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Neues 395 - 2019-10-20

Verfasst: Sa 19. Okt 2019, 07:57
von Matthias
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Re: Neues 395 - 2019-10-20

Verfasst: Sa 19. Okt 2019, 11:45
von Harald
Mit der im Jahre 1865 eingeführten OFFENEN KARTE, wie sie amtlich genannt wurde, war ein entscheidender Schritt in Richtung

DRUCKSACHENKARTE

getan worden. Das FORMAT entsprach dem eines gewöhnlichen Briefkuverts, der TEXTUMFANG der Mitteilung inklusive Adresse und Signatur wurde auf 20 Wörter begrenzt und der TEXT konnte optional HANDSCHRIFTLICH oder GEDRUCKT verfasst sein.
Die Portopauschale der POSTKARTE zum halben BRIEFPORTO hielt sich noch sehr lange bei der Deutschen Post auf dem Gebiet der ehemaligen DDR.
(Postkarte = 10, Brief = 20 Pfennige)
Durch Einbeziehung vorgefertigter GEDRUCKTER TEXTE war diese spezielle KORRESPONDENZKARTE auf den GESCHÄFTSVERKEHR zugeschnitten. Durch in der Folgezeit eingefügte VIGNETTEN, FIRMENSTEMPEL oder ABBILDUNG des Unternehmens bzw. dessen WARENANGEBOTS wurde eine DRUCKSACHENKARTE automatisch zur WERBEKARTE.
Mit ihr ließ es sich unmittelbar kommunizieren, das lästige Verschließen und Öffnen von Briefumschlägen entfiel und der KURZMITTEILUNG entsprechend konnte unverzüglich gehandelt werden. Der zentrale Einsatzbereich dieser Karten lag dabei in der Vor~ und Nachbereitung geschäftlicher Transaktionen und der genauen Terminierung von Sendungen. Kurzgefasst und präzise wurden dem Empfänger Kurzmitteilungen über Sortiment, Preise und Qualität sowie Angaben zu Bestellung & Verrechnung oder Lieferverzögerungen per KARTE zugeschickt.
Wichtig dabei war allerdings, dass trotz der Kompaktheit und Direktheit der Kartentexte die HÖFLICHKEIT keinesfalls ausgeklammert werden durfte. Selbstredend verwies man aber darauf, sich stets eines SACHLICHEN TEXTSTILS, „welcher ohne anbiedernde Floskeln, Aufschriften und Versicherung der ungetheiltesten Hochachtung auf die unumgänglich nothwendigen Ausdrücke beschränkt sei“, zu befleißigen.
Die folgenden BEISPIELE waren allerdings ob der undeutlichen Handschrift mancher Geschäftsleute nur mit Mühe zu entziffern,
einige wenige Wörter blieben leider "unentdeckt".

Handschrift_resize.jpg

Die heute vorgestellte älteste
DRUCKSACHE Nr.1
wurde am 6. Januar 1875 von der Bergbau-Actien-Gesellschaft an den in Cottbus wohnhaften Herrn H. von Loeber verschickt, in der ihm betr. seiner aus der Reppister GRUBE MARIE angesagten KOHLELIEFERUNG per 5 Lowry mitgeteilt wurde, dass „die Ihnen gestern avisierte LOWRY 2072 ausfällt, da dieselbe beschädigt worden ist. Es folgt dafür die ERSATZLOWRY 1922.“
Damit war eine ev. längere Suche nach der richtigen LORE, vom englischen Wort >LOWRY< für einen „offenen Eisenbahn-Güterwagen“ abstammend, vom Tisch.

Die DRUCKSACHE Nr. 2,
am 20.1.1898 verschickt, hatte etliche IRRWEGE bis zur Ankunft beim Empfänger Herrn Landfried, seines Zeichens „Agent für Cigarrenfabrik“ in angeblich BAUENBURG mit dem Wohnung-Vermerk „jedenfalls i.d. Pfalz“ zurückzulegen. „In RUMBERG Pfalz unbekannt“ vermerkte ein Postbote namens Nickles,
auch „in BAUMBERG und BAMBERG unbekannt“
Es ist halt ein „Kreuz“ mit so vielen ähnlich lautenden Ortsnamen in deutschen Landen…
Übrigens erbat sich der sehr bekannte Senftenberger Kaufmann Hermann Sprengel „Handmuster v. Cigarren im Preise von 18 – 30 M.“ und merkte wichtigtuerisch an: „Nur billigster Preis bei guter Qualität bringt Auftrag!“
über dem Namen Hermann Sprengel steht leider ein nicht zu deutendes WORT…Hätte mich schon interessiert,
ob er wohl je seine wunschgerecht-billigen Cigarren-Warenproben bekommen hat ?

In der DRUCKSACHE Nr.3
übermittelte der Tapeziermeister Alfred Lichey am 18.9.1928 einem Kunden in Arnsdorf, der eine POSAMENTERIE betrieb, also mit Zierbändern, gewebten Borten, Litzen, Kordeln, Quasten, Volants und dgl. mehr handelte, folgende, leicht mit Rechtschreibfehlern behaftete NACHRICHT:
„Empfing Ihr Schreiben, bitte etwaß Geduld noch haben, daß ich Ihnen in nächster Zeit schaffe (?) brauchen keine Angst haben, sie erhalten alles es geht nicht so schnell durch die HausGeschichte, Zinsen zahle ich Ihnen gern, schon durch Ihr EntgegenKommen.“
Ich nehme stark an, dass Herr Brußen gegen Rabatte nichts einzuwenden hatte…

Die DRUCKSACHE Nr.4
ist noch ein GROSSES RÄTSEL für mich.
Beim Betrachten der KARTE, welche die Porzellanmanufaktur Geiersthal verschickte, ist eine ZEICHNUNG der Stadt Senftenberg N.-L., mit folgenden handschriftliche Anmerkungen zu sehen:
von links: „Trapeze, Ziegeldach, Schiefer & Ziegeldächer, Wasser, Schieferdach, Steingebäude …Bitte Herrn Schneider fragen.“
Tja, was wollte man wohl damals bei o.g. Person in Erfahrung bringen bzw. welches ANGEBOT wurde hier wem gemacht?
Fragen, deren Beantwortung der HEIMATFORSCHUNG obliegen…

Die folgenden 4 DRUCKSACHEN von 1928 – 1930 – 1945 sind dagegen einfach zu deuten, da man sich in der Zwischenzeit einer SCHREIBMASCHINE bediente und damit der Unleserlichkeit handschriftlicher Mitteilungen den Kampf ansagte.
GROSSE EREIGNISSE verraten sie nicht, erinnern aber an einst wohlbekannte FIRMEN unserer Heimatstadt Senftenberg.

Schreibmaschine_resize.jpg

In diesem Zusammenhang wird sich die Nachkriegsgeneration durch die nachfolgende
UMFUNKTIONIERTE DRUCKSACHE
ganz sicher noch an wirtschaftliche ENGPÄSSE erinnern, als z.B. Zeitungsränder & Rückseiten von Formularen für schulische Aufzeichnungen und ausgemusterte KARTON-POSTKARTEN als BASTELMATERIAL Verwendung fanden.
Das war damals Realität, aber von der jetzigen Generation glaubt das eh keiner mehr… :roll:

Drucksache 11 Bastelbogen_resize.jpg

Jedenfalls sind wir auch mit >KÖPFEN DER ZEITGESCHICHTE< großgeworden, deren Kommen & Gehen wir letztlich noch auf alten DDR-POSTKARTEN nachvollziehen können. Und ich werde den Eindruck nicht los, dass hier ein anonymer WAHRSAGER seine Hand im Spiel hatte.
Er konstatierte schon Anfang der 1950er Jahre, dass BERLIN eines Tages wieder GESAMTDEUTSCHE HAUPTSTADT sein würde...Alle Achtung für diese WEITSICHT ! :shock:

Koepfe auf PK_resize.jpg

Re: Neues 395 - 2019-10-20

Verfasst: Sa 19. Okt 2019, 12:49
von Matthias
Das "Geheimnis" um Nummer 4 habe ich versucht hier zu lüften.

Mittlerweile kann ich ein Foto desjenigen Produktes nachliefern, um welches es bei diesem Briefwechsel ging...

s-l1600 (9).jpg

Re: Neues 395 - 2019-10-20

Verfasst: Sa 19. Okt 2019, 12:56
von Harald
PHÄNOMENAL ! So sieht halt TEAMWORK aus ;)

Re: Neues 395 - 2019-10-20

Verfasst: So 20. Okt 2019, 11:38
von Klaus
Zum „Teamwork“ kann ich auch etwas beitragen.
Auf der Postkarte mit der Dunlopwerbung fragt Vulkanisierwerkstattbesitzer Adolf Balzereit nach einem Elektromotor.
Aus seiner Werkstatt habe ich in den Siebzigern den unten abgebildeten Motor geerbt. Er leistest bis heute beste Dienste auf meinem Eigenbaukompressor.
Vielleicht gehört er zur abgebildeten Postkarte.
Wie lange halten eigentlich heutige Motoren?
Klaus