Die kleinen FOTOS auf der POSTKARTE zeigen von links oben im Uhrzeigersinn:
FÖRSTEREI - GUTSHOF SORNO - SCHULE - RESTAURATION - PFARRHAUS - KIRCHE - MÜHLE - AUG. JANKE Hört man gelegentlich den Begriff
WENDISCH bzw.
SORBISCH, fallen einem wohl sofort die schönen
SPREEWÄLDER BAUERNTRACHTEN, aber auch die vielen
VOLKSBRÄUCHE & ~FESTE ein, die sich in den Lausitzer Dörfern gottlob erhalten haben:, der Zapust (die sorbische Fastnacht), Vogelhochzeit, Osterreiten & Osterwasser holen, sowie das Verzieren der Ostereier u.v.a. Erntebräuche, wie das Hahnrupfen oder ~schlagen.
>WENDEN< ist eine veraltete Bezeichnung für die alteingesessenen
SLAWEN im deutschsprachigen Raum. Während vor allem in der DDR die einheitliche Bezeichnung
SORBEN für die Slawen der Nieder- und Oberlausitz verwendet wurde, verstehen sich viele Niederlausitzer als
WENDEN in Abgrenzung zu den
SORBEN in der sächsischen Oberlausitz. Erstere sprechen
WENDISCH oder
NIEDERSORBISCH, letztere
OBERSORBISCH.
Mittlerweile tritt nur noch die Bezeichnung
SORBISCH als kulturelle Einheit und anerkannte Minderheit in der gesamten Lausitz heraus.
Heutzutage erscheint es jedoch schon etwas merkwürdig, wenn im wendisch-sorbischen Siedlungsgebiet die angestammte Sprache als
>FREMDSPRACHE< in den Schulen angeboten wird…
Selten zu finden sind
DÖRFER, die im
ORTSNAMEN das Wörtchen
>WENDISCH< führen, z.B.
Wendisch-Rietz am Scharmützelsee,
Wendisch-Buchholz oder eben
WENDISCH – SORNO
Ich möchte heute gern einmal ergründen, welche herausragenden
WENDISCHEN MERKMALE dieses Dorf in seiner 600-jährigen Geschichte bis zur Abbaggerung im Jahre 1971 aufzuweisen hatte.
Der
ORTSNAME ist auf jeden Fall schon mal sorbischen Ursprungs:
„žern“ bzw. „žorn“ hieß eine von Hand betriebene Mühle, von denen sich viele im Ort drehten.
Historisch belegt ist der Ort im Jahre 1370 als
SORNOW,
1423 -1529 als
SORNAW, 1551 und 1597 als
SORNO sowie 1761 als
ŻARNOW.
Der Eintrag im >Vollständigen Staats~, Post~ und Zeitungs-Lexikon von Sachsen 1824< gibt wenig Aufschluss über ggf. wendische Bezüge:
Jedoch lässt sich an der
BAUART des Dorfes schon mal der Typ der alten wendischen Dörfer erkennen. Bis ins erste Drittel des 19. Jh. besaß
SORNO ursprünglich die Siedlungsform eines sackgassenartiges
ANGERDORFES. Später entstandene Ausbauten verwischten dann das Ortsbild. Nach wendischem Bauplan bilden die
HÄUSER eine lange breite Zeile, mit den Giebeln nach der Straße zugekehrt. In der Mitte liegt die
KIRCHE, nahe dabei das
PFARRHAUS und die
SCHULE.
In den meisten wendischen Dörfern, die eine eigene
KIRCHE besitzen, befindet sich der
KIRCHHOFunmittelbar daneben – in Sorno lag dieser jedoch, aus welchem Grund auch immer, abseits des Dorfes.
Das städtisch gebaute
HERRENHAUS stach natürlich immer von den
BAUERNHÖFEN ab, und war gewöhnlich mit einem Park oder Garten umgeben.
In
SORNO gehörte dieses
LEHNGUT dem Halbhüfner Erbrichter und Inhaber einer kleineren Ganzhüfnerstelle Wilhelm Matthes Richter,
der mit 305 Morgen Land auch der reichste Bauer im Dorf war. Er geriet später jedoch in zunehmende wirtschaftliche Schwierigkeiten und das Gut wechselte 1909 den Besitzer, der es wiederum 1912 an 5 Bauern aus Reppist verkaufte, wodurch dessen Zustand noch schlechter wurde…
Offensichtlich hatte der Erhalt des
SORBISCHEN als
MUTTERSPRACHE auch sehr viel mit der
KIRCHE zu tun.
Um die Mitte des 16. Jahrhunderts war das „platte Land“ des Amtes Senftenberg so gut wie ganz von einer
WENDISCH-sprechenden Bevölkerung bewohnt. Die meisten
DÖRFER gehörten damals kirchlich nach
SENFTENBERG; das Dorf
SORNO bis ins Jahr 1574. Vor der Reformation herrschte natürlich im Gottesdienst die Sprache der Kirche, das
LATEINISCHE vor, doch wie selbstverständlich bedienten sich die
PRIESTER bei ihrer seelsorgerischen Tätigkeit unter der Landbevölkerung des
WENDISCHEN.
Da alle zu damaliger Zeit noch
SORBEN waren, ist in der Kirche zunächst
SORBISCH, später dann
DEUTSCH und
SORBISCH gepredigt worden. Dies änderte sich im Jahre 1828 mit der Einsetzung eines deutschen Geistlichen (Pfarrer Hensel), der die
SORBISCHE Sprache nicht beherrschte, der Gemeinde aber öffentlich versprochen hatte, sie bald erlernen zu wollen. Allerdings hielt er sein Versprechen nicht und predigte nur noch
DEUTSCH. Damit unterstützte er natürlich die Bestrebungen der offiziellen Kirchenpolitik, die
SORBISCHE SPRACHE auch auf dem Lande absterben zu lassen, nachdem dies in größeren Städten schon gänzlich geschehen war. Mit der
>DEUTSCHEN BIBEL< und dem
>DEUTSCHEN GESANGBUCH< setzte die „Germanisierung“ der
WENDEN ein.
Allen Widrigkeiten zum Trotz war die Gemeinde auch 1882 noch fast völlig
SORBISCH. In
SORNO sprachen von 420 Einwohnern 320 täglich
SORBISCH und deutsche Neusiedler, vor allem natürlich deren Kinder, lernten, sofern es sich mit ihrer sozialen Stellung vertrug, sehr schnell
SORBISCH sprechen.
Und so gingen die Leute, „welche Gottes Wort in ihrer Muttersprache liebten“, zum
SORBISCHEN GOTTESDIENST nach Groß-Partwitz.
Während der NS-Herrschaft sollte man nicht mehr von
WENDEN, sondern von „Spreewäldern“ sprechen. Kindern wurde in der Schule mit Verboten, Prügel und Strafarbeiten das
>WENDISCH SPRECHEN< abgewöhnt. Da der Begriff
>WENDEN< somit auch diskriminierend verwendet wurde, sprach man in der DDR-Zeit lieber von
>SORBEN<.
In der Lausitz können heutzutage beide Begriffe eigentlich problemlos und „ungestraft“ als Synonyme verwendet werden,
da es inzwischen hinreichend belegt ist, dass
SORBEN und
WENDEN eigentlich das Gleiche sind.
Angesichts der immer wieder mal aufflackernden Diskussion über die Probleme der
SORBEN in unserer Gesellschaft, möchte ich abschließend einen wendischen Geschichtsschreiber aus den >Mittheilungen des Vereins für Geschichte der Deutschen< von 1872 zitieren:
„Unter solchen Umständen wird es zur Pflicht, noch zu sammeln, was vorhanden ist, zu bestimmen, wie weit heute die WENDISCHE ZUNGE in der Lausitz reicht, die Ursachen zu beleuchten, unter denen sie dahinschwindet, und zu zeigen, wie dieses Dahinschwinden seit Jahrhunderten ein allmähliches, aber unaufhaltsames ist.
Schön ist der Vergleich nicht, aber richtig:
Das kleine WENDENVÖLKCHEN oder vielmehr seine Sprache gleicht einem Schwindsüchtigen, von Tag zu Tag nehmen die Kräfte mehr ab und näher und näher rückt die Stunde gänzlicher Auflösung.“
In seinem Büchlein >Wendische Wanderstudien< fügte er noch hinzu:
„Es handelt sich beim Untergange der WENDISCHEN SPRACHE in der LAUSITZ um keinen Kampf, dieser ist lange entschieden, und nur vom friedlichen Einschlafen kann die Rede sein…“
Das wünschen wir aber diesem kleinen Völkchen keineswegs - und das auch nicht nur in baldiger Erwartung
SORBISCHER OSTEREIER !