Neues 382 - 2019-07-14

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Matthias
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Neues 382 - 2019-07-14

Beitragvon Matthias » Sa 13. Jul 2019, 08:11

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Harald
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Re: Neues 382 - 2019-07-14

Beitragvon Harald » So 14. Jul 2019, 10:11

Ich lese: ENGE BAHNHOFSTRASSE und muss sofort an die MODENSCHAU vom >MODEHAUS VOIGT< denken, welche alljährlich im Rahmen diverser Stadtfeste stattfindet. Dann sieht man eine dicht gedrängt sitzende, stehende oder an der Hauswand lehnende, neugierige, modisch interessierte SENFTENBERGER DAMENWELT, die mit der Begutachtung der auf dem holprigen Kopfsteinpflaster stolzierenden MODELS beschäftigt ist.
Diese PRÄSENTATION der neuesten Modetrends hat in unserer Stadt TRADITION:

Im MÄRZ 1931 blies unter der Überschrift

FRÜHLINGSMODENSCHAU BEI WALDSCHMIDT

der Kolumnist –okst–, ohne es zu ahnen, zum Abgesang dieser Traditionsveranstaltung, die „in den 5 bis 6 Jahren ihres Bestehens immer mehr zu einem gesellschaftlichen Ereignisse geworden ist, zu dem sich die Damen im jugendlichen, besten und reiferen Alter in Scharen, teilweise sogar aus der weiteren Umgegend, einfinden.“
Auch die muntere Ansagerin schien das Ende zu ahnen. Sie bezeichnete die Frühjahrsmode in wirtschaftlich schwerer, also das Kaufen erschwerender Zeit, als „solide & praktisch“ und tröstete: „Und wenn man auch nichts kaufen kann, so will man doch wissen, was Mode ist und wie man sich seine Garderobe modernisieren kann.“
Und dabei begann doch laut >Senftenberger Anzeiger< am 24. FEBRUAR 1926 alles recht vielversprechend:

1. Modenschau 1926_resize.jpg

„Gestern konnten wir eine MODESCHAU bei WALDSCHMIDT erleben, die so stark von Damen besucht war, daß viele wieder umkehren mußten. Damen, Damen, Damen ! Jüngere und ältere, diese in der Mehrzahl. Schon der untere EINGANG ist belagert, und dann im ersten Stock der PUTZVERKAUFSRAUM. Donnerwetter, welch ein Betrieb hier!
Stühle werden gerückt und immer neue Sendungen dieser notwendigsten Versammlungsuntensilien herbeigeschafft. In jeder der beiden Zimmerecken stehen zwei große Kronstehlampen, die ein magisches Licht verbreiten. Rings um den Mittelgang, der als BÜHNE diente, hatten sich in mehreren Reihen die ‚Richterinnen‘ placiert. Bald traten auch die vier VORFÜHRDAMEN ein, alles Angestellte des Senftenberger Hauses der Fa. Waldschmidt. Schon die ersten KLEIDER wurden mit Beifall aufgenommen, der sich aber während der 2½ stündigen Vorführzeit immer mehr steigerte. Vom einfachsten, aber umso feineren MORGENMANTEL angefangen, bis zum kostbarsten ABEND~ & BALLKLEID gelangten hier fast sämtliche Modeschöpfungen der Neuzeit zur Vorführung. Spielerischer Chic und Charme gaben den vier Damen die Note weiblicher Anschmiegsamkeit. Den Vogel schossen die GESELLSCHAFTSKLEIDER ab, die in ihrer schillernden Pracht noch einmal vorgeführt werden mußten. Wie lebhaft die KLEIDER gefallen konnten, bewiesen die vielen RUFE des Bewunderns und Entzückens der hiermit nicht geizenden GÄSTE. Zum Schluß soll verraten werden, daß es sich um sämtlich in Cottbus bei der Revue >Der fremde Herr aus Cottbus< zur Aufführung gelangenden MODELLE der Fa. Waldschmidt handelt. Lohnte sich nun der Besuch der MODENSCHAU ?
Ja, denn was dort zu sehen war, war ein Stückchen von Berlin, von dem Berlin der Konfektionskunst!
Könnte aber die zweite MODENSCHAU IN SENFTENBERG nicht in einem größeren Raume veranstaltet werden?“


