ehemalige kleine AMTSTEICH, auch Maiers Teich genannt, eine sumpfige Niederung, in der im Frühjahr und Herbst noch das Wasser stand.
Im Norden der Stadt, im HAAG, bildeten die Verzweigungen des Flusses große Inseln. Westlich und nordwestlich vom ALTEN FRIEDHOF lagen die Felder der Bürger und Vorstädter, die Vierteläcker oder das Großfeld beim KREUZCHEN, die halben Viertel und die Beete oder das Kleinfeld.
Von Norden her aber grüßten sanfte Höhenzüge mit ihren Wein~ und Obstgärten. Dort oder im >PARADIES< saß wohl der Bürger nach saurer Wochenarbeit, schaute sein Städtlein im Grunde und blickte hinüber zu den weiten Wäldern im Süden, zum KOSCHENBERG und bis zu den Bergen der Oberlausitz, die im zarten Blau am Horizont auftauchten.
Bild1_resize.jpg

Seit alten Zeiten hatte der Ort nur zwei ZUGÄNGE.
Wer von Hoyerswerda, Kamenz oder Königsbrück her kam, den führte die >LÜNEBURGER LANDSTRASSE< durch Buchwalde an der Amtsmühle und an den Schloßteichen vorbei in die SCHLOSSGASSE.
Näherte man sich von Ruhland, Finsterwalde, Calau und Cottbus her der Stadt, so mußte man seinen Weg auf dem >STEINDAMM< durch Jüttendorf nehmen. Noch stand am Eingang in die Kreuzstraße das alte KREUZ~ oder STADTTOR, während das SCHLOSSTOR längst verschwunden war. Noch waren im Süden und Osten der alten Stadt, große Strecken des STADTGRABENS, im Westen und Süden auch Teile des davorliegenden WALLES erhalten. Da, wo heute der STADTKELLER liegt, erhob sich das städtische Kommunbrau~ und ~malzhaus. Zwischen der Brücke, die nach Jüttendorf führt, und >Tor-Sprengels< Haus lagen die Stadtfronfeste, das Hospital und das einstige Schießhaus.
Auf dem MARKT, auf dem auch ein WACHTHÄUSCHEN stand, und auch hier und da in den Straßen flossen BRUNNEN, die das Wasser durch eine Röhrenleitung von der Soienza her (an der Sauoer Grenze) erhielten.
Der TURM DER DEUTSCHEN KIRCHE trug noch sein schlichtes Satteldach. Außer dem RATHAUS, dessen nüchterner Bau in armen Zeiten entstand, und einigen älteren Bürgerhäusern finden wir am Markt noch das FLEISCHBANKGEBÄUDE.
Am KIRCHPLATZ lagen die wendische Diakonatwohnung und Knabenschule, die Mägdleinschule und Collaboraturwohnung und das Pfarrhaus…
Heute ist unser ORT, von dessen Dasein und Lage man früher außerhalb der Lausitz kaum etwas wußte, weitbekannt.
Eins freilich hatte das STILLE NEST vergangener Tage unserer lärmerfüllten Zeit voraus:
die feinen, wenn auch SCHLICHTEN LANDSCHAFTLICHEN REIZE seiner Umgebung.“


Und WIE SCHÖN es sich in SENFTENBERG wohnen ließ, zeigt dieses sehr ausführlich beschriebene ANGEBOT aus dem >Senftenberger Anzeiger< von 1882.

Wohnungsangebot 1882_resize.jpg

ÜBRIGENS:
Das mittlere SPITZWEG-BILD oben zeigt einen ALTEN HERRN auf der Leiter in einer Bibliothek und karikiert eine seiner besonders typischen kauzigen männlichen Einzelfiguren.
Der >BÜCHERWURM< (umgangssprachlich für "bibliophiler Mensch") liest konzentriert in einem Buch, das er sich dicht vor seine kurzsichtigen Augen hält.
In seiner rechten Hand hält er ein zweites aufgeschlagenes Buch und zwischen die Knie und unter seinen linken Arm hat er je ein weiteres Buch geklemmt.
Irgendwie werde ich den Gedanken nicht los, dass es sich hierbei um einen HEIMATFORSCHER aus grauer Vorzeit handeln könnte.
Im Nachhinein muss man diese literarischen „Schwerstarbeiter“ nämlich echt bewundern, wie sie sich äußerst mühselig und sehr akribisch durch dicke „Wälzer“ e.g. Folianten, Hand~ und Kirchenbücher sowie diverse Lexika arbeiteten, um CHRONIKEN zu erstellen, von deren Fakten wir heute noch zehren dürfen.
Um wieviel einfacher haben wir es heute. Man gibt den Suchbegriff >SENFTENBERG<, mit einem oder auch zwei >F<, bei google-books ein…und erhält umgehend eine Vielzahl geschichtlicher Quellen …WAHNSINN ! :roll:
Zuletzt geändert von Harald am So 28. Jan 2018, 12:19, insgesamt 3-mal geändert.

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Matthias
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Re: Neues 311 - 2018-01-28

Beitragvon Matthias » So 28. Jan 2018, 11:33

Bild2.jpg


Hallo Klaus, natürlich könnte das Bild auch eine etwas frühere Zeit darstellen. Immer aber unter der Maßgabe, dass das Bild nicht
im Nachhinein angefertigt wurde und verschiedene Epochen miteinander vermischt wurden. Am nächsten kämen wir der Sache wenn wir uns nochmals des
Schlosses, respektive dem Südflügel annehmen. Hierzu kann ich nur Ekkehard Kandlers Buch empfehlen.

Klaus
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Re: Neues 311 - 2018-01-28

Beitragvon Klaus » So 28. Jan 2018, 12:00

Hallo Harald,

jetzt muss ich mich gleich noch einmal melden.
Ganz so groß ist der „Wahnsinn“ aber nicht. Gib doch nur mal den Suchbegriff „Collaboraturwohnung“ ein. Mein Computer findet dazu keine Erläuterung. Letztendlich landet er bei Cola, die man damals noch gar nicht kannte. Ein damaliger Hülfslehrer dagegen hätte den Begriff sofort erklären können.
Auch die frühen Autoren haben Fehler gemacht, die immer wieder abgeschrieben wurden und heute im Internet stehen.
Es geht nichts über direktes Quellenstudium.
Klaus

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Matthias
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Re: Neues 311 - 2018-01-28

Beitragvon Matthias » So 28. Jan 2018, 12:55

Hinzuzufügen wäre, dass die Zeichnung um die es geht, natürlich nicht 100% die richtige Perspektive wiedergibt. Deshalb vielleicht auch die
Diskussion ob es sich tatsächlich um das Kreuztor, oder nicht doch um das Schlosstor handelt, was ich eingezeichnet habe.

Punkt 1. Wir wissen nicht wie das Schlosstor aussah
Punkt 2. Vom Kreuztor haben wir wenigstens vage Vorstellungen, Wendt malte einst das Kreuztor so...

kreuztor002.jpg


Zumindest die grobe Gestalt dessen, sehe ich auch auf unserer Zeichnung.

Punkt 3. Wenn es das Schlosstor wäre, dann müsste es VOR den Häusern stehen und nicht HINTER ihnen
Punkt 4. Wann verschwand das Schlosstor? Ich habe gerade keine Jahreszahl parat.
Punkt 5. Der Südflügel des Schlosses, der auf der Zeichnung NICHT mehr zu sehen ist (Das Schloss besteht nur noch aus 3 Flügeln, die den Schlosshof
einfrieden. Für die Existenz des Südflügels (mit Türmchen) gibt es eine Zeichnung aus dem Jahre 1753. Da war er noch vorhanden. 1768 fanden große Umbaumaßnahmen statt, denen wohl der Südflügel zum Opfer fiel. Sprich: unsere Zeichnung stellt die Situation zwischen 1768 und 1837 dar. Das nur für die bessere Datierung. Jetzt müsste man nur
noch herausbekommen, wann in etwa das Schlosstor verschwand. Bei einem der diversen Stadtbrände???

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Harald
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Re: Neues 311 - 2018-01-28

Beitragvon Harald » So 28. Jan 2018, 13:38

So nun mal der Reihe nach:
(1) COLLABORATUR

Meine Recherche in diversen "alten" WÖRTERBÜCHERN ergab folgendes:

Collaborator_resize.jpg

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Harald
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Re: Neues 311 - 2018-01-28

Beitragvon Harald » So 28. Jan 2018, 13:57

(2) Zum STANDORT DER STADTTORE & deren ABRISS entnehme ich >wikipedia< folgende FAKTEN:

"Da die Stadt im Norden und Osten durch Gewässer (Schwarze Elster und Storchelster) und Sümpfe (z. B. den Laugk) geschützt war, verlief die Stadtmauer südlich und westlich der Stadt mit jeweils einem Stadttor im Osten und Westen. Das Stadttor im Westen hieß KREUZTOR und das im Osten SCHLOSSTOR.
Die Bezeichnung KREUZTOR und der davon zum Markt führenden KREUZSTRASSE leiten sich von der Kapelle Zum Heiligen Kreuz ab,
die unweit im Vorort Jüttendorf stand.
Während des Dreißigjährigen Krieges mussten das SCHLOSSTOR und Teile der Stadtmauer auf Befehl des Kurfürsten 1642 aus strategischen Gründen abgetragen werden…
Durch die sich ausbreitende Stadt hatte die alte Stadtbefestigung ihre Bedeutung verloren und wurde allmählich abgetragen; so wurde beispielsweise das KREUZTOR im Jahre 1848 entfernt,
da im Jahr zuvor ein Fuhrmann mit seinen Wagen darin stecken blieb."

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Harald
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Re: Neues 311 - 2018-01-28

Beitragvon Harald » Di 30. Jan 2018, 10:40

(3) Der genaue Standort des SCHLOSSTORES liegt "im geschichtlichen Halbdunkel".
Deshalb nehme ich an, dass die Häuser, welche auf der ZEICHNUNG vor dem TOR zu sehen sind,
ebenfalls zum BURGLEHEN gehörten, das sich zwar größtenteils innerhalb des AUSSENRINGS der Stadt befand, jedoch standen wohl
einige Burglehn-Gebäude auch außerhalb des RINGES in der Nähe der ZUGBRÜCKE zum Schloss.
Aber wie schon gesagt - ein exakter Beleg hierfür fehlt mir noch...


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