Neues 446 - 2020-11-15

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Matthias
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Neues 446 - 2020-11-15

Beitragvon Matthias » Sa 14. Nov 2020, 09:54

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Harald
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Re: Neues 446 - 2020-11-15

Beitragvon Harald » Sa 14. Nov 2020, 14:59

Im Jahre 1609 wurde SENFTENBERG kurfürstliche GARNISONSTADT und das SCHLOSS in den Rang einer FESTUNG gesetzt.
Eine gewisse Bedeutung hatte die in der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts angelegte

FESTUNG SENFTENBERG

Festung.jpg

allerdings nur während des 30-jährigen Kriegs besessen. In der Folgezeit kümmerte man sich verhältnismäßig wenig darum.
Selbst für die ERHALTUNG DER SCHLOSSBAULICHKEITEN konnten Amtshauptleute und Kommandanten bei dem Mangel an Mitteln,
die hierzu verfügbar waren, nicht sehr viel ausrichten.
Als zu Beginn des nachfolgenden SIEBENJÄHRIGEN KRIEGES eine preußische Abteilung auf ihrem Vormarsch nach Sachsen unser SENFTENBERG berührte, schloss der Befehlshaber des Schlosses sofort einen NEUTRALITÄTSVERTRAG ab. Solange die FEINDSELIGKEITEN andauerten, sich abwechselnd Preußen und Österreicher in der FESTUNG einquartierten, war natürlich an INSTANDSETZUNGSARBEITEN überhaupt nicht zu denken.
Und so fand nach dem FRIEDENSSCHLUSS im Juli 1763 der neue Kommandant – Oberst Jean Remy de Ponsar – alles „IN ÜBELSTEM ZUSTANDE“ vor und sandte sogleich einen „geharnischten“ BERICHT an die kurfürstliche Administration in Dresden,
dessen KOPIE ich in „Aus der Heimat – für die Heimat“, einer Beilage des >Senftenberger Anzeiger<, entdeckte:

Krieg_resize.jpg

„Wie ich bei meiner ANKUNFT IN SENFTENBERG AM 1. JULI 1763 die FESTUNG und deren Gebäude und besonders das damalige SCHLOSS und des KOMMANDANTEN WOHNUNGEN nach genauer VISITATION befunden habe.“

(1) Das SCHLOSS ist durch alle oberen Etagen völlig wüste und in allen Gegenden sehr baufällig, und bis aufs Parterre, so noch logable [bewohnbar],
in selbigem nicht zu wohnen ist.
(2) Die sämtlichen FESTUNGSWERKE waren durchgängig recht durchwühlet und verfallen, auch dermaßen in~ und auswendig mit
Strauchwerk bewachsen, daß man von außen kaum eine FESTUNG sehen konnte.
(3) Die FESTUNGSMAUER braucht eine große Reparatur, besonders das DACH auf selbiger (gemeint ist die Mauer an der Innenseite des Walles).
(4) Das ZEUGHAUS drohte den völligen Einsturz.
(5) Die WACHRÄUME (Corps de Garde) nebst zugehörigen ARRESTANTENSTÜBCHEN, beides gewölbt und unter dem Wall, sind durch so vielerlei Truppen sehr übel zugerichtet, haben weder brauchbare Türen noch Fenster. Schlösser und das Eisenwerk ist an denselben entwendet worden.
(6) Die PALISADEN um den Fuß der FESTUNG sind eine gute Elle über der Erde ganz faul, weil selbige mehrenteils im Wasser stehen. Die an selbige genagelten LATTEN sind ebenfalls gänzlich verfault. Viele PALISADEN waren ins Wasser gefallen, und am BRÜCKENKOPF (Tete de pont) sind die meisten entwendet worden, und was noch davon insgesamt stehet, wird diesen Winter noch umfallen.
(7) An dem SCHLOSSPORTAL waren 2 Postamenter nebst der Basis eingefallen, mithin das Portal in Gefahr, weil ein großer TURM darauf stehet.
(8) Das große STEINERNE TOR, welches auf den Wall gehet, war ebenfalls sehr baufällig, und das ZIEGELDACH auf selbigem ist gar nichts nütz, und die Ziegel sind ausgewittert.
(9) Alle HÖLZERNEN TREPPEN auf dem Walle als 2 lange den Wall hinunter von 15 Stufen und 5 kleinere von 8 Stufen, ingleichen 2 dergleichen vor des KOMMANDANTEN QUARTIER, jede von 4 Stufen, sind alle gänzlich verfault und zerfallen gewesen.
(10) Der sog. PAVILLON, eine Etage hoch nebst einer Unterstube, worinnen auch alles wüste war.

Wohnung_resize.jpg

(11) Alle übrigen ZIMMER parterre und WOHNUNGEN, besonders die KÜCHE, so allein stehet, waren gänzlich allenthalben unbrauchbar und wegen des eingegangenen DACHS und die den Einsturz drohende FEUERMAUER, des Kochs Stube und Speisekämmerchen darin waren wüste, weil der Regen überall dareinfiel; ingleichen der Feuerherd und Fußboden der Küche und Speisekammer waren auch übel beschaffen.
(12) Des KOMMANDANTEN 4 WOHNSTUBEN parterre sind nicht zu bewohnen, weil die DACHUNGEN sehr eingegangen und die meisten Latten verfaulet und die Menge der Ziegel ausgewittert und durchgeregnet. Ingleichen waren die Dachspäne verfault und die Dachziegel nicht in Kalk gelegt.
(13) Die meisten TÜREN in des KOMMANDANTEN GEBÄUDEN sind bis auf 4 parterre nicht zu reparieren.
(14) Alle FENSTERRAHMEN sind gar nichts nütze. Der meiste Teil des Glases ist noch gut, aber viele Beschläge von Eisenwerk fehlen an den Rahmen.
Es ist auch kein einziger GARDINENSTAB dagewesen. Kurz zu melden:
ES WAR KEIN NAGEL AN DER WAND GELASSEN.
(15) Die Decken und Fußböden in des KOMMANDANTEN 4 ZIMMERN parterre sind sehr schlecht, und wegen des Durchregnens und der Dumpfigkeit der FESTUNGSMAUER, so eine Wand in diesen 4 Zimmern und Stallungen ausmacht, ist alles verstockt und verfault…
(16) Die Böden, Raufen, Krippen und Fußbohlen des PFERDE~ & KUHSTALLS sind alle gänzlich faul und zerbrochen, und vorderhand ist kein Vieh hineinzuziehen. Diese STALLUNG hat gar keinen Abzug, sondern alle Feuchtigkeit von so vielerlei VIEH, welches während des Krieges darin gestanden, hat alles moderig gemacht, und der Geruch darin ist sehr übel.
(17) Die vielen und schweren DACHRINNEN um dieses große DACH sind aus ganzen Bäumen, 16 an der Zahl. Diese haben die GEBÄUDE auf den SCHLOSSHOF zu wegen der schwachen Wand sehr hinübergedrückt und beschwert und mehr Schaden und Unkosten als Nutzen verursacht. Besonders zur Winterszeit waren selbige voller Schnee und Eis gelegen, daher sie in einem Jahr geborsten und das Regenwasser gerade durchgefallen…
(18) Vor des KOMMANDANTEN WOHNUNG lagen 48 verfaulte kieferne gezimmerte BÄUME, um darauf zu gehen, ingleichen 8 dergleichen von des KOMMANDANTEN QUARTIER nach der Küche auf dem Schloßplatz statt zweier Fußstege in der Erde im Freien. Diese Holzverwüstung ist zu gar nichts nütze als nur, daß man darauf gehen und bei nassem Wetter desto eher fallen kann.
Ich muß nach meiner untertänigsten Pflicht sagen, daß man nur auf Lebzeit gebaut hat, und es ist mit dem HOLZ recht verschwenderisch umgegangen worden, und die MAUERN sind so gemacht, als wenn selbige von Kindern, die Steine und Lehm zusammengetragen und geklebt worden, und daher alle Augenblicke an selbigen zu reparieren gewesen wären, welches an dem ZEUGHAUSE abzunehmen ist, obschon die MAUER an selbigem 1 Elle dick ist.
Aber es stecket MEHR LEHM ALS STEINE darin, und letztere sind ganz klein…


Dieser BERICHT gibt nicht nur eine Vorstellung vom GANZ ÜBLEN ZUSTANDE DER BAULICHKEITEN, darunter auch des SCHLOSSES, welches anscheinend kaum benutzt werden konnte, sondern verrät auch zur Genüge, dass das >FESTE HAUS< eigentlich KEINE FESTUNG mehr war.
Wenige Monate nach diesem Schreiben wurde daher am 14. April 1764 vermeldet, „dass das VESTE HAUS ZU SENFTENBERGK, da es zur Deckung hiesiger Lande vor Feindesgefahr ganz unzulänglich sei, und um die bisher dafür verwendeten KOSTEN zu sparen, aufgehört hatte zu bestehen.“
Daraufhin übergab der militärische KOMMANDANT Ende April die Senftenberger FESTUNGSWERKE & MILITÄRGEBÄUDE an den städtischen AMTMANN.

Bei passender Gelegenheit, d.h. wenn also noch weitere >SCHLOSSBILDER< auftauchen sollten, werde ich davon berichten, wie man unmittelbar nach dieser „Bestandsaufnahme“ gegen den WEITEREN VERFALL DER SCHLOSSANLAGE vorging, um sie den nachfolgenden Generationen als GESCHICHTSDENKMAL zu erhalten – und das bis heute…
Darauf – wie ehedem – EIN KRÄFTIGES.........

Behuet dich Gott_resize.jpg


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