Modenschau 1928-29_resize.jpg

Sie konnte, – wie das ANNONCEN - PUZZLE 1926 -1931 beweist und uns gleichermaßen einen kleinen Einblick in das anfangs wachsende, später allmähliche Nachlassen des Publikumsinteresses an dieser Veranstaltungsreihe des Senftenberger Kaufhauses der FIRMA WALDSCHMIDT gewährt:
Aus der Enge des Kaufhauses wechselte man in den großen >Gesellschaftshaus - SAAL< …und 1930 leider wieder retour.
Die bei der Premiere als Vorführdamen fungierenden hübschen Verkäuferinnen wurden bald darauf von professionellen Mannequins abgelöst und nach anfänglich firmeneigenen Modellen präsentierte man dann mit viel Brimbamborium die Kollektionen der „Wiener & Pariser Mode“, um letztendlich 1931 die vorgeführten Modelle „sehr preiswert zum Verkauf“ feilzubieten.

Apropos >BRIMBAMBORIUM<.
Ich zitiere nun aus den MODENSCHAU-BERICHTEN des >Senftenberger Anzeigers“ und sie werden schnell feststellen, dass jede MODENSCHAU nach einem sich stets wiederholenden, eintönigen, dennoch nicht einschläfernden, sondern immer wieder faszinierenden PROZEDERE abgespult wird.
Nach der „Premiere 1926“ (siehe oben) ging es wie folgt weiter:

Gedicht 1927_resize.jpg

1927

„Mit obigem selbstverfaßtem PROLOG eröffnete die bekannte Cottbuser Schauspielerin Valeria Verden die Schau. In beiden Vorführungen die gedrängte Fülle von über 2000 Zuschauern. Der große Saal des Gesellschaftshauses war eigens für den Zweck in der Mitte zu einer LAUFBÜHNE verwandelt und diese mit frischen Pflanzen geschmückt worden…
Dann setzte es ein, unter den Klängen der Koar’schen Kapelle, das jetzt schon jeder Senftenbergerin vertraute Trippeln und Wiegen der MANNEQUINS.
Welche Pracht ! Was gestern abend geboten wurde, war ein glänzendes Zeugnis für den Geschmack der Firma W.WALDSCHMIDT und überhaupt unserer heimischen Textilindustrie…Nach zweistündiger Dauer war die FRÜHJAHRSMODENSCHAU in Senftenberg beendet.“


Mode Logo 1928_resize.jpg

1928

„Die BÜHNE des Gesellschaftshauses als Vorraum des Boudoirs schöner Frauen hergerichtet, von ihr lang in den SAAL hineingestreckt ein langer LAUFSTEG, auf dessen verbreiterter Wende ein herrliches BEET Alpenveilchen prangt, zu den Seiten des Laufsteges und auf der GALERIE, auf der auch ein SALONORCHESTER der Kapelle Jetschik-Hartmann konzertiert, ein Flor DAMEN jeden Alters…Pünktlich zur angesetzten Stunde teilt sich bei ‚ausverkauftem Hause‘ der Vorhang im Hintergrunde der Bühne und hervorschlüpft die ANSAGERIN (ab 1928 moderierte ein Operettenstar, nämlich das liebliche Fräulein NEUMANN vom Stadttheater Cottbus, die alljährliche MODENSCHAU), um die DAMEN und die in hoffnungsloser Minderheit vertretenen HERREN namens der Fa. Waldschmidt zu begrüßen…Wieder öffnet sich der VORHANG und hervor treten sie, die Göttinnen von der Konfektion, die MANNEQUINS, ohne die nichts ist, was ist, die uns unter voller Beherrschung ihrer tadellos gewachsenen Figuren zeigen, wie man Kleider, Mäntel, Umhänge, Hüte trägt, um sie zur rechten Geltung zu bringen. Neun junge MANNEQUINS und zwei allerliebste Kinderchen sind diesmal dazu berufen, der DAMENWELT von Senftenberg und Umgegend die Reichhaltigkeit der MODENSCHAU der Fa. Waldschmidt vor die kundigen Augen zu führen und sie mit dem Neuesten vom Neuen bekannt zu machen…
Die unermüdlichen MANNEQUINS haben in der nur durch eine kurze Pause unterbrochenen vierstündigen MODENSCHAU eine unübersehbare Fülle herrlichster neuer MODELLE vorgeführt.“


1929

„Im großen SAALE des Gesellschaftshauses die mit Spannung erwartete, langersehnte und immer freudig aufgenommene, weil tonangebende MODENSCHAU des Kaufhauses Waldschmidt. Der übliche Rahmen: die BÜHNE das Vorzimmer einer Dame von Welt, von ihr ab und durch die ganze Länge des Saales der LAUFSTEG, beide durch Blumen der Jahreszeit geschmackvoll geschmückt, auf der GALERIE ein Streichorchester der Kapelle Koar, zu deren Klängen die holden MANNEQUINS sich schwebend und wiegend bewegten, um das Neueste und Schönste zu zeigen, was die Modeschöpfer für die Dame zu diesem Frühjahr und Sommer erdacht haben.“

1930_resize.jpg

1930

„Man braucht nicht mehr auf den Kalender zu schauen, um festzustellen, wann Frühlingsanfang ist. Wenn das Modenhaus Waldschmidt seine FRÜHJAHRSMODENSCHAU veranstaltet, dann ist der FRÜHLING eben da. Im dichtbesetzten SAALE des Gesellschaftshauses hatten sich sicher je über 1100 Personen nachmittags und abends zusammengefunden, um zu sehen, was die neue MODE bringt.
Ihre besondere Note prägt sich in drei KENNZEICHEN aus: Schönheit, Vielseitigkeit und Zweckmäßigkeit…
Von der reich dekorierten BÜHNE, die mit herrlich blühenden Azalien und an der BRÜSTUNG mit Märzbechern geschmückt war, ergoß sich nun nach der Einführung durch die muntere Ansagerin über das LAUFBRETT durch die ganze Länge des SAALES bis zur Umkehr mit dem BEET aus Tulpen und Hyazinthen der Strom der KOSTÜME, getragen von schmiegsamen und graziösen MANNEQUINS.“


Die MODENSCHAU 1931 verlief ohne Berichterstattung im Sande und die MODEWELT hüllte sich fortan in Schweigen…
Um jedoch POSITIV abzuschließen, hier noch für alle treuen LESERINNEN ein ausführlicher Blick in die SOMMERMODE von 1929, also vor genau 90 Jahren:

PYJAMAS mit eingesetzten Ecruspitzen, MORGENRÖCKE aus Atlasseide, für den Vormittag enganliegende STRICKKLEIDER mit seitlichen Tunikas, als Ausputz Stepperei, am Hals vielfach hinten zipflige SHAWLTÜCHER, entzückende FRÜHLINGSKLEIDER aus dem neuen Wollgeorgette in hellen Pastellfarben.
Für die Reise MÄNTEL, bei denen klein karierte englische Stoffe bevorzugt sind, dazu werden in der Farbe abschattierte kleine GLOCKENHÜTE mit größerem Rand oder Krempe getragen. ZU imprägniertem glänzenden Leinen SÜDWESTER und HANDTASCHE aus demselben Stoff. Die MÄNTEL vielfach ohne Knopf, nur im Gürtel zusammengehalten oder in der Taille geknöpft.
Für den Sport dominieren die ärmellosen STRICKKLEIDER mit eingewebten bunten Kanten, WOLLTRIKOTS mit an den SWEATER angesetztem ROCK und JACKE vom selben Stoff, Weiß und ein kräftiges Rot bevorzugt, häufig hoch geschlossen mit kleinem Klappkragen, daneben KLEIDER aus Bastseide.
Für den Strand über dem BADETRIKOT BADEMÄNTEL aus phantastisch gemustertem Frotté, dazu als Kopfbedeckung ganz leichte ungefütterte ITALIENER…“


Ein MODE-ZITAT zum Schluss:
MODE ist nicht nur Kleidung. MODE ist eine Haltung, eine Lebenseinstellung und eine Form von Kunst:
„MODE sollte widerspiegeln, wer du bist, was du fühlst, und wo du hingehst.“

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