Neues 406 - 2020-01-12

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Matthias
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Neues 406 - 2020-01-12

Beitragvon Matthias » Sa 11. Jan 2020, 11:38

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Harald
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Re: Neues 406 - 2020-01-12

Beitragvon Harald » So 12. Jan 2020, 14:37

TUCHER Fass_resize.jpg

Mit lieben Freunden, bei ihren Scherzen
schwinden die Sorgen, schweigen die Schmerzen.
Drücket Kummer deinen Sinn, eile flugs zur Kneipe hin !


Für die Freunde des edlen Gerstengetränks gab es in unserer Heimatstadt einst zahlreiche Möglichkeiten der Einkehr. Das
RESTAURANT & SPEISEHAUS >ZUM WEISSEN HIRSCH<
war nur eines von ~zig weiteren, dafür aber eines von wenigen, die sich von BAYERISCHEN BRAUHÄUSERN,
wie z.B. „Kulmbacher“ oder „Tucher“, beliefern ließen.
Wer sich damals für das, dem heutigen Franchise System sehr ähnlichen Sponsoring entschied, erhielt neben BIER in Flaschen & Fässern noch ein ganzes PAKET an Beratungs- & Serviceleistungen, Werkzeugen und praktischen Hilfsmitteln, um recht schnell und reibungslos wirtschaftliche Erfolge erzielen zu können.
Dem Senftenberger Gastwirts-Ehepaar LEHMANN wurde somit für seine BIERSTUBE sogar eine etwas abgewandelte Kopie des Nürnberger TUCHER-BRAUSTÜBLS eingerichtet, was man auf nachfolgenden Fotos deutlich erkennen kann:

Braustuben_resize.jpg

Der >WEISSE HIRSCH< bedankte sich für dieses Privileg selbstredend mit einer recht auffälligen Werbung für >TUCHER BIERE< an der Hausfassade, auf Speisekarten, Gläsern, Aschenbechern und vor allem per INSERAT im >Senftenberger Anzeiger<, von denen nachfolgend einige aus den Jahren 1929 bis 1932 zu sehen sind. Ihnen kann man auch die wichtigsten Fakten, speziell zu den in diesem Gasthaus angebotenen, typischen SPEISEN & GETRÄNKEN entnehmen.
Erstere sind ein untrüglicher Verweis darauf, dass die KÜCHE im >WEISSEN HIRSCH< von der eigenen FLEISCHEREI nebenan versorgt wurde,
was eigentlich seit jeher so üblich war. Auch CAFÉS bezogen ihre Kuchen & Torten aus der eigenen CONDITOREI.

weiSSer hirsch_resize.jpg

Einst war das >TUCHER-LOGO< so klein, dass der Kunde es fast übersah. Es zeigte schon damals den KOPF EINES MOHREN im Profil.
Neuerdings prangt er groß in einem weißen Kreis, beschirmt von einer goldenen siebenzackigen Krone. Dass dieser HEILIGE aus dem FAMILIENWAPPEN der TUCHERS stammt, dürften aber nur wenige Eingeweihte wissen.

Mohr_resize.jpg

Um üble Verdächtigungen von Rassismus zu entkräften, haben die Grafiker später den Schriftzug hinzugefügt:
HEILIGER MAURITIUS.
Das soll klar stellen, dass es sich bei der Abbildung um den Heiligen handelt, der der Legende nach aus Oberägypten stammt.
Der Name MAURITIUS kommt von MAURE = MOHR und besagter Märtyrer hatte wohl dunkle, schwarze Hautfarbe. Der RASSISMUS kam dann mit dem Sklavenhandel. Der Begriff "MOHR", so erklärte das "Universal-Lexicon der Völker- und Ländergeschichte" von 1806, benenne "einen ganz schwarzen Afrikaner, welchen vornehme Herren zu ihrer Bedienung halten".

die tucher_resize.jpg

Das STAMMWAPPEN ist geteilt. Oben von Schwarz und Silber fünfmal schrägrechts geteilt und unten in Gold ein schwarzer Mohrenkopf.
Auf dem Helm ist ein goldgekleideter Mohrenrumpf mit silber-schwarz-gold geteilten Stierhörnern statt der Arme.
Die Helmdecke ist schwarz-golden.
Obgleich der MOHR aus dem FAMILIENWAPPEN der berühmten Patrizier das Symbol für TUCHER schon seit dem 14. Jahrhundert ist , wurde man mit dem Vorwurf konfrontiert, dass sich die Abbildung eines dunkelhäutigen Menschen nicht als Signet für ein Unternehmen eignet, das DEUTSCHES BIER herstellt. Im Archiv der BRAUEREI ist allerdings zu sehen, dass das MOHRENPROFIL schon immer existierte, wenn auch in keiner einheitlichen Fassung.
In den 1930/40er verschwand der MOHR zeitweilig von der Werbebildfläche. Er war den Nationalsozialisten nicht 'arisch' genug.

Wie kommt nun der MOHR in das WAPPEN DER TUCHER ?

Schon immer war – gewissermaßen als Gegenpol zur realistisch-praktischen Orientierung der Kaufleute – ein ausgeprägt RELIGIÖSER SINN in der Familie feststellbar. Männliche Vertreter erlangten als PRÖBSTE von St. Lorenz Bedeutung, nicht wenige Tucherinnen traten ins KLOSTER ein und hielten an ihrem GLAUBEN auch in den schwierigen Zeiten der Reformation fest. Der MOHR stand also für deren GLAUBENSFESTIGKEIT.
Aber auch jene Tucher, die ein weltliches Leben vorzogen, ließen sich in ihren Handlungen von religiösen Motiven leiten. Zahlreiche RELIGIÖSE STIFTUNGEN der Familie zeugen von ihrer Frömmigkeit, und auch die weltlichen WOHLTÄTIGKEITSSTIFTUNGEN der Familie sind zweifellos religiös motiviert.

Doch was hat nun die ehemalige Patrizierfamilie TUCHER mit der BRAUEREI zu tun?

1672 entstand das Städtische Weizenbräuhaus zu Nürnberg. Als die Reichsstadt 1806 an das Königreich Bayern fiel, wurde die Brauerei zum Königlichen Weizenbräuhaus und etwa 50 Jahre später, als die Familie von Tucher die Brauerei erwarb, zur "Freiherrlich von Tucher'sche Brauerei". Seitdem ist der MOHR des FAMILIENWAPPENS auch das Markenzeichen der Brauerei. Nach Umwandlung in eine Aktiengesellschaft, Zerstörung im Zweiten Weltkrieg, Wiederaufbau, Fusionen und Eigentümerwechseln ist die „TUCHER BRÄU GmbH & Co. KG" heute eine eigenständige Tochter der RADEBERGER Brauereigruppe.
Womit wir zu guter Letzt einen OSTDEUTSCHEN Schlusspunkt setzen können:
RADEBERGER PILSNER – ein „traumatischer“ Begriff für gelernte DDR-Biertrinker, denn nur für einen einzigen Kasten dieser, wohl überwiegend nur unter dem Ladentisch gehandelten BIERSORTE wäre er ev. sogar zu Fuß nach Radeberg gepilgert…
Da das RADEBERGER BIER nunmehr zu jeder Zeit & überall zu haben ist, bleibt mir nur noch „PROSIT & AUF EUER ALLER WOHL!“
zu sagen…

ÜBRIGENS:
Auf der ENGEN BAHNHOFSTRASSE patroullierte zu nächtlicher Stunde ein vom Kaufhaus angestellter NACHTWÄCHTER.
Ihm war es sicher zu verdanken, dass sich, wenn man dem >Senftenberger Anzeiger< Glauben schenken darf, im >WEISSEN HIRSCH< selten EINBRECHER einfanden…

DER ALTE WÄCHTER

„Jede Nacht steht er da. VOR DEM KAUFHAUS. Sein Gang kann sich nur auf die wenigen Meter beschränken, die zur Beaufsichtigung des Geschäftsgrundstückes begangen werden müssen. Das ist nicht abwechslungsreich für ihn. Und darum in den Nachtstunden, wo die LOKALE sich leeren, wartet er auf seinem einsamen Posten, ob nicht jemand kommt, der ihm die lange Nachtzeit etwas verkürzt. Er wird von vielen gekannt.
Man grüßt DEN ALTEN MANN. Ob man auch daran denkt, daß, wenn man selbst schon in der lauen Wärme seines Bettes ruht, jener ALTE immer noch gehen muß. Die Fahrt des schweigenden Mondes über den Himmel, das Rauschen des Windes, der die Häuserzeilen der BAHNHOFSTRASSE hinunterfährt, der ‚Regen, der über die Dächer weint‘, sind die Melodien, die um ihn sind. – Er erzählt von seinem armseligen Leben. ‚Der Mensch, der Dreck dieser Erde.‘
Aus Schlesien, wo er Soldat gewesen, kam er in diese Gegend. Arbeitete in den KOHLENGRUBEN. Bis er alt und müde wurde. –
‚Oh, in den Kohlengruben ist es schwer‘. – Mit einer RENTE entlassen, nahm er diesen NEBENVERDIENST an. Damals, in jungen Jahren, hatte er gehofft, das GOLD auf den Straßen dieser Gegend zu finden. Aber schmal und kärglich zogen die Jahre vorüber. Und heute ist er weit über 60…Jetzt mummelt er sich wieder in seinen Mantel und für den Rest der Nacht bleibt er allein, mit sich, der Vergangenheit, den Sternen und dem Winde.“

Nachtwache_resize.jpg


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