DORFKRUG
…da war doch noch was ?
Ach ja: In der
>DOFKRUG – ORDNUNG< der
„Landwirthschaftlichen Polizeygrundsätze“ von 1791 las ich folgendes:
„Es ist Bedacht zu nehmen, daß die MARKTFLECKEN & DÖRFER hinlänglich, jedoch nicht überflüssig, mit WIRTHSHÄUSERN versehen seyen, damit nicht durch Uebermaaß derselben die Wirthe einander selbst die Nahrung rauben, und Müssiggang und Schwelgerey unter den Bauern befördert werde…“
Und da in
GROßKOSCHEN der
>DORFKRUG< gegenüber der
KIRCHE stand, passte auch das folgende Verbot haargenau:
„Um die Entheiligung der SONN~ und FEIERTAGE zu verhüten, verbiete man den Wirthen, vor und zwischen den PREDIGTEN Gäste zu setzen, bei 2 Reichsthaler Strafe für jedes mal.“
Schließlich wurde streng auf
GERECHTIGKEIT geachtet:
„Es soll der Wirth kein anderes SPIEL erlauben, als daß ein BAUERSMANN, wenn das Spiel ganz geendigt ist,
nicht mehr als 4 Ggr. verlieren kann, was darüber ist, soll sofort zurückgegeben werden.
Dahingegen haben die Wirthe den Bedacht darauf zu nehmen, daß den Gästen zu anderen vergnügenden Spielen, wobey die GESCHICKLICHKEIT mehr Antheil hat, als das GLÜCK und die GEWINNSUCHT, Gelegenheit gemacht werde.“
Möglicherweise trugen seit 1921 die jeweiligen Eigentümer des
>DORFKRUG< zur Förderung des
RADSPORTS in Großkoschen bei, da sie den großen
SAAL für den Trainings~ & Wettkampfbetrieb bis zum Jahre 1996 zur Verfügung stellten.
In Hinblick auf das Jahr 2021, in dem der hier ansässige, geschichtsträchtige
RADSPORTVEREIN
sein
100-jähriges JUBILÄUM feiern wird, gestatte ich mir heute einen kleinen „Historikerblick“:
Als sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts die Produktion von
FAHRRÄDERN zu einer der erfolgreichsten Zweige der Massenindustrie entwickelte, und durch einen erbarmungslosen Konkurrenzkampf der Fahrradfabrikanten die Preise verfielen, wurde das
FAHRRAD zum unverzichtbaren
TRANSPORTMITTEL der „kleinen Leute“.
Nun konnten sich auch
ARBEITER endlich eigene
FAHRRÄDER, anfangs nur gebrauchte oder sehr einfach ausgestattete, leisten.
Sie erreichten damit nicht nur erheblich schneller die oft weit entfernten Fabriken, sondern nutzten das
FAHRRAD auch, um ihren meist dunklen, feuchten Wohnungen, in denen die meisten Arbeiterfamilien hausen mussten, zu entfliehen. Die
ARBEITER-RADLER wollten daher gern im Verein radeln, wussten aber, dass sie in den bürgerlichen Clubs keine Chance hatten bzw. auch von sich aus nicht in Frage kamen.
Zu diesem Zweck schloss man sich erst zu
„FAHRGEMEINSCHAFTEN“ zusammen, aus denen im Jahre 1896 schließlich der
>ARBEITER-RADFAHRERBUND SOLIDARITÄT< erwuchs, im Jahre 1932 bereits ca. 400.000 Mitglieder zählte und zum größten Radsportverband der Welt wurde. Doch nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten änderte sich das schlagartig:
im Mai 1933 wurde die „Solidarität“ verboten und ihr gesamtes Eigentum beschlagnahmt.
Auch in unserer Region hatten sich mit Beginn des 20. Jahrhunderts nach und nach
RADSPORTVEREINE gegründet, von denen einige „bürgerlich-konservativ“ ausgerichtet waren, andere, wie die aus
HÖRLITZ, SENFTENBERG II und GROßKOSCHEN, dem inzwischen weltweit agierenden >ARB Solidarität< beitraten - letzterer am
31. JULI 1921 !
SOLIDARITÄT sollte bereits ausdrücken, dass sie sich als Teil der Arbeiterbewegung verstanden, neben den sportlichen Aktivitäten aber auch stets für ein „Miteinander und Füreinander einstehen wollten“.
Von Anfang an waren übrigens auch Frauen als Mitglieder zugelassen; was man folgendermaßen begründete:
„Es ist nicht anzunehmen, daß eine GESUNDE FRAU durch den Gebrauch des FAHRRADES Schaden erleiden kann, vorausgesetzt, daß sie sich nicht überanstrengt, daß sie nicht zu lange, nicht zu schnell und nicht über allzu steile Anhöhen fährt. Der RADSPORT werde sie lehren, eine LANDKARTE zu verstehen und den Veränderungen im Raume geistig zu folgen…“ Die Mitglieder der
"SOLIDARITÄT" hatten ein eigenes Sportverständnis: nicht Rekorde oder bezahlter Leistungssport standen im Vordergrund, sondern Körperkultur, Körperbeherrschung und gemeinschaftliches Erleben. Der Verband pflegte Radtouristik, Kunstrad~ & Reigenfahren sowie andere Saalradsportarten, vor allem
RADBALL.
Anstelle von rekordträchtigen
RADRENNEN veranstaltete man demonstrativ Wettbewerbe im
LANGSAM-FAHREN.
Der Broschüre
>HISTORISCHE EINBLICKE GROßKOSCHEN< von 2008 habe ich die folgenden
FAKTEN entnommen:
„Die Großkoschener ARBEITERSPORTLER gründeten im Jahre 1919 die >FREIE TURN~ & SPORTVEREINIGUNG<. Im Jahre 1921 ging daraus der >ARB „Solidarität“ / Ortsgruppe Großkoschen< hervor. Anfangs stand das RADWANDERN im Vordergrund. Nach 1925 wurde der SAALSPORT mit dem REIGENFAHREN und dem RADBALL aktueller.
Anfang 1933 erfolgte die AUFLÖSUNG der Arbeitersportvereine. Mit Beginn des 2. Weltkrieges kam der SPORT in Großkoschen zum Erliegen.
Nach dem Krieg begann der NEUAUFBAU. Begonnen wurde mit dem REIGENFAHREN, hinzu kam RADBALL; zum Trainingsprogramm gehörten zeitweise auch RADPOLO und KUNSTFAHREN.“Die
VEREINSFAHNE überstand gottlob alle Wirren der Geschichte:
Zu DDR-Zeiten wurde das Dorf durch zahlreiche sportliche Erfolge im
RADBALL bekannt,
wie der folgende Artikel aus der >Lausitzer Rundschau< beweist:
Wer die Entwicklung dieser Sportgemeinschaft näher kennenlernen möchte,
dem sei die Webseite des Vereins empfohlen:
https://www.rsv-gko.de/