Als ich Anfang des Jahres eine
EINLADUNG ZUM KLASSENTREFFEN des Briesker Abschlussjahrgang 1980 erhielt, wurden wieder
ERINNERUNGEN an den 1966 erfolgten Start meiner „Lehrer-Karriere“ in der POS Brieske-Ost, später mit dem Zusatz „Franz Mehring“ ausgestattet, geweckt. Das damalige
KOLLEGIUM gefiel mir vor allem wegen seiner großen Hilfsbereitschaft & Sangesfreude. Letztere kam mir als Musiklehrer bei der Kontaktaufnahme, nicht nur zur
>BRIESKER ALTEN GARDE< sehr zu passe.
Zu dieser Spezies gehörten damals der Mathe-Lehrer & Schachmeister
MANFRED MALLINA (1), der sich gern humorvoll als „Malimo, der Knitterfeste“ vorstellte, daneben der stets schmunzelnde, in Mathe und anderen Fächern unterrichtende
GERT BALLIN (2). Legendär waren außerdem der Deutschlehrer
KARL BAHLOW (3), der sich von zahlreichen Schülergenerationen per Klassenaufsatz Bestandteile & Funktionsweise seiner vielgeliebten
SCHRAUBZWINGE beschreiben ließ, außerdem der Geschichts~ & Marineexperte
WALTER BLACHE (4), der den gespannt lauschenden Schülern ab & an von „seinem“ Schlachtschiff >Tirpitz< erzählte und schließlich der Youngster unter den „Alten“, der humorvoll-strenge Naturwissenschaftler (Bio / Chemie) und „Langzeitstellvertreter“ des jeweiligen Schulleiters
RUDOLF BALLON (5).
Sie alle haben die
GESCHICHTE DER BRIESKER SCHULE mitgeprägt und ihre Erfahrungen & Lehrerweisheiten haben mich vor vorschnellen Entscheidungen im Unterrichtsalltag bewahrt.
Da die
ALTE GÄRTNEREI angesprochen wurde, möchte ich nun dem wahrhaften >Meister Buddelflink<,
unserem einstigen
SCHULGARTEN-LEHRER KARL BAHLOWein kleines Denkmal setzen. Wie er es schaffte, auf dem über Generationen hinweg mit Kohlenstaub angehäuften
AREAL Samenkörner keimen, Gemüsepflanzen wachsen und Blumen erblühen zu lassen, ist mir immer ein
RÄTSEL geblieben. Ein
GRÜNER DAUMEN allein hätte dies wohl niemals zustande gebracht. Noch heute ist ein
SPRUCH von ihm in aller Munde, den er gern gebrauchte, wenn er einen
SCHÜLER (bei
SCHÜLERINNEN hat er es wohl vermieden)
auf dessen
UNFÄHIGKEIT hinweisen wollte:
"DU BIST EIN NAPFKUCHEN - wiederhole !" Worauf der
SCHÜLER seinen
LEHRER reumütig anschaute, und ihm lauthals ins Gesicht sagte:
"DU BIST EIN NAPFKUCHEN !" Da musste sogar Herr Bahlow lachen !
Wie ein Magnet zog sein populärer
TOMATENPFLANZEN-VERKAUF alljährlich die Kleingärtner an und seine Schulgarten-Schüler der 3./4. Klassen bauten zur eigenen Freude sowie der Einwohnerschaft ab & an ihren
BLUMENSTAND vor dem
KONSUM auf.
Ende der 1980er Jahre verabschiedeten die Kollegen in gärtnerischem Outfit ihren fleißigen & nimmermüden
SCHULGÄRTNER:
Nach der Wende läutete den
SCHULGÄRTEN leider überall das
STERBEGLÖCKLEIN; nur vereinzelt wurden sie vom Sachkundeunterricht vereinnahmt.
Dabei wäre es durchaus angebracht, sich auf die langjährige
HISTORIE DER SCHULGÄRTEN
zu besinnen. Schon 1873 verwies Dr. Erasmus Schwab in >Blätter für Erziehung & Unterricht< auf deren große Bedeutung:
„Ein rechter SCHULGARTEN kann, soll und muß der ORT sein, wo die KINDER am glücklichsten sind, er muß ihr LIEBSTER AUFENTHALT werden in jenen Stunden, welche sie nicht im SCHULZIMMER zubringen, oder ZU HAUSE mit Arbeiten für die Schule ausfüllen.
Eine der schmerzlichsten STRAFEN muß es für das KIND sein, von dem UNTERRICHTE, von den SPIELEN IM SCHULGARTEN einmal ausgeschlossen zu werden. Giebt es in der SCHULE zunächst gemeinsames Lernen, so giebt es hier auch GEMEINSAME ARBEIT, Lust und Spiele.“ …und wie der
SCHULGARTEN – UNTERRICHT ablaufen sollte, konnte man 100 Jahre zuvor schon in der (>Allg. Bibliothek für das Schul~ & Erziehungswesen in Teutschland< 1781) nachlesen:
„Den SCHULGARTEN bauet der Schulmeister mit seinen Schulkindern an, und säet und pflanzt darin Kartoffeln, Erbsen, Bohnen, allerley Kohl~ & Rübenarten, Flachs, Hanf, Kümmel, Anies, Fenchel, oder was sonst der Boden an Gemüsen, Körnern und Kräutern zu tragen vermag; auch wohl Färbekräuter, Taback, Hopfen u.s.w.
Bey dieser ARBEIT wird groß und klein gebraucht – die VERSTÄNDIGEN zum Pflanzen, Behacken, Pfropfen, Okuliren usw., die STÄRKEREN zum Graben, Hacken, Baumsetzen und die SCHWACHEN zum Jäten, Stecken & allerley Handreichung. Die Arbeit geschieht GEMEINSCHAFTLICH, und keiner muß müssig seyn und zusehen.
Zur BEARBEITUNG dieses Gartens werden im Frühling und Sommer die Morgenstunden angewendet; und wenn die Zeit der Hitze herannahet, wandert der Schulmeister mit seiner Heerde nach Hause, um die übrige Schulzeit auf den Unterricht zu verwenden. Beym Heraus~ & Hereingehen kann er mit seinen Kindern ein LIED singen, oder sich von nützlichen Sachen mit ihnen unterreden.
Ist im SCHULGARTEN nichts mehr zu thun, so sind die KINDER für die übrige Sommerzeit bis nach vollendeter Erndte des Nachmittags vom Schulgehen frey, um ihren Eltern zu Hause und im Feld an die Hand zu gehen; doch müssen sie wenigstens zwey Frühestunden täglich die SCHULE besuchen.
Die Zeit der ERNDTE aus dem SCHULGARTEN ist ein FEST für die Jugend. Die VERTHEILUNG der Früchte geschieht in Gegenwart der Gerichtsobrigkeit, des Predigers und der Geschworenen des Orts.
Ein Drittheil bekommt der SCHULMEISTER zur Belohnung seines Fleisses und zur Verbesserung seiner Stelle; die übrigen zwey Drittel werden so unter die gesammten SCHULKINDER vertheilt, daß jeses an der einen Hälfte seinen gleichen Antheil empfängt, die andere Hälfte aber auf das ZEUGNISS des Predigers und Schulmeisters denjenigen als PRÄMIE zufällt, welche sich durch Fleiß im Lernen und Arbeiten vor den übrigen hervorgethan haben, wovon aber die trägen, die ungelehrigen und die häufig weggebliebenen Schulkinder ausgeschlossen werden.“ Der
PLAN von 1879 umfasste einen
SCHULGARTEN von 200-400 qm und wurde in folgender Weise angelegt:
„Längs der Begrenzung, die theils aus Mauer (a) theils aus Stacketen (c) besteht, läuft eine in ihrer Breite wechselnde Rabatte,
welche zu Obstspalieren (b) genutzt wird. Die Mauern des Schulgebäudes sind mit Obst~ & Weinrebspalieren (d) bezogen.
Der HAUPTTEIL des Gartens ist in 4 gleiche Tafeln getheilt:
A = Gemüsegarten mit Mistbeeten (e), B = Baumschule mit 8 Schlägen,
rundes Blumenbeet (f), Laube (g), Brunnen (h) mit Wasserstellen (i)“
Bleibt zum Schluss nur noch ein wehmütiger Rückblick auf den
SCHULGARTENUNTERRICHT der ehemaligen
DDR, bei der die
PRAKTISCHE GARTENARBEIT selbstredend auch von
LEHRBUCH & ARBEITSHEFT begleitet wurde.
Die
KINDER IM GRUNDSCHULALTER waren sichtlich begeistert von der Natur, neugierig, wollten forschen, entdecken, alles selbst ausprobieren,
z.B. die Erde umgraben, Samen ausstreuen, gießen oder lieber spritzen - das machte ihnen Freude, kam ihrem Bewegungsdrang entgegen.
Und wie groß war erst die Freude über das aus der Erde sprießende Grün.
Was gab es da nicht alles zu entdecken und zu lernen!
Die Möhre, selbst aus der Erde gezogen, selbst geerntet, war die schönste Belohnung.
Da wurde jeder Gemüse-Muffel zum Möhrenliebhaber...
SCHULGARTENSTUNDEN – nicht WEINEN, dass sie vorüber,
sondern LÄCHELN, dass sie gewesen.