Zwei
GOLDMANN – INSERATE brachten mich auf die Idee, mal wieder vom
KIRCHENLEBEN zu berichten, zumal heute
PALMSONNTAG ist.
Dieser fällt jedes Jahr auf den
SONNTAG VOR OSTERN, ist gleichzeitig der letzte Sonntag in der Fastenzeit und mit ihm beginnt auch die Karwoche.
Am
PALMSONNTAG gedenken die Christen des Einzugs von Jesus in Jerusalem. Er ritt auf einem Esel und die Volksmenge empfing ihn mit den Worten:
"Gesegnet sei er, der kommt im Namen des Herrn, der König Israels!" Am
PALMSONNTAG feiert die evangelische Kirche seit jeher auch die
KONFIRMATION.
Erwartungsvoll ziehen bis heute Mädchen und Jungen bei Glockenklang und Orgelspiel, natürlich zu Fuß, nicht auf einem Esel in den Gottesdienst ein.
Wer allerdings als letzter in der Kirche eintrudelt, wIrd scherzhaft „Palmesel“ genannt…
„Kraft der am 11. Dezember 1722 erlassenen Verordnung wegen der
KONFIRMATION sollen alle Kinder evangelisch-christlicher Eltern vor der ersten Feier des heiligen Abendmahls ihren TAUFBUND öffentlich in der KIRCHE erneuern.
Die KONFIRMATIONSHANDLUNG soll in größeren Städten, und wo es nöthig ist, auch in starkbevölkerten Dörfern, jährlich zweimal im Frühling und Herbst,
an allen übrigen Orten aber nur einmal im Frühling vorgenommen werden.
KONFIRMATIONSFÄHIG sind solche Kinder, welche das 14. Lebensjahr erreicht haben,
wenigstens die erforderlichen Religions~ und Schulkenntnisse besitzen, die Schule fleißig besucht haben,
sich gesittet betragen und durch einen KONFIRMATIONSUNTERRICHT – wenigstens 10 Wochen lang / je 3 Stunden – von dem Geistlichen vorbereitet sind.“
Wie man auf den alten
KONFIRMATIONSKARTEN deutlich erkennen kann, glichen die Konfirmanden in ihrer „Kleider~ / Anzugsordnung“ damals eher jungen Erwachsenen als großen Kindern. Das war kein Zufall, denn da die
SCHULZEIT im Frühjahr endete und mit der
KONFIRMATION zusammenfiel,
markierte die
>EINSEGNUNG< den Übertritt nicht nur ins kirchliche, sondern auch ins bürgerliche Erwachsenenalter.
Vor 115 Jahren hatte die
KONFIRMATION aufgrund einer stärkeren Religiosität der Bevölkerung eine noch größere Bedeutung als heute.
Daher widmete sich auch der >Senftenberger Anzeiger< alljährlich diesem Ereignis, wie hier in einer Kolumne vom 4.04.1903 nachzulesen:
„Am heutigen PALMSONNTAG geleiten die Glocken die Schaaren der CONFIRMANDEN aus der Schulzeit in’s ernste Leben hinein und mit dem feierlichen Klang der ehernen Stimmen verbinden sich die aufrichtigen GLÜCK~ & SEGENSWÜNSCHE der Eltern, Lehrer und Erzieher für ihr Wohlergehen.
Der KNABE und das MÄDCHEN sind herangewachsen und wenn jetzt mit der feierlichen EINSEGNUNG durch die Hand des SEELSORGERS die Thore der Kindheit mit den lachenden Gefilden sich auch hinter ihnen schließen, bis in’s Alter hinein bleibt die Kindheit doch eine nie versiegende Quelle süßester Erinnerungen.
Jetzt kommen die ernsteren Jahre, gilt es doch in Beruf und Stellung sich vorzubereiten, in welchem man ein nützliches und brauchbares Glied der menschlichen Gesellschaft sein soll, sei es in bescheidener oder höherer Stellung.
Wie sich die Wege drum auch schicken mögen, die der Knabe und das Mädchen aus eigener Kraft nun weiterschreiten müssen, die LIEBE und SORGE treuer ELTERN begleiten sie und die herzlichsten Wünsche Aller!“
Die
>EINGESEGNETEN< erhielten selbstredend auch
GESCHENKE, die sie im Leben als Erwachsene unterstützen sollten.
Dazu gehörten für die
KNABEN vor allem der
ANZUG, erstmals mit einer langen Hose, und dazu natürlich die erste
UHR.
Der Konfirmationsanzug war bei fast allen bis zur Hochzeit das beste Kleidungsstück und wurde mit großer Vorsicht behandelt.
Für die
KONFIRMANDINNEN wurden gewöhnlich 2 neue
KLEIDER angefertigt, eins für die
PRÜFUNG und eins für die
KONFIRMATION,
wobei die Regel galt, dass beide Kleider schwarz zu sein hatten.
Da allerdings 2 schwarze Kleider für junge Mädchen höchst unzweckmäßig waren,
wurden später „gedämpfte Straßenfarben für Prüfungskleider" gewählt.
Die
MÄDCHEN erhielten Geschenke für die
>AUSSTEUER<,
worunter man eine „Grundausstattung an Haushaltsgütern“ verstand, z.B. Bett~ & Tischwäsche, Essgeschirr & Töpfe u.a.
Bei passender Gelegenheit gab es dann etwas hinzu.
Wer wenig Geld besaß, schenkte sogar nur eine einzelne (silberne) Gabel oder eine Sammeltasse.
Auf diese Weise kam bis zur Hochzeit schon sehr viel Hausrat zusammen.
Das war auch wichtig, denn die
AUSSTEUER sollte ja bis ins hohe Alter reichen.
Dass
ERZIEHUNGSPROBLEME bei Kindern & Jugendlichen über Generationen hinweg Bestand haben, zeigt die folgende Mahnung im Lokalblatt von 1927:
„In einer Zeit sittlicher Verwahrlosung, innerer Verwilderung und Zuchtlosigkeit können wir der Jugendpflege nicht genug Beachtung schenken !
In diese Woche fallen wieder die Festtage der EINSEGNUNG UNSERER JUGEND. Gerade auch im häuslichen Kreise sollte die KONFIRMATION mit der gebührenden Würde und Weihe gefeiert werden…“Dass der Genuss von
ALKOHOL und
TABAK schon bei unseren Altvorderen die
KONFIRMATIONSFEIERN begleiteten, zeigen die folgenden Bilder aus der Zeit um 1900. Die Mädchen leicht beschwipst, die Jungen provokant rauchend...
Womöglich machte der >Senftenberger Anzeiger< gerade deshalb um die Osterzeit herum die Namen der
KONFIRMANDEN aus Senftenberg und den umliegenden Ortschaften publik. Hier kann man eventuell bekannte Familiennamen aus der Nachbarschaft, oder sogar Personen aus der eigenen Familie entdecken…